Bochum. Der Medican-Prozess in Bochum könnte bald nur noch gegen einen, nicht mehr gegen zwei Angeklagte geführt werden. Das signalisierte das Gericht.

Die Anklagebank im Bochumer Medican-Prozess könnte sich am nächsten Sitzungstag (23.) deutlich lichten. Die 6. Wirtschaftsstrafkammer erklärte nach dreieinhalbmonatiger Verhandlung, dass sie dazu neige, das Verfahren gegen einen der beiden Angeklagten ohne Urteil zu beenden, indem sie es einstelle. Zwar nur mit einer Auflage, aber die solle „moderat ausfallen“, wie Richter Michael Rehaag sagte.

Es geht um den 26-jährigen Sohn des Hauptangeklagten (48). Lars Brögeler, der Verteidiger des jungen Mannes, erklärte am Freitag, dass es „noch nicht einmal ansatzweise“ Beweise gebe, dass sich sein Mandant – wie angeklagt – der Beihilfe zum schweren Betrug schuldig gemacht haben könnte.

Verteidiger arbeitete bis spät in die Nacht an der Beantwortung von richterlichen Fragen

Bereits im Februar hatte die Verteidigung des 26-Jährigen eine Einstellung gefordert; damals scheiterte dies am Gericht und der Staatsanwaltschaft. Am Freitag versuchte es Brögeler erneut, nachdem er zuvor bis spät in die Nacht an der schriftlichen Beantwortung von vielen noch offenen Fragen des Gerichts gearbeitet hatte. Und diesmal hatte er zumindest beim Gericht Erfolg. Es sei „an der Zeit“, sagte Richter Rehaag über den 26-Jährigen, „ihn aus der Hauptverhandlung zu entlassen“.

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Der 26-Jährige soll nur der formale Geschäftsführer des Corona-Schnelltesters Medican gewesen sein, der faktische aber sein Vater. Dieser Verdacht hat sich in den bisher fast 20 Prozesstagen massiv erhärtet. Laut Anklage soll der Sohn bei dem mutmaßlichen Abrechnungsbetrug mitgeholfen haben, was er bestreitet. Richter Rehaag sagte dazu nun auch, dass „bislang relativ wenig in den Topf gekommen“ sei – womit er Beweise meinte.

Jetzt kommt es auf die Staatsanwaltschaft Bochum an

Jetzt kommt es auf die Staatsanwaltschaft an: Ohne ihre Zustimmung kann ein Verfahren nicht eingestellt werden. Lehnt sie ab, muss ein Urteil ergehen. Da scheint Verteidiger Brögeler aber ganz entspannt. „Wir sehen einem Freispruch völlig gelassen entgegen.“

Gut drei Wochen hatte sein Mandant im vorigen Juni in U-Haft gesessen. Allein deshalb schon habe er „ein Maß an Beeindruckung“ erfahren, meinte der Richter.

Gegen den Hauptangeklagten aus Bochum wird in jedem Fall weiterverhandelt

Im vollen Umfang weiterverhandelt wird aber gegen den 48-Jährigen, der seit gut neun Monaten in U-Haft sitzt. Noch immer hat er sich nicht zu den Vorwürfen konkret geäußert, sondern sie zu Prozessbeginn über seine Verteidiger pauschal zurückweisen lassen.

Laut Anklage soll er durch frei erfundene und überhöhte Abrechnungen von Tests bei der Kassenärztlichen Vereinigung einen Schaden von 25,1 Millionen verursacht haben.