Bochum. Im Medican Prozess um Betrug mit Corona-Tests hat sich das Gericht die Firmen des Angeklagten vorgenommen. Dabei stößt es auf Überraschungen.
Im Prozess um gewerbsmäßigen Betrug mit Corona-Tests in Millionenhöhe hat das Landgericht Bochum am Dienstag das Firmengeflecht des angeklagte Geschäftsführers der Firma Medican mit Sitz in Wattenscheid auseinandergenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Vater vor, 25,1 Millionen Euro durch exorbitant überhöhte Abrechnungen erbeutet zuhaben. Geschädigte: die Bundeskasse. Der Angeklagte bestreitet das. Vor Gericht waren nun die Geschäfte des 48-Jährigen Thema.
Der 48-Jährige hatte demnach seit seiner Jugend dutzende Projekte und Firmen gleichzeitig. Mit 18 Jahren sei er – gerade frisch verheiratet – Inhaber eines Tchibo-Ladens gewesen. Das Geld sei nicht nur seiner Ehe zugutegekommen, sondern auch den beiden Eltern. Beide könnten nicht lesen oder schreiben, der Vater habe bis zur plötzlichen Arbeitslosigkeit bei Thyssenkrupp als einfacher Arbeiter Geld verdient, so der Angeklagte. Immer habe er die Eltern unterstützt – und mit seinen Firmen langsam an Reichtum gewonnen.
Medican Bochum: Angeklagter baute Kindergärten und besaß ein Hotel
Der in der Türkei geborene 48-Jährige baute Kindergärten in Wattenscheid, besaß ein Hotel in Oberstaufen, ist Geschäftsführer des WTC Sports Wattenscheid, war Aufsichtsratsvorsitzender bei Wattenscheid 09 und wollte einmal eine Brot-Fabrik kaufen. 20 Firmen – so rechnete Richter Michael Rehaag vor – besaß der Angeklagte, der mit seiner ersten Frau zwei gemeinsame Kinder bekam. Sein 26-jähriger Sohn ist als eingetragener Geschäftsführer bei Medican mitangeklagt.
Der ausgebildete Rettungssanitäter – die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Betrug vor – betont sein soziales Engagement, etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr und dem Deutschen Roten Kreuz. Während der Vater Millionengeschäfte abwickelte, lebt der Sohn von 1200 Euro – 450 Euro aus einem Nebenjob beim WTC, der Rest Taschengeld. Auch das Auto finanziert der Vater.
„Ich möchte später im medizinischen Bereich arbeiten“, sagt der 26-Jährige, der einmal über ein Medizinstudium im Ausland nachgedacht, es aber nicht angetreten hatte. Sein Vater dagegen gibt sich kämpferisch, will sich auch nach dem Prozess weiter auf seine millionenschweren Immobilien-Geschäfte konzentrieren. „Ich bin schon oft auf die Nase gefallen und wieder hochgekommen. Das wird mich nicht aufhalten.“