Bochum. In Bochum sind allein am Dienstag 1248 Personen zur Landeserstaufnahmestelle LEA gekommen. Die Einrichtung ist dafür gar nicht ausgelegt.
Flüchtlinge aus der Ukraine, für die Bochum die erste Anlaufstelle in Nordrhein-Westfalen ist, haben in den vergangenen Tagen die Besucherzahlen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) sprunghaft ansteigen lassen. 1248 Frauen, Männer und Kinder hat die LEA allein am Dienstag registriert. Das sind etwa viermal so viele Personen wie sich zu den Hochzeiten der Flüchtlingskrise 2016 dort täglich gemeldet haben.
Flüchtlinge aus der Ukraine müssen nicht zur LEA
Damit kommt die Einrichtung am Gersteinring unweit von Ruhrstadion und der JVA Krümmede nicht nur an ihre Grenzen. Sie werden sogar deutlich überschritten. Denn die Kapazität ist für täglich 850 Personen ausgelegt, die binnen 24 Stunden registriert und weitergeleitet werden können. In den vergangen Tagen lag der Andrang schon nah oder über der Grenze. So kamen allein am 10. März 963 Flüchtlinge an; die meisten aus der Ukraine.
Auch interessant
„Wir stocken Personal auf, so wie in anderen Einrichtungen im Land auch“, sagt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Sie ist im Auftrag des Landes NRW verantwortlich für die LEA. Und, so Söbbeler: „Niemand, der aus der Ukraine nach NRW kommt, muss sich in der LEA registrieren lassen und einen Asylantrag stellen.“ Die Botschaft lautet: Wer Hilfe benötigt, kann die LEA ansteuern, muss es aber nicht – anders als Flüchtlinge aus vielen anderen Staaten.
Denn: Anfang März hat der EU-Rat einen Notfallmechanismus beschlossen. Demnach haben alle Menschen aus der Ukraine, die in die EU kommen, automatisch einen Flüchtlingsstatus und dürfen mindestens ein Jahr im Aufenthaltsland bleiben. Ukraine-Flüchtlinge können daher, so der Sprecher, sich in jeder Stadt in NRW registrieren lassen; nicht zuletzt um Leistungen entsprechend denen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erhalten und um eine Unterkunft zu suchen.
Auch interessant
Stadt bittet um Verständnis für Verzögerungen
Aber nicht nur das Land sieht sich angesichts der deutlichen steigenden Zahl von Ankömmlingen aus der Ukraine vor großen Herausforderungen. Auch bei der Stadt Bochum macht sich der wachsende Zuzug bemerkbar. „Die Mitarbeitenden des Sozialamtes, des Bürger- und des Ausländerbüros sind aktuell extrem gefordert, den Zulauf an Menschen aufzufangen“, so die Stadt.
Beschäftigte, die in der zentralen Anlaufstelle (ZAS) der Stadt für alle ukrainischen Flüchtlinge eingesetzt sind, fehlten nun an anderer Stelle. Zudem müsse das Sozialamt zahlreiche Mitarbeiter „von ihren eigentlichen Aufgaben abziehen, um sie für die Aufnahme von Leistungsanträgen der Geflüchteten einzusetzen“, wie es in einer Mitteilung heißt. Die Stadt bitte daher um Verständnis, sollte es in nächster Zeit „zu spürbaren Verzögerungen bei der Leistungssachbearbeitung oder zu längeren Wartezeiten bei Terminvergaben“ kommen.
Auch interessant
CDU-Fraktion beantragt Sondersitzung
Angesichts der sich beinahe täglich verändernden Lage hat die CDU-Fraktion im Rat eine Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Lage der ukrainischen Flüchtlinge in Bochum beantragt. Sie fordert eine ausführliche Berichterstattung von Sozialdezernentin Britta Anger. Ehrenamtliche Helfer leisteten „Übermenschliches“, so der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Kenan Yildiz, nach einem Besuch am Infopoint in der Eingangshalle des Hauptbahnhofs. Es müsse schnellstens geprüft werden, wie sich Arbeit optimieren lasse.
Ehrenamtliche helfen Flüchtlingen mit Haustieren
Aus Kreisen ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer hat es in den vergangenen Tagen immer wieder Kritik an beiden Einrichtungen, LEA und ZAS, gegeben. Die begrenzten Öffnungszeiten der städtischen Anlaufstelle erschwerten, so heißt es, die Aufnahme von Menschen, die abends oder nachts in Bochum eintreffen. Bei der LEA komme es am Eingangsbereich häufig zu dramatischen Situationen. Denn: Personen, die dort mit einem Haustier erscheinen, dürfen nicht hinein. „Das führt dazu, dass Leute wieder gehen, ohne zu wissen, wohin“, so ein Ehrenamtlicher im Gespräch mit dieser Redaktion. Freiwillige suchen händeringend nach Unterkünften für Familien mit Tieren.
Auch interessant
Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung, weiß von diesem Problem. „Es ist sehr schwierig“, gesteht er ein und verweist auf „pragmatische Lösungen“. In Einzelfällen gelinge es, Haustiere etwa in ein Tierheim zu geben, oder ausnahmsweise in einem gesonderten Raum in der LEA unterzubringen. Grundsätzlich sind sie dort aber nicht erlaubt.
In Bochum hat sich daher bereits eine Facebook-Gruppe gebildet, die Unterkünfte für Flüchtlinge aus der Ukraine sucht, die ihr Haustier mit nach Deutschland gebracht haben. „Ich kann gut verstehen, dass sich die Menschen nicht von ihren Tieren trennen wollen“, sagt eine Leserin der WAZ. Sie werde Kontakt mit der Gruppe aufnehmen und eine Unterkunft für Mensch und Tier anbieten.