Bochum/Herne. Samuel Mirzaian ist 19 Jahre alt, da erfährt er, dass er Krebs hat. Am nächsten Morgen ist er querschnittsgelähmt. Das ist nun fünf Jahre her.

Samuel Mirzaian (24) aus Herne ist gerade mitten in den Vorbereitungen für das Abitur. Auf einmal plagen den damals 19-Jährigen morgens Übelkeit, irgendwann kommen starke Rückenschmerzen dazu. Wenig später erhält er im Krankenhaus die Diagnose Krebs, am nächsten Morgen spürt er seine Beine nicht mehr, ist querschnittsgelähmt. Das war im Jahr 2017.

Krebsdiagnose und Querschnittslähmung innerhalb von 24 Stunden

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Sportlich aktiv, sozial engagiert, zum Beispiel als Rettungshelfer bei den Johannitern, viele Pläne für die Zukunft, die nach dem Abi richtig losstarten sollten. „Und dann hat sich mein Leben um 180 Grad gedreht“, sagt Samuel Mirzaian, der heute an der Ruhr-Universität in Bochum studiert. Als er die ersten Symptome hatte, hätte er niemals gedacht, was deren Ursache ist. Übelkeit, starke Rückenschmerzen: Er schätzt, dass Stress während der Prüfungsphase die Ursache ist – und eine Verrenkung beim Kraftsport. Der Orthopäde renkt ihn ein, doch das hilft nicht.

Samuel Mirzaian (24) führt heute ein selbstständiges Leben. Er studiert Medizin an der Ruhr-Universität, ist durch sein Auto mobil.
Samuel Mirzaian (24) führt heute ein selbstständiges Leben. Er studiert Medizin an der Ruhr-Universität, ist durch sein Auto mobil. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Irgendwann kommt eine Augenlähmung dazu, der Schüler fängt an zu schielen. „Mein Papa, der selbst Arzt ist, fand das irgendwann komisch“, erinnert sich Samuel Mirzaian. Ein Neurologe macht ein MRT, zudem wird er einmal komplett durchgecheckt. Das Ergebnis: Irgendetwas drückt auf das Rückenmark. Zu diesem Zeitpunkt nimmt er bereits mehrere Tabletten täglich, um die Schmerzen auszuhalten. „Ich habe schon damals zu allen gesagt, das ist Krebs. Meine Oma ist zwei Jahre zuvor an Krebs erkrankt“, sagt der 24-Jährige, der in Herne-Börnig lebt.

Er sollte Recht behalten. Bei einer Not-Operation im Knappschaftskrankenhaus in Bochum-Langendreer finden die Ärzte einen Tumor. „Der Arzt kam am nächsten Morgen ins Zimmer und sagte mir, Sie haben Krebs. Da liegst du im Bett und denkst dir: Scheiße“, erinnert sich Samuel Mirzaian zurück. Doch es kommt noch schlimmer.

„Ich war physisch und psychisch absolut im Eimer“

In der nächsten Nacht merkt er, dass mit seinen Beinen etwas nicht stimmt. Er wird erneut untersucht, irgendetwas mit Samuel Mirzaians Reflexen ist nicht in Ordnung. Später stellt sich heraus: Innerhalb weniger Stunden ist das Lymphom – eine Form der akuten Leukämie, erklärt er – enorm gewachsen. Am nächsten Morgen ist er querschnittsgelähmt. „Ich war physisch und psychisch absolut im Eimer und lag erst einmal eine Woche auf der Intensivstation.“

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Schnell beginnt eine höchst aggressive Chemo-Therapie, die seinen Körper weiter schwächt. Zwischendrin – während der Pausen – wird er in eine andere Klinik verlegt, die auf Rückenmarksverletzungen spezialisiert ist. „Um mit dem Rollstuhl und allen anderen Dingen, die ein Querschnitt mit sich bringt, fertig zu werden“, erklärt Samuel Mirzaian. Kurz vor dem kompletten physischen Zusammenbruch seines Körpers wird die Chemo abgebrochen. Die Untersuchungen zeigen, dass die Therapie geholfen hat, sein Körper ist frei von Krebszellen.

Samuel Mirzaian gilt nach fünf Jahren nun als krebsfrei

Leukämie und Lymphome

Zu den bösartigen Erkrankungen des Blutes gehören die Leukämien und Lymphome. Während die Leukämie systemisch den ganzen Körper, insbesondere auch das Blut, die Leber, die Milz und das zentrale Nervensystem befallen kann, treten Lymphome in Form eines soliden Tumors im Bereich verschiedener Lymphknotenstationen auf. Die Ursache dieser Erkrankungen ist bis heute unbekannt.

Lymphome sind in der Regel bösartige Tumoren. In frühen Stadien kann die Krankheit durch Chemotherapie bei praktisch allen Patienten, in fortgeschrittenen Stadien bei rund 60 Prozent der Patienten vollständig geheilt werden, so die Deutsche Krebsgesellschaft.

Damit beginnt eine neue Herausforderung: Samuel Mirzaian muss sich auf sein neues Leben im Rollstuhl einstellen, er muss wieder Muskulatur aufbauen. „Ich musste fast alles neu lernen“, sagt er heute. Ein halbes Jahr lag er insgesamt in verschiedenen Krankenhäusern – durchgehend.

Bochumer erkranken mit 16 Jahren an MS und werden ein PaarSeine Krebsdiagnose ist mittlerweile ziemlich genau fünf Jahre her. Erst vergangene Woche hat Samuel Mirzaian die Nachricht bekommen, dass er offiziell krebsfrei ist – nicht mehr zur Nachsorge muss. „Ich bin einfach so unendlich dankbar, dass ich den Krebs besiegt habe“, sagt der 24-Jährige, der weiterhin im Rollstuhl sitzt. Er hat sein Abitur nachgemacht, studiert nun im vierten Semester Medizin an der Ruhr-Universität. In seiner Freizeit spielt er unter anderem Rollstuhl-Tennis. Später möchte er als Neurologe arbeiten, in der Praxis seines Vaters in Wanne-Eickel.