Bochum. Ab 2026 haben alle Grundschüler Anspruch auf einen OGS-Platz. Derzeit ist in Bochum jedes zweite Kind versorgt. Wie plant die Stadt also künftig?
Ab dem Schuljahr 2026/27 haben Kinder, die in die Grundschule kommen, einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung. Bis 2029 wird dieser jährlich um eine Jahrgangsstufe erweitert, bis schließlich alle Klassen in der Grundschule einbezogen sind. So sieht es das sogenannte Ganztagsförderungsgesetz vor, das vergangenes Jahr von Bundestag und -rat beschlossen wurde. Doch derzeit ist in Bochum gerade mal etwa jedes zweite Kind versorgt.
Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler: In Bochum muss was passieren
46 Prozent der Grundschülerinnen und -schüler in Bochum haben laut Angaben der Stadt einen OGS-Platz. Rechne man die verkürzte Betreuung der verlässlichen Grundschulen ein, liege die Quote immerhin bei 56 Prozent. Zur Erklärung: An verlässlichen Grundschulen gibt es an allen Unterrichtstagen eine Betreuung der Kinder zwischen 8 und 13 Uhr.
Insgesamt machen die Zahlen aber deutlich: Um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden, muss noch einiges passieren. Zumal die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren deutlich ansteigen wird – bis 2025 um rund zehn Prozent.
Stadt kümmert sich um Gebäude, die Träger um das Personal
Aktuell ermittelt die Stadt im Zuge der Schulentwicklungsplanung, was getan werden kann, um mehr Platz für die Ganztagsbetreuung zu schaffen. Ideen sind zum Beispiel die Umstrukturierung der Raumnutzung, An-, Um- oder Neubau und die Anmietung von Räumlichkeiten.
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Eine große Hürde wird es zudem sein, genug Personal für die Betreuung der Kinder zusammenzubekommen. Die Stadtverwaltung sieht ihre Möglichkeiten als begrenzt an. „Der Träger garantiert, dass ausreichend Personal bereitgestellt wird“, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Schulausschuss.
Räumliche Gegebenheiten im Offenen Ganztag sind am Limit
„Wir bzw. die Kommunen müssen bis zum Rechtsanspruch erhebliche Baumaßnahmen, Qualifizierung und Gewinnung von Personal sowie sozialverträgliche Strukturen schaffen“, erklärt Elke Jüngling, Leitung des Referats für Bildung bei der Evangelischen Kirche in Bochum mit Blick auf die derzeitige Betreuungsquote. Sie ist in Bochum Träger von 23 Schulbetreuungseinrichtungen. Vor Ort gebe es Handlungs- und auch Verbesserungsbedarfe, z. B. in Bezug auf die Kooperation von Jugendhilfe und Schule, die Qualität der Ganztagsangebote, die Finanzierung oder die Ausstattung mit Fachkräften.
„Für das kommende Schuljahr können wir für ca. 85 Prozent der Interessenten einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen. (...). Die räumlichen Gegebenheiten, auch z. B. der Schulküchen, sind aber am Limit“, so Jüngling weiter. In Relation zur Anzahl der Schülerinnen und Schüler hätten derzeit etwa 50 Prozent einen Betreuungsplatz.
Bei der Caritas – Träger von 13 Grundschulen und einer Förderschule – bezeichnet man das Ganztagsförderungsgesetz grundsätzlich als gute Idee. „Ich denke, wenn die Räumlichkeiten ausgebaut werden (z. B. ausreichend große Mensen) wäre es möglich“, schätzt Angelika Bette, Leiterin der Caritas-Schulbetreuung, die Chance der Umsetzung ein. Der Fachkräftemangel sei ein Problem – allerdings versuche man dem entgegenzuwirken – durch die praxisintegrierte Ausbildung.
OGS-Träger Awo kritisiert die Stadt Bochum
„Durch die Verankerung im Kinder- und Jugendhilferecht bekommt die Arbeit im Offenen Ganztag endlich eine Wertschätzung“, lobt Christopher Becker, Sprecher des Trägers Awo, die Einführung des Ganztagsförderungsgesetzes. Ziel müsse es sein, dass Betreuungszahlen denen in den Kitas entsprechen, sodass Eltern Planungssicherheit haben.
Zahl der Grundschüler in Bochum steigt
Jede fünfte Grundschule in Bochum ist seit dem Schuljahr 2005/06 geschlossen worden. Die Ursache: Ein kontinuierlicher Rückgang der Schülerzahlen.
Seit fünf Jahren gibt es allerdings wieder deutlich mehr Kinder, die in die Grundschule kommen. Besuchen in diesem Schuljahr 11.505 Mädchen und Jungen die Grundschulen, werden es laut Prognosen der Stadt 2025 12.451 sein.
Damit sei ein Höhepunkt erreicht – in den folgenden Jahren würden die Zahlen der Schülerinnen und Schüler in Grundschulen wieder sinken.
Becker macht aber deutlich: Auch Träger bräuchten Planungssicherheit. „Der Irrsinn, den die Stadt Bochum und wenige andere Kommunen im Rahmen ihrer Ausschreibungen betreiben, ist nicht weiter tragbar“, kritisiert er. Eine angestrebte Betreuungsquote von 80 Prozent könne nur abgedeckt werden, wenn Träger, Kommune und die jeweilige Schule eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten.“
Der Fachkräftemangel stelle auch noch eine Hürde, wenngleich aber eine kleinere dar. Seit drei Jahren bilde die Awo – Träger an neun Grundschulen und einer weiterführenden Schule – selbst aus. In der Vergangenheit sei man engagiert gewesen, zusammen mit Schulen und Verwaltung möglichst viele Betreuungsplätze vorzuhalten. Dennoch: Zum kommenden Schuljahr fehlen bei der Awo insgesamt 115 Plätze.
Politik kritisiert die Stadtverwaltung in Bochum ebenfalls
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Auch aus der Politik hört man Kritik: „Große Anstrengungen sind bei der Verwaltung beim Ausbau des Ganztagsangebots im Lichte des Ganztagsförderungsgesetzes nicht zu erkennen“, erklärt Benny Krutschinna, sachkundiger Bürger der Bochumer Linken im Ausschuss für Schule und Bildung. Dass die Stadt bisher nur mögliche Änderungen bei den Räumlichkeiten in den Blick nehme, sei zu wenig, heißt es Und; „Es reicht nicht, bei der Gewinnung des benötigten Personals auf das Land und die Träger zu warten“, so Krutschinna.
„Ich freue mich über den Bundesbeschluss zum Ganztagsanspruch. Damit lassen sich die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für viele Eltern deutlich besser bewältigen“; heißt es von Sascha Dewender, schulpolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion. Auch hier befürchtet man allerdings, dass es an den Schulen zu erheblichen Raumproblemen kommen könnte.
Gibt es bis 2029 OGS-Plätze für 80 Prozent der Kinder?
Bei der Stadt zeigt man sich recht optimistisch, dass künftig deutlich mehr Kinder einen Betreuungsplatz erhalten: „Für den Zeitraum ab dem Schuljahr 2029/2030, wenn der Rechtsanspruch dann für alle Klassenstufen umgesetzt ist, geht die Verwaltung von einer Betreuungsquote von 80 Prozent aus“, heißt es. Ob dem so ist, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.