Bochum. . Im Bochumer Polizeibezirk stehen 60 Intensivtäter unter besonderer Beobachtung. Tödliche Überfälle wie zuletzt in Essen sind auch in Bochum möglich.
Als im Oktober ein 43-jähriger Fußgänger auf offener Straße in Essen wegen Zigaretten ausgeraubt wurde und nachher starb, war das Entsetzen im Land groß. Der Räuber soll ein 16-jähriger Intensivtäter sein. Solche Verbrechen traut die Kripo auch den Bochumer Intensivtätern zu: „Ja, das kann überall passieren“, sagte Kriminaloberrat Uwe Fahlbusch in einem WAZ-Gespräch. Denn die schweren Folgen eines solchen Straßenraubes seien „zufällig“. Das Opfer war nach Schlägen so schwer gestürzt, dass es Tage später seinen Verletzungen erlag.
Im Bochumer Polizeibezirk mit Herne und Witten gibt es rund 60 Intensivtäter, allein in Bochum etwa 40. Alle sind männlich und gehören, so Fahlbusch, „durch die Bank bildungsfernen Schichten mit schwierigem sozialen Hintergrund“ an. Und: „Sie teilen alle auf verschiedene Weise ein zerrüttetes Elternhaus.“ Oft mit mehreren Geschwistern. Die Intensivtäter kämen aus einem sozialen Umfeld mit übermäßiger Strenge, Gewalt, viel Alkoholkonsum und seien somit auch selbst Opfer. Eltern, oft alleinerziehend, seien überfordert oder hätten resigniert. „Respekt“ würden Intensivtäter oft vor niemandem zeigen, höchstens vor anderen Straftätern, so Fahlbusch.
Schlagstöcke und Messer
Als Intensivtäter gilt, wer als Jugendlicher oder junger Erwachsener in den letzten zwölf Monaten sehr viele erhebliche Straftaten begangen hat: Straßenräubereien, gefährliche Körperverletzungen, schwere Diebstähle wie etwa Einbrüche. Mitunter sind die Täter bewaffnet. „Teleskopschlagstöcke haben wir schon mal hier und da. Messer natürlich auch.“
Fahlbusch nennt das Beispiel eines Bochumers, der mit 14 Jahren schon mit massenhaft Straftaten aufgefallen war. „Er war sehr aggressiv, ein Anführertyp, und akzeptierte überhaupt keine Autoritätsperson. Er hielt sich an gar nichts.“ Termine bei der Polizei waren für ihn „ein Spaß“. Bis zu seinem 22. Geburtstag saß mit Unterbrechungen 52 Monate im Knast.
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Für Leute wie ihn hat die Kripo bereits 2006 ein spezielles Programm geschaffen. Die Ziele: Entweder die Täter dazu bringen, mit den Straftaten aufzuhören – oder sie einsperren. Das Konzept sieht regelmäßige Besuche von Polizei und Sozialarbeitern vor, aber auch eine zentralisierte Bearbeitung der Fälle durch eine einzige Staatsanwältin, die die jeweiligen kriminellen Karrieren genau kennt. Beides erzeugt Druck auf die Täter.
Fahlbusch wirkt zufrieden mit dem Konzept: „60 Prozent der Intensivtäter, die aus dem Konzept ausgesondert wurden, sind bis heute strafrechtlich unauffällig.“
Die anderen indes werden weiterhin regelmäßig vor die Jugendgerichte zitiert. Erst am nächsten Mittwoch wird gegen einen jungen Mann wegen Einbrüchen und Raubes verhandelt. Er sitzt bereits in Haft – wegen vieler früherer Taten.