Duisburg. Thyssenkrupp-Stahlchef Osburg peilt eine Wende nach verlustreichen Monaten an. 2021/22 soll der Stahl wieder Gewinne bringen.
Beim anstehenden Umbau der Stahlwerke in NRW setzt Thyssenkrupp auf staatliche Unterstützung. „Kein Stahlhersteller kann den Aufbau einer klimaneutralen Produktion aus eigener Kraft schaffen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagte der neue Thyssenkrupp-Stahlchef Bernhard Osburg im Interview mit unserer Redaktion. Osburg äußerte sich auch zu den Produktionszielen für 2020, zur aktuellen Kurzarbeit im Konzern und dem Zeitplan für eine Rückkehr in die Gewinnzone.
Die Corona-Pandemie bringt Thyssenkrupp aktuell schwer in Bedrängnis. Von April bis Juni hat die Stahlsparte des Revierkonzerns täglich im Schnitt 3,78 Millionen Euro verloren. Die Situation sei „brutal“, sagte Osburg. In der Corona-Krise habe die Autoindustrie, an die Thyssenkrupp etwa die Hälfte des Stahls liefere, „eine Vollbremsung hingelegt“. Mittlerweile sehe er aber „eine leichte Erholung“.
„Im Schnitt produzieren wir etwas mehr als elf Millionen Tonnen pro Jahr in unseren Stahlwerken. Wegen Corona werden wir in diesem Jahr voraussichtlich bei knapp über neun Millionen Tonnen landen“, berichtete Osburg. „Bei einem solchen Volumen können wir derzeit nicht profitabel sein.“ Im Geschäftsjahr 2021/22 wolle Thyssenkrupp in der Stahlsparte wieder schwarze Zahlen schreiben, kündigte der Stahlchef an. „Dafür müssen wir einiges tun.“
Rund 15.000 Stahl-Mitarbeiter in Kurzarbeit
Rund 15.000 der 27.000 Mitarbeiter aus dem Thyssenkrupp-Stahlgeschäft sind derzeit in Kurzarbeit. „Das wird mindestens bis Ende des Jahres so sein“, erklärte Osburg. Bis zum Jahr 2026 will Thyssenkrupp rund 3000 Arbeitsplätze in der Stahlsparte abbauen, viele davon im Ruhrgebiet. „Natürlich beobachten wir, wie Corona die Situation verändert und ob weiterer Handlungsbedarf entsteht“, sagte Osburg. In Bochum will Thyssenkrupp einen von zwei Standorten schließen. Auch dem Werk in Duisburg-Hüttenheim droht das Aus, sollte sich kein Käufer finden.
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Pläne des Konzerns sehen einen tiefgreifenden Umbau der Stahlproduktion vor. So will Thyssenkrupp in zehn Jahren die Emissionen des Klimagases Kohlendioxid um 30 Prozent reduzieren. Dabei hofft der Konzern auf finanzielle Hilfen des Staates. „Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, die in der Corona-Krise zur Verfügung gestellten Gelder für Zukunftsprojekte einzusetzen“, betonte Osburg. „Auch für die Energiewende war und ist eine milliardenschwere Förderung des Staates erforderlich. Ähnlich ist es in der Stahlindustrie.“
Erdgas für die Produktion von Stahl
Thyssenkrupp dringt auf schnelle Entscheidungen. „Wenn wir im Jahr 2030 unseren CO2-Ausstoß um ein Drittel reduziert haben wollen, müssen wir jetzt loslegen“, sagte der Stahlchef. „In den Jahren 2025 oder 2026 brauchen wir die erste dieser neuen Anlagen zur Stahlproduktion auf Basis von Wasserstoff, 2030 dann eine weitere.“ Hinzu komme die Infrastruktur, zum Beispiel für die Versorgung mit Wasserstoff. Derzeit stehe allerdings noch nicht genug grüner Wasserstoff für die Stahlproduktion zur Verfügung. „Unsere Planungen sehen daher vor, dass wir zunächst einmal Erdgas einsetzen. Später können wir dann auf grünen Wasserstoff, der mit erneuerbarer Energie produziert worden ist, umstellen.“
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Mit dem Standort in Duisburg sei Thyssenkrupp momentan für zwei Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich, räumte Osburg ein. „Heute sind wir ein großer Teil des Problems, mit Investitionen in den Klimaschutz können wir aber entscheidend zur Lösung des Problems beitragen.“