Bochum. Belastete Lehrer, weinende Kinder: Der Leiter einer Bochumer Grundschule spricht von einer Katastrophe. Die Corona-Lage an Schulen im Überblick.

Die Stimmung an den Grundschulen in Bochum kippt. Lehrerinnen und Lehrer kommen durch Mehrarbeit an ihre Belastungsgrenzen, Kinder brechen bei Testungen in Tränen aus oder warten in einer Schockstarre auf das Ergebnis. „Es ist eine einzige Katastrophe“, schildert Paul Roos, Leiter der Lina-Morgenstern-Schule in Altenbochum.

Täglich gebe es hier ein bis zwei positive Pool-Testungen, rund zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler fehlen aufgrund von Corona. „Wir Grundschulen sind ja dafür bekannt, zum Wohl des Kindes alles Menschenmögliche zu tun. Leider wird dies scheinbar immer wieder ausgenutzt“, so Roos weiter. Der Unterrichtsausfall summiere sich durch den Zeitaufwand der Testungen.

Grundschule in Bochum: Kritik an aktuellen Test-Regelungen

Paul Roos ist Leiter der Lina-Morgenstern-Grundschule in Altenbochum.
Paul Roos ist Leiter der Lina-Morgenstern-Grundschule in Altenbochum. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Nach positiven Pool-Testungen bittet die Schule die Eltern, zu Hause einen Schnelltest durchzuführen. Roos: „Dadurch gelang es, dass einige positive Kinder gleich zu Hause geblieben sind, was uns aber nicht davon entbindet, in der Schule mit allen noch einmal einen Schnelltest zumachen.“ Seiner Ansicht nach müsste den Eltern, analog zu den Kindergärten, mehr Vertrauen entgegengebracht werden. Wenn schon kein medizinisch geschultes Personal an die Schulen kommt, sieht er darin den einzigen Ausweg.

Sabine Pischalla, Leiterin der Wilbergschule in Riemke, sieht die aktuellen Regelungen zur Testung ebenfalls kritisch. Sie fordert, die Pool-Testungen abzuschaffen, wenn PCR-Einzeltestungen nicht möglich sind: „Die Schnelltests erfassen die Kinder nach positivem Pool zu spät, zum Teil erst nach drei Tagen“, schildert sie. Bis dahin herrscht Ungewissheit, welches Kind positiv ist.

Das kennt auch Sascha Uszball, Leiter der Cruismannschule in Riemke. 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler seien derzeit in Quarantäne. Der Leiter der Förderschule würde sich wünschen, dass extern getestet wird – oder durch geschultes Personal. Uszball macht zudem deutlich: „Für uns wäre es eine enorme Erleichterung, wenn es bei geänderten Regelungen mehr Vorlauf gibt.“ Nicht selten mussten Lehrkräfte von einem Tag auf den anderen, neue Vorgaben umsetzen. Das bestätigen auch Leitungen anderer Grundschulen in Bochum.

508 Schülerinnen und Schüler in Bochum haben Corona

Insgesamt sind in Bochum laut Stadt derzeit 508 Schülerinnen und Schüler an Corona erkrankt. Zahlen dazu, wie viele in häuslicher Isolation sind, gibt es nicht. Fünf Schulklassen befinden sich demnach gerade komplett in Quarantäne, ebenso wie sieben Lehrerinnen und Lehrer. Nicht ganz so gravierend wie an den Grundschulen ist die Corona-Lage an den weiterführenden Schulen im Stadtgebiet. Auch wenn es hier ebenfalls den Wunsch nach längerfristig gültigen Regelungen gibt und entschlackten Lehrplänen gibt, so Claudia Högemann für die Willy-Brandt-Gesamtschule, die sagt: „Wir halten uns tapfer.“

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Wenn auch mit größeren Einschränkungen – es gelingt noch, den Regelbetrieb aufrecht zu erhalten, teilt Oliver Bauer, Leiter des Neuen Gymnasiums, mit: „Da derzeit überwiegend von milden Verläufen bei Ansteckungen berichtet wird, scheint die Fortsetzung des Schulbetriebs die richtige Option zu sein“, sagt er.

„Ich nehme die Stimmung an der Schule als insgesamt sehr positiv und optimistisch wahr. Der Präsenzunterricht läuft, das erste Halbjahr liegt hinter uns, die Zeugnisse sind ausgeteilt“, schildert Mathias Balliet, Leiter des Hellweg-Gymnasiums in Wattenscheid. Eine Gefahr für den Präsenzunterricht sieht er momentan nicht. Die Belastung seines Kollegiums sei aber ebenfalls hoch.

Bochumer Schulleiter: „Die Stimmung ist sehr gedrückt“

Ludger Jonischeit ist Leiter der Erich-Kästner-Schule in Bochum.
Ludger Jonischeit ist Leiter der Erich-Kästner-Schule in Bochum. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Ludger Jonischeit, Leiter der Erich Kästner-Schule in Querenburg, beschreibt die aktuelle Situation anders: „Die Stimmung ist sehr gedrückt.“ Es gebe eine ständige Angst vor Infektionen. Jonischeit nennt eine Vielzahl von Problemen – für die derzeit keine Lösung in Sicht sei.

An den weiterführenden Schulen in Bochum liegen die Quarantäne-Zahlen zwischen zwei und zehn Prozent – das hat eine stichprobenartige Abfrage unserer Redaktion ergeben. Große Einigkeit herrscht bei der Aussage, dass Schulen geöffnet bleiben müssen. Auch aus dem Grund, weil noch immer nicht alle Schulen digital gut aufgestellt sind: „Wir sind Welten davon entfernt, aus diesem Gebäude Hybridunterricht machen zu können“, erklärt zum Beispiel Joan M. Krebs-Schmid für die Willy-Brandt-Gesamtschule.

Lehrer in Bochum wünschen sich mehr Anerkennung

Unabhängig von der Schulform – ein Wunsch ist bei den Schulleitungen in Bochum groß: „Dass Lehrkräfte in der Gesellschaft und von der Politik den Respekt und die Anerkennung bekommen, die ihnen gebühren“, so Christian Schulz, Leiter des Walter-Gropius-Berufskollegs. Das sieht auch Paul Roos von der Lina-Morgenstern-Schule so: „Was ich mir wünschen würde: Eine empathische und demütigere Haltung aus dem Bildungsministerium, statt sich immer nur selbst in ein gutes Licht zu stellen und gegen jede Kritik immun zu sein.“