Bochum. Bochums größtem Industriebetrieb droht Kurzarbeit – als Folge des Ukraine-Kriegs. 1800 Beschäftigte hat Thyssenkrupp an der Essener Straße.

Der größte Industriebetrieb in Bochum stellt sich auf Kurzarbeit ein. Weil die Produktionsmenge beim Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel Europe als Folge des Ukraine-Kriegs nach unten zeigt, werden auch die 1800 Beschäftigten im Werk an der Essener Straße demnächst wohl seltener zur Arbeit erscheinen.

Entscheidung über Kurzarbeit fällt in einer Woche

Die Entscheidung darüber fällt am 25. März, wenn der Gesamtbetriebsrat des Konzerns zusammenkommt und über die Vereinbarungen mit der Unternehmensspitze berät. Derzeit laufen die Gespräche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Konzernchefin Martina Merz hatte in einer Pflichtmitteilung für die Börse und in einem internen Schreiben dargestellt, dass sich das Unternehmen auf negative Folgen für den Geschäftsverlauf angesichts der „weitreichenden gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Folgen des Krieges“ einstelle.

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Schon vor gut einer Woche hatte Engin Karakurt, der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Werks, Befürchtungen über den baldigen Beginn von Kurzarbeit geäußert. Bis zu einem Viertel der angepeilten Monatsproduktion von 170.000 Tonnen in Bochum könne wegbrechen. Tatsächlich sei die Produktion in diesem Monat schon geringer als geplant ausgefallen, so Karakurt am Freitag. Im April werde die Menge voraussichtlich noch kleiner werden.

Unternehmen stockt Kurzarbeitergeld auf 85 Prozent auf

Für die Beschäftigten heißt das: mehr Freizeit und weniger Geld. 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns übernimmt die Bundesagentur für Arbeit. „Das Unternehmen stockt dann auch 85 Prozent auf“, so Karakurt. Und er nennt ein Beispiel: Ein Beschäftigter mit 20 Arbeitstagen im Monat und einem Nettolohn von 2000 Euro würde bei 50 Prozent Kurzarbeit, d.h. zehn Arbeitstagen, insgesamt 1850 Euro erhalten – 1000 Euro netto als Entgelt für die Arbeit und 850 Euro netto als Kurzarbeitergeld. Einbußen, die angesichts der Preissteigerungen in vielen Bereichen, gerade bei Energie, Kraftstoff und Lebensmittel – nicht unerheblich sind.

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Andererseits: In der Vergangenheit haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen herausgestrichen, dass die Kurzarbeit ein probates Mittel ist, um besonders schwierige Phasen in Branchen halbwegs verträglich zu überbrücken. Für Unternehmen bietet es auch die Chance, begehrte Fachkräfte zu halten.

Standort Essener Straße wird modernisiert

Schon vor zwei Jahren – in der ersten Phase der Corona-Pandemie hatte es bei Thyssenkrupp über einen längeren Zeitraum Kurzarbeit gegeben. „Das ging über vier bis fünf Monate“, erinnert sich Betriebsratschef Karakurt. Damals waren 15.000 der insgesamt 27.000 Beschäftigten der Thyssenkrupp-Stahlsparte von Kurzarbeit betroffen.

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Langfristig will das Unternehmen 3000 Arbeitsplätze in der Stahlsparte abbauen. Eines der beiden Werke in Bochum, das an der Castroper Straße, soll nach 2024 geschlossen werden. Bis dahin sollen etwa 250 Millionen Euro in die Modernisierung des Werks an der Essener Straße investiert werden. Anstelle der Warmbandstraße, die dort seit den 1960er Jahren läuft und immer wieder modernisiert wurde, entsteht ein hochmodernes Werk für Spezialstähle, die z.B. in Elektromotoren verbaut werden.