Bochum. Sie mischt Profis mit Laien, verweigert klassische Geschichten und lässt wenig aus. Lies Pauwels’ jüngste Arbeit in Bochum heißt „Baroque“
Eine Zeitreise in die dekadente Welt des Barock verspricht die Regisseurin Lies Pauwels in ihrer neuen Arbeit am Bochumer Schauspielhaus – dabei sind Lebensgier und Vergnügungssucht in unseren denkwürdigen Tagen mindestens ebenso en vogue wie einst am Hof von Ludwig XIV. Beide Epochen miteinander bekannt zu machen, scheint ein Ziel dieser eigenwilligen Performance, die bezaubern, aber auch nerven kann.
Leicht zu haben waren die Abende von Lies Pauwels nie. Statt geradlinig eine Geschichte zu erzählen, knöpft sich die belgische Theatermacherin Themenfelder vor, die sie dann wild assoziativ mischt und mit Musik auf die Bühne wuchtet. In ihrem „Hamiltonkomplex“ ließ sie eine Gruppe 13-jähriger Mädchen neckische Sachen treiben, auch in „Baroque“ arbeitet sie mit Profis und Amateuren.
Lies Pauwels inszeniert in Bochum „Baroque“: anrührende Momente und Leerstellen
Mut muss allerdings besitzen, wer sich als Laiendarsteller in eine solche Inszenierung traut, denn bis hin zur Selbstentblößung fordert Pauwels viel. Übergewicht ist ein zentrales Thema: „Heißt du Miss Piggy oder hast du nur ein Gewicht?“, fragt die gertenschlanke Schauspielerin Ann Göbel und schaut fast spöttisch auf die junge Kollegin, die vor ihr liegt. Später wird sich eine von ihnen wie in einem Rubens-Gemälde nackt zeigen.
Anrührend, aber auch farbenprächtig und mit gehöriger Lust am Schabernack geht der Zweistünder über die Bühne. Immer wieder gibt es einigen Leerlauf, auch wenn Pauwels ihre Aufführung mit sakralem Gesang, mit ausgesucht guten Popsongs und mit barocken Kulissen förmlich zukleistert. Kleinere Glanzlichter entschädigen für einen unterm Strich unterhaltsamen, aber auch anstrengenden Abend: etwa eine wunderbare Akrobatik-Nummer von Jing Xiang an einer Leiter oder ein nervös stammelnder William Cooper, der bei „Blue Velvet“ (scheinbar) den Text vergisst. Mit peinlichen Momenten spielt Lies Pauwels besonders gern.
20./24. Mai, 5./6. Juni. Karten: 0234 / 33 33 55 55