Bochum-Gerthe. Obwohl ihr Sohn nicht in der OGS isst, müssen Eltern aus Bochum-Gerthe die Hälfte des Essensbeitrags zahlen. Der Träger bezeichnet das als fair.
Der Sohn von Martin und Melanie Bakhaus aus Bochum-Gerthe, besucht den Offenen Ganztag der Hans-Christian-Andersen-Schule und isst dort zu Mittag. Eigentlich. Denn seit Beginn des Lockdowns im Dezember 2020 geht er schon um 14 statt um 16 Uhr nach Hause, auf Wunsch des Trägers. Für das Essen müssen die Bakhaus’ seit April aber trotzdem wieder zahlen – obwohl der Sohn wie in den vergangenen Monaten zuhause isst.
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„Mir fehlt jegliches Verständnis für diese Vorgehensweise“, sagt Vater Martin Bakhaus. „Seit Dezember werden wir schriftlich aufgefordert, unseren Sohn nicht zur OGS zu schicken. Aufgrund von Home-Office und Teilzeit-Arbeit konnten wir das gut umsetzen. Das nun aber Beiträge abgebucht werden, obwohl kein Bedarf besteht, ist nicht ok“, kritisiert er.
Evangelischer Kirchenkreis findet Beitragserhebung fair
Im Dezember und Januar hatte der OGS-Träger – der evangelische Kirchenkreis – das Essensgeld noch wie üblich abgebucht, setze dann im Februar und März die Abbuchungen aus. „Zu meiner großen Verwunderung haben sie im April den halben Monatsbeitrag abgebucht“, so Bakhaus. Er wirft dem evangelischen Kirchenkreis vor, etwas in Rechnung zu stellen, was nicht geleistet wird. Der Essenslieferant würde sicherlich keine Rechnung stellen, wenn kein Essen bestellt würde, meint der Familienvater. Hinzu komme: Die Eltern sollen unterschreiben, dass sie das Ersetzen der gewohnten Verpflegung durch andere Formen, wie zum Beispiel Lunchpakete, akzeptieren.
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Der Evangelische Kirchenkreis bestätigt, dass für die Monate Januar und Februar rückwirkend – also im Februar und März – keine Essensbeiträge erhoben wurden. „Gleichwohl wurden auch in diesen Phasen in der Notbetreuung Kinder mit und ohne Betreuungsvertrag durchgängig betreut und verpflegt“, so Sprecherin Hannah Praetorius.
Mit Beginn des Wechselunterrichts an den Schulen seien rückwirkend ab März und werden bis auf Weiteres Beiträge erhoben worden, allerdings nur in halber Höhe. „Um den besonderen Umständen für den Schul- und den OGS-Betrieb durch die Corona-Pandemie Rechnung zu tragen. Wir sind überzeugt, dass die Halbierung der Beiträge ein faires Angebot ist“, so Praetorius weiter.
Träger in Bochum handeln unterschiedlich
Das Essensgeld sei ein Jahresbeitrag, der aus verwaltungstechnischen Gründen auf zwölf Monate verteilt wird. Praetorius: „In dem Beitrag sind auch Ferien- und Ausfallzeiten sowie Kosten für die erforderliche Infrastruktur und Leasingkosten für technische Geräte enthalten.“ Ein aufwändiges Rechnungswesen, in dem jedes Mittagessen einzeln betrachtet wird, sei trägerübergreifend vor vielen Jahren zugunsten eines niedrigeren Beitrags abgeschafft worden.
Eltern müssen für die OGS zahlen – auch ohne Nutzung
Während die OGS-Träger Eltern beim Essensbeitrag entgegen kommen – oder ihn wie die Awo ganz erlassen – müssen sie für die Betreuung weiter bezahlen, auch wenn diese nicht oder nur teilweise genutzt wird.
Der Grund: Die Finanzierung ist über ein ganzen Schuljahr geplant. Würden Beiträge erlassen oder unterjährige Kündigungen möglich gemacht, würde die Finanzierung gefährdet, das bestätigten die Bochumer Träger bei einer Abfrage Anfang des Jahres.
Die Vorgehensweisen bei den Trägen in Bochum sind jedoch unterschiedlich. Zuletzt hatte ein Vater die Caritas kritisiert, weil er einen Großteil des Essensgeldes – 44 statt 53 Euro – bezahlen musste. Daraufhin ruderte der Träger im Nachhinein zurück – und reduzierte den Beitrag auf 22 Euro. Die Awo handhabt das anders: „Wir rechnen das Mittagessen zurzeit einzeln ab für tatsächlich in Anspruch genommene Mahlzeiten. Dies ist zwar für uns ein extrem aufwendiges Verfahren, wir halten es aber aus sozialen Gründen für das richtige“, so Sprecher Christopher Becker Mitte März.
Vorwurf: Kosten der Eltern werden unnötig in die Höhe getrieben
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Verstehen kann Martin Bakhaus das Prozedere des evangelischen Kirchenkreises nicht: „Die Eltern sind bereits mehr als genug belastet. Nicht nur, dass wir Schule und Betreuung abdecken müssen, natürlich neben dem Job. Durch die Vorgehensweise werden unsere Kosten zudem unnötig in die Höhe getrieben.“ Er hofft weiterhin auf die Rückerstattung des April-Beitrags sowie keine weiteren Abbuchungen. „Bis unser Sohn wieder in vollem Umfang – inklusive Mittagessen – die OGS besuchen kann.“