Bochum. Eine Auslastung von 92 Prozent erlebt das Festival in Bochum. Mit „Croc Fiction“ gab’s am Ende schräges Marionettenspiel – nicht ganz jugendfrei.
Theaterpremieren vor halbleeren Rängen sind seit geraumer Zeit ein trauriges, aber fast schon gewohntes Bild – nicht erst seit Corona. Doch die Pandemie scheint noch einiges dazu beigetragen zu haben, dass sich manche Zuschauer oft eher zögerlich zum Besuch einer Vorstellung entschließen.
Ein komplett anderes Bild bietet sich beim Figurentheaterfestival Fidena, das am Mittwoch, 18. Mai, zu Ende geht. Ausverkaufte Reihen, soweit das Auge reicht. Von einer imposanten Platzauslastung von 92 Prozent berichten die Festivalmacher, die mit diesem durchschlagenden Erfolg selbst nicht gerechnet hätten. „Das hat alle Erwartungen übertroffen“, freut sich Leiterin Annette Dabs. „Wir konnten vorher nicht wissen, ob die Leute zurückkommen – und dann haben sie uns fast überrannt.“
Mit Neville Tranter geht die Fidena zu Ende
Mit zwei Auftritten des australischen Puppenspieler Neville Tranter, ein alter Freund der Fidena, geht das Festival am Dienstag und Mittwoch, 17./18. Mai, zu Ende. Sein neues Stück „The Hills are alive“ ist jeweils um 20 Uhr im Theater Marl zu sehen.
Derweil beginnen bereits die Vorbereitungen fürs nächste Festival im Mai 2024: „Nächste Woche bin ich schon wieder unterwegs, um mir die ersten Sachen anzusehen“, sagt Leiterin Annette Dabs.
Fidena-Festival in Bochum geht am Mittwoch zu Ende
Gründe dafür gibt es einige. Zum einen lebt ein zeitlich begrenztes Festival wie die Fidena immer auch vom Zauber der Einmaligkeit. Teils reisen die Theatermacher von weit her ins Ruhrgebiet: Wer sich ihre Vorstellungen jetzt nicht ansieht, erlebt sie nie wieder. Das unterscheidet ein solches Treffen grundsätzlich vom Repertoirebetrieb eines Stadttheaters.
Annette Dabs kennt noch einen weiteren Grund: „Das Besondere sind auch einfach die Stücke“, sagt sie. „Diese skurrilen, kleinen Aufführungen, oft auch nur vor einem kleinen Zuschauerkreis. Es scheint ein großes Fanpublikum für Figurentheater in Bochum zu geben.“
Nicht selten waren die Vorstellungen schon teils weit im Voraus ausverkauft. „Unsere Mitarbeiterin am Kartentelefon war manchmal ganz verzweifelt“, sagt Dabs. Stücke wie „Shell Game“ der Theatergruppe Anna Kpok und „Forget me not“ mit Ronnie Burkett hätten locker noch dreimal öfter stattfinden können. Auch Familienvorführungen wie etwa „Einmal Schneewittchen, bitte“ des Theaters Anna Rampe war rappelvoll: „Das war eine so schöne Vorstellung, die Leute haben Tränen gelacht.“
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Jahrhunderthalle hat sich als Festivalzentrum etabliert
Einige Besonderheiten gibt es bei dieser Fidena zu beobachten. So scheint sich das neue Festivalzentrum an der Jahrhunderthalle etabliert zu haben. Pumpenhaus und Dampfgebläsehaus wurden als Spielstätten dankbar angenommen, nebenan in der Turbinenhalle war die Stachanow-Bar eingerichtet mit Partys bis teils in den frühen Morgen. „Das war zwar aufwendig und nicht ganz billig, aber es hat sich gelohnt“, sagt Annette Dabs.
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Zwar musste die Fidena vor Ort keine Miete zahlen: „Aber allein die Technik und das ganze Drumherum zu organisieren, ist für eine freie Einrichtung wie unsere schon üppig.“ Bei der nächsten Auflage des Festivals in zwei Jahren soll die Jahrhunderthalle erneut eine zentrale Rolle spielen: „Vielleicht kommen wir dann auch mal in die große Halle.“
Publikum mischt bei den Aufführungen aktiv mit
Ebenfalls auffällig: Ungewöhnlich viele Aufführungen verlangten vom Publikum in diesem Jahr, aktiv mitzumachen. Bequem im Sessel sitzenzubleiben, war nur selten möglich. „Diese Art des immersiven Theaterspiels ist für uns aber nicht neu“, sagt Dabs. „Wir lieben es sehr, und das Publikum scheinbar auch.“
Mit einer kleinen Uraufführung ging der Bochumer Teil der Fidena am Sonntagabend im Prinz-Regent-Theater zu Ende. Das Stück „Croc Fiction“, clever ausgeheckt vom Pangalaktischen Theater und dem Videokollektiv Impulskontrolle, bringt noch einmal die ganzen Stärken des Festivals gebündelt auf die Bühne. Die Performance für zwei Schauspieler und zwei Computerprogrammierer ist lustig, skurril, etwas sperrig und mit knapp 70 Minuten ungeheuer kurzweilig.
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Ausgeklügelter Multimedia-Spaß zum Abschluss
Erzählt wird von Kroko (Patrick Praschma im Krokodil-Outfit), einem windigen Geschäftsmann, der statt im Kasperltheater lieber an der Börse den starken Mann markiert. Dann begegnet er seinem alten Kumpel wieder: dem in die Jahre gekommenen Kasper. Mit wunderbarem Marionettenspiel (geführt von Nadia Ihjelij) und unter Einsatz moderner 3D-Technik entsteht ein ausgeklügelter Multimedia-Spaß mit schwarzem Humor – und nicht ganz jugendfrei.
„Croc Fiction“ wieder am 20. und 21. Mai, jeweils um 19.30 Uhr, in den Flottmann-Hallen Herne. Karten (15, erm. zehn Euro): flottmann-hallen.de