Bochum. In Bochums Klassenräumen tragen Schülerinnen und Schüler trotz Aufhebung der Pflicht weiterhin eine Maske. Viele Schulen appellieren, das zu tun.
Schülerinnen und Schüler müssen seit dieser Woche keine Masken mehr im Klassenraum tragen, wenn sie am festen Sitzplatz sitzen. Das hat die NRW-Landesregierung beschlossen. Die Reaktionen an Bochums Schulen sind zwiegespalten.
„Grundsätzlich der richtige Schritt – nur viel zu früh“, bewertet Thomas Glaß, Schulleiter der Technische Berufliche Schule 1, die neue Regelung. „Man hätte die Richtung der Entwicklung der Inzidenzen abwarten sollen.“ Die Reaktionen in seiner Schule seien gemischt – zwischen Erleichterung und Empörung. Ähnliches bestätigt auch Elke Arnscheidt für die Graf-Engelbert-Schule.
Unterricht ohne Maske: Lehrer fühlen sich als Teil eines Experiments
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„Sicherlich ist es sehr viel schöner, mal wieder die kompletten Gesichter inklusive der Mimik der Kinder und Jugendlichen zu sehen“, findet zwar Claudia Aldibas-Könneke, Leiterin der Nelson-Mandela-Schule. Sie betont aber: Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler seien besorgt um ihre Gesundheit, da es trotz Maske inzwischen die ersten Corona-Fälle unter Genesenen sowie Impfdurchbrüche im Kollegium gebe. Das Lehrpersonal fühle sich, als sei es ungefragt Teil eines Experiments geworden – es trage weiterhin Maske, wie auch viele Schülerinnen und Schüler.
An der Anne-Frank-Realschule in Gerthe sieht man den Wegfall der Maskenpflicht zum aktuellen Zeitpunkt ebenfalls sehr skeptisch. Zum einen, weil Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klasse noch nicht geimpft werden konnten. „Die Maske ist unser einziger Schutz für diese Kinder“, so Schulleiterin Joan M. Krebs-Schmid. Hinzu kommt die Sorge, dass mehr Leute in Quarantäne müssen.
Zum anderen: „In der neunten oder zehnten Klasse, wo die Schülerinnen und Schüler in einer Klasse, in einem Kurs, in einer Reli-Gruppe und einer AG sitzen, können bis zu 16 Personen durch ein Positivfall in Quarantäne geschickt werden“, erklärt Krebs-Schmid. Tragen alle Maske, müsste hingegen nur das positive Kind in Quarantäne.
Maskenpflicht im Unterricht? Schule darf das nicht beschließen
Verbindliche Vorgaben, die Maske zu tragen, darf die Schule nicht beschließen. „Wir haben an die Schülerinnen und Schüler appelliert, sie freiwillig weiter zu tragen“, sagt die Schulleiterin. Dafür habe sich auch die Schülervertretung (SV) ausgesprochen. Eine solche Bitte gibt es auch an der Heinrich-von-Kleist-Schule – von SV, Elternschaft, Lehrerkollegium und Schulkonferenz.
An der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule wünscht man sich eine Rückkehr zur generellen Maskenpflicht in den Innenräumen. „Wir setzen die Vorgaben des Landes NRW natürlich um. (...) Wir appellieren aber an das freiwillige Tragen von medizinischen Masken“, so Fabian Heyers, Verantwortlicher für die Pressearbeit.
Ob es mehr Ansteckungen in Bochums Schulen gibt, wird sich zeigen
Ob der Wegfall der Masken zu erhöhten Ansteckungen führt oder keinen großen Einfluss auf die Corona-Zahlen im Schulbereich hat, lasse sich vermutlich erst nach drei bis vier Wochen abschätzen, meint Oliver Bauer, Schulleiter des Neuen Gymnasiums Bochum. Auch den Schulleitungen von Theodor-Körner-Schule, Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg und Märkischer Schule erscheint der aktuelle Zeitpunkt zu früh.
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Anders als bei den weiterführenden Schulen, haben Kinder an den Grundschulen gar keine Möglichkeit, sich impfen zu lassen. „Die Aufhebung der Maskenpflicht ist nicht sinnvoll“, äußert die Schulleitung einer Bochumer Grundschule. Die Maske sei der einzige Schutz für die Kinder dieses Alters.
Schulministerium NRW bezeichnet Aufhebung der Maskenpflicht als verantwortbar
NRW-Schul-Ministerin Yvonne Gebauer betonte, dass die Landesregierung versprochen habe, Einschränkungen wie die Maskenpflicht nur so lange aufrechtzuerhalten, wie dies unbedingt erforderlich sei: „An unseren Schulen gibt es keinen übermäßigen Anstieg des Infektionsgeschehens. Gleichzeitig steigen die Impfquoten weiter an.“ In dieser Situation sei die Aufhebung der Maskenpflicht am Sitzplatz ein verantwortbarer Schritt.
Maskenpflicht an Schulen: Welche Regeln noch gelten
Die Coronabetreuungsverordnung sieht seit Dienstag, 2. November, keine Maskenpflicht mehr in Klassen- und Kursräumen vor – wenn Schülerinnen und Schüler an festen Sitzplätzen sitzen. Die Maskenpflicht entfällt auch bei Ganztags- und Betreuungsangeboten, ebenfalls am festen Sitzplatz.
Für Lehrkräfte entfällt die Maskenpflicht im Unterrichtsraum, solange ein Mindestabstand von anderthalb Metern zu den anderen Personen im Raum eingehalten wird oder bei Konferenzen.
Erkrankt jemand an Corona, muss in der Regel der unmittelbare Sitznachbar in Quarantäne. Das gilt nicht für geimpfte oder genesene Schülerinnen und Schüler.
Mathias Balliet, Leiter der Hellwegschule vertraut darauf, dass die neue Regelung momentan vertretbar ist. „Ebenso bin ich sehr sicher, dass das Ministerium schnell nachsteuern wird, falls sich im Zuge der Erhebungen der Verdacht aufdrängt, dass der Wegfall der Maskenpflicht im Unterricht zu vermehrten Infektionen führt“, erklärt er.
Anders ist die Meinung dazu an der Werner-von-Siemens-Schule: „Die Schulgemeinde sieht es als sehr kritisch und unverantwortlich an“, so Leiterin Ute Meyer-Lerch. Stattdessen begrüße sie die Aussicht auf eine Zeit, in der Unterricht ohne Maske stattfinden kann – jedoch nicht um jeden Preis und zum jetzigen Zeitpunkt.