Bochum-Langendreer. Nach 46 Jahren legt Heike Schossow Kamm und Schere beiseite. Die Kunden haben die Friseurin aus Bochum-Langendreer zum Abschied sehr überrascht.

So richtig weg ist sie immer noch nicht. Der Name steht noch über dem Friseur-Salon an der Alten Bahnhofstraße 84 in Bochum-Langendreer. Und wer anruft, der hört auf dem Anrufbeantworter auch jetzt noch ihre Stimme. Und doch steht Heike Schossow seit 1. Februar nicht mehr „am Stuhl“, wie man in der Branche sagt. Nach 46 Jahren hat sie Kamm und Schere beiseitegelegt und damit eine Friseur-Ära beendet.

Bochum: Friseurin hört nach 46 Jahren auf und hinterlässt weinende Kundinnen

Der erste Tag im Ruhestand sei „ganz ungewohnt“ gewesen, sagt Heike Schossow. „Ich muss den Abschied auch erstmal verdauen.“ Zumal ihr dieser auch sehr zu Herzen ging. Denn der Zuspruch ihrer Kundinnen und Kunden sei überwältigend gewesen.

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„Die haben mir lange Briefe geschrieben, Blumen mitgebracht und mich mit Geschenken überhäuft. Viele haben geweint, weil ich aufhöre“, berichtet Heike Schossow. „Das war so emotional. Damit hätte ich nie und nimmer gerechnet.“

Heike Schossow hat ihren Friseur-Salon in Bochum-Langendreer an Natalie Pfetzing übergeben. 
Heike Schossow hat ihren Friseur-Salon in Bochum-Langendreer an Natalie Pfetzing übergeben.  © JHS

Drei Kofferraumladungen an Geschenken habe sie an ihren letzten Tagen als Friseurin nach Hause gefahren. Dazu 40 Blumensträuße. Und dann erste die Briefe. „Zum Teil zwei Seiten lang, und sehr persönlich“, sagt Schossow, der gar nicht so bewusst gewesen sei, „wie sehr ich offenbar geschätzt werde“.

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Von Gernot Noelle

Die 36 Jahre, die sie ihren Salon in Langendreer geführt hat, haben offenbar bleibenden Eindruck hinterlassen. Zuvor war sie zehn Jahre bei einem Friseur in der Bochumer Innenstadt. 850 Stammkunden habe sie am Ende gezählt, sagt Heike Schossow. Mindestens die Hälfte von denen sei von ihrem ersten Tag an dabei.

Friseurin hört auf: Viele Jahre auf Urlaub verzichtet

Sie habe aber auch viel für die Kundenbindung getan. „Auf besonderen Wunsch habe ich auch schon mal sonntags die Haare geschnitten oder Kunden zu Hause aufgesucht, wenn es denen nicht gut ging.“ Auch viele Entbehrungen nahm die 60-Jährige in Kauf. „Die ersten 15 Jahre habe ich auch montags geöffnet gehabt und keinen Urlaub gemacht. Danach waren es im Jahr dann höchstens mal zehn Tage.“

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Dass ihr Salon so florieren würde, hatten viele anfangs nicht gedacht. „Mir wurde abgeraten, den Laden an der Alten Bahnhofstraße 84 zu übernehmen. Der hatte keinen guten Ruf.“ Doch Heike Schossow ließ sich nicht beirren, verpasste dem Salon eine neue, persönliche Note und gab sich selbst drei Jahre, um sich durchzusetzen.

Der Friseur-Salon Schossow befindet sich an der Alten Bahnhofstraße 84 in Bochum-Langendreer, zwischen Amtshaus und Unterstraße.
Der Friseur-Salon Schossow befindet sich an der Alten Bahnhofstraße 84 in Bochum-Langendreer, zwischen Amtshaus und Unterstraße. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Das hat geklappt. „Angefangen habe ich zusätzlich mit Kosmetik und Sonnenstudio“, erinnert sie sich. „Und mit nur einer Mitarbeiterin. Heute sind es vier.“ Eine dieser Mitarbeiterinnen hat nun den Salon übernommen: Natalie Pfetzing. Die 23-Jährige hat bei Heike Schossow zunächst ein Praktikum gemacht, dann die Ausbildung und zuletzt die Meisterschule.

Mehr Zeit für Tennis

Ihre neu gewonnene und noch ungewohnte Freiheit will Heike Schossow nun vor allem mit Dingen genießen, für die sie vorher keine Zeit hatte. Und natürlich mit ihrem Ehemann Jürgen Höckensfeld-Schossow, mit dem sie seit 15 Jahren verheiratet ist.

Ganz oben auf der To-Do-Liste steht das Reisen. Im nächsten Jahr möchten die beiden Tennisfans mit dem Wohnmobil durch Australien fahren und nach Möglichkeit auch einen Halt beim großen Tennisturnier in Melbourne machen. „Auch zu den Turnieren in Paris und Wimbledon würde ich gerne“, sagt Heike Schossow.

„Ich gebe den Laden wirklich in gute Hände ab“, ist Heike Schossow von ihrer Nachfolgerin voll überzeugt. „Es hatten noch andere Interesse an meinem Salon. Aber Natalie war von Anfang an meine Wunschkandidatin. Toll, dass es geklappt hat.“

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Natalie Pfetzing, die nach eigenen Angaben schon im Kindergarten den Erzieherinnen die Haare gestylt hat, ist voll des Lobes über ihre frühere Chefin. „Sie ist einzigartig, hat immer alle gleich behandelt und uns in so mancher Nachtschicht geschult.“ Sie hofft, nun selbst eine Friseur-Ära starten zu können.

Allerdings hat sie gleich zu Beginn mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Krankheitsbedingt sei man gerade nur zu zweit, sagt Pfetzing. Und so werden viele Kunden in den nächsten Tagen wohl noch öfter Heike Schossows Stimme auf dem Anrufbeantworter hören.