Wattenscheid. Dass eine ganze Klasse in Quarantäne musste, hält ein Wattenscheider für vermeidbar. Er wirft der Schule zu zögerliches Handeln vor und will sensibilisieren.

Als sein Ziehsohn Mitte November an einem Mittwoch von der Schule nach Hause kam und berichtete, in der Klasse habe es einen positiven Schnelltest gegeben, war Jörg S. (55) nicht sonderlich überrascht. Auch in Bochum steigt die Inzidenz seit Ende Oktober wieder steil an, liegt aktuell bei knapp 250.

Als der Elfjährige dann aber berichtete, dass die Schnelltests erst in der vierten Schulstunde durchgeführt worden waren, wurde Jörg S. stutzig. "Bis dahin habt ihr doch alle zusammengesessen und konntet euch anstecken, oder?", fragte er den Schüler. Dieser bejahte. Eine Maske hätten nur manche Kinder getragen - sie ist erst seit dem 2. Dezember wieder Pflicht an allen Schulen in NRW.

Kinder testen sich selbst

"Dann würde es mich aber wundern, wenn am Freitag bei der nächsten Testung nicht viele weitere Tests positiv sind", erinnert sich Jörg S. zu seinem Ziehsohn gesagt zu haben. Am Freitag jedoch laut S.: Kein weiterer positiver Test. "Das hat mich schon gewundert und ich habe mich gefragt, ob die Kinder die Tests überhaupt ordnungsgemäß durchführen. Schließlich machen sie das ja selbst", sagt Jörg S. nun.

Sein Ziehsohn habe ihm berichtet, er selbst habe schon einmal Nasenbluten vom Test bekommen, andere Kinder putzten mit dem Stäbchen vorne nur ein ganz bisschen. "Das ist ja schon ein großer Unterschied. Vor allem wenn man bedenkt, dass es die Kinder und Jugendlichen sind, die die Zahlen aktuell in die Höhe treiben", erinnert der Wattenscheider.

Keine Info durch Schule

Am Wochenende sei dann aber bereits Aufruhe im Elternchat ausgebrochen. "Da hatten die ersten Kinder Symptome, Schnelltests zuhause waren positiv", sagt Jörg S. Von der Schule sei keinerlei Information an die Eltern erfolgt.

"Ich hätte zumindest erwartet, dass die Sitznachbarn des Kindes durch die Schule informiert werden", sagt Jörg S. Laut seiner Information waren in der darauffolgenden Woche mindestens zehn Kinder infiziert - ein Drittel der Klasse. "Das Gesundheitsamt hat dann die gesamte Klasse in Quarantäne geschickt", sagt der 55-Jährige.

Erklärung für hohe Fallzahlen

S. weiß: Verantwortlich dafür, Kinder in Quarantäne zu schicken ist das Gesundheitsamt, nicht die Schule. "Es geht mir nicht darum, die Schule an den Pranger zu stellen - ich möchte sensibilisieren", sagt er. S. war selbst an Corona erkrankt, hat noch heute mit Langzeitfolgen zu kämpfen. "Die Krankheit ist keine Bagatelle", sagt er.

Der Fall aus der Klasse seines Ziehsohns biete für ihn die Erklärung, warum sich die Infektionen derzeit wieder so rasant ausbreiteten. Die Schule möchte sich zu dem Fall nicht äußern, droht mit rechtlichen Schritten. Die Stadt Bochum bestätigt auf Anfrage zumindest, dass die betroffene Schule zu den Schulen gehört, an denen eine komplette Klasse in Quarantäne geschickt werden musste. "Aktuell sind 22 Klassen in Quarantäne", teilt die Stadt mit.

Probleme bei Übermittlung

Auf der Seite des Schulministeriums finden sich keine Informationen dazu, wann die Schnelltests in den Schulen genau durchgeführt werden müssen. Es heißt aber: "Der Zugang zum Schulgebäude ist nur geimpften, oder nachweislich genesenen oder getesteten Personen gestattet."

Aus Sicht der Stadt funktionieren die Meldeketten grundsätzlich gut, teilweise gäbe es jedoch "Probleme im Bereich der Digitalisierung", also dann, wenn die Schule die Daten übermittle. "Woran diese Verzögerungen liegen, können wir nicht sagen, das sind schulinterne Faktoren", kommentiert der Stadtsprecher.

Wieder Maskenpflicht

Da nun wieder die Maskenpflicht im Unterricht gelte, müsse in der Regel nur die positive Person in einer Schulklasse in Quarantäne. Mitte November war das allerdings noch anders. "Jedoch könnte bei größeren Ausbrüchen in einer Klasse im Einzelfall von dieser Regelung abgewichen werden", ergänzt van Dyk.

Das Problem, dass die Kinder die Schnelltests selbst durchführen und manche Kinder dies unter Umständen nicht ordnungsgemäß tun, schätzt die Stadt als klein ein. "Da die Schnelltests in der Schule unter Beobachtung stattfinden, ist das Risiko akzeptabel", so van Dyk.