Bochum. Im Bochumer Polizeibezirk ist die Clan-Kriminalität rückläufig. Die Kripo nennt die aktuellen Zahlen. 45 Familien hatte sie im Vorjahr im Auge.

Die Clan-Kriminalität im Bereich der Bochumer Polizeibehörde (mit Herne und Witten) hat im vorigen Jahr deutlich abgenommen.

Wie Polizeisprecher Marco Bischoff auf WAZ-Anfrage mitteilte, waren im vorigen Jahr insgesamt 45 Familien durch Straftaten aufgefallen, die die Kripo als Clan-Kriminalität wertet, davon 31 nur im Stadtgebiet Bochum. Im Jahr davor waren es noch insgesamt 59.

151 Clan-Tatverdächtige im Stadtgebiet Bochum im vorigen Jahr

Ein Rückgang ist auch bei der Anzahl der Tatverdächtigen „mit clanrelevant definierten Familiennamen“ zu verzeichnen. 212 zählte die Polizei im vergangenen Jahr (nur im Stadtgebiet Bochum 151). Im Jahr davor waren es insgesamt 243 in allen drei Städten.

Die Anzahl der Straftaten hat sich ebenfalls verringert. 302 wurden im vorigen Jahr registriert (206 nur in Bochum). Im Jahr davor waren es 361 (270).

Auch in ganz NRW ist die Anzahl der Clan-Straftaten rückläufig.

Am häufigsten sind die Tatverdächtigen im Bochumer Stadtgebiet mit „Rohheitsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit“ aufgefallen. Dazu zählen zum Beispiel Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Nachstellung oder Freiheitsberaubung. 64 Anzeigen gab es in diesem Kriminalitätsbereich. Dahinter folgen Delikte wie Beleidigung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Hehlerei oder Widerstand (38 Fälle), Verkehrsstraftaten (28), Diebstähle (26) oder Vermögens- und Fälschungsdelikte (21). In 28 Fällen verfolgte die Kripo Straftaten gegen strafrechtliche Nebengesetze, zu denen etwa Drogendelikte und Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz gehören.

„Die eigenen Normen über die in Deutschland geltende Rechtsordnung gestellt“

Am meisten Clan-Straftaten in Essen

Deutlich mehr Clan-Straftaten als im Bochumer Polizeibereich wurden im Vorjahr in Essen (596), Recklinghausen (447), Gelsenkirchen (382) und Duisburg (357) registriert.Insgesamt, jenseits der Clan-Kriminalität, registrierte die Polizei im Vorjahr auf Bochumer Stadtgebiet 26.044 Straften.Zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität in Bochum gab es erst Mitte März eine Razzia bei Gewerbetreibenden in Gerthe, unter anderem auf Schrottplätzen.

Die Kripo definiert Clan-Kriminalität“ für das Jahr 2021 so: „Ein Clan ist eine informelle soziale Organisation, die durch ein gemeinsames Abstammungsverständnis ihrer Angehörigen bestimmt ist. Sie zeichnet sich insbesondere durch eine hierarchische Struktur, ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl und ein gemeinsames Normen- und Werteverständnis aus. Clan-Kriminalität umfasst das delinquente Verhalten von Clanangehörigen. Die Clanzugehörigkeit stellt dabei eine verbindende, die Tatbegehung fördernde oder die Aufklärung der Tat hindernde Komponente dar, wobei die eigenen Normen und Werte über die in Deutschland geltende Rechtsordnung gestellt werden können.“

Mehrzahl der Tatverdächtigen sind Deutsche

Innenminister Herbert Reul (CDU, re.) mit Polizeipräsident Jörg Lukat (li.) und einem weiteren Polizeibeamten bei einer Razzia gegen Clan-Kriminalität Mitte März in Bochum.
Innenminister Herbert Reul (CDU, re.) mit Polizeipräsident Jörg Lukat (li.) und einem weiteren Polizeibeamten bei einer Razzia gegen Clan-Kriminalität Mitte März in Bochum. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Mehrzahl der Bochumer Tatverdächtigen mit „clanrelevantem Familiennamen sind deutsche Staatsangehörige. Rund 40 Prozent von diesen besitzen neben der deutschen Staatsbürgerschaft noch eine weitere. Überwiegend geht es um Familienstrukturen, deren Angehörige einen türkisch-arabischstämmigen Migrationshintergrund aufweisen und über Bezüge zum Libanon verfügen.

Gefährdete Kinder und Jugendliche sollen die „Kurve kriegen“

Die Polizei versucht, dass besonders junge Angehörige der betroffenen Großfamilien frühzeitig aus der Kriminalität herausgeholt werden. Dies geschieht mit der NRW-Initiative „Kurve kriegen“. Polizeisprecher Bischoff: „Gefährdete Kinder und Jugendliche sollen möglichst frühzeitig vor einem dauerhaften Abgleiten in die Kriminalität bewahrt werden. Die Arbeit steht unter dem Motto: Frühe Hilfe statt später Strafen.“

Das Bochumer „Kurve kriegen“-Team besteht aus zwei Sozialarbeitern und drei Polizeibeamten der Kriminalprävention.