Bochum. Der Wunsch nach einem Pkw-Führerschein ist ungebrochen. Aber den Fahrschulen gehen die Fahrlehrer aus. Auch in Bochum wächst die Personalnot.
Hürdenreich war der Weg zum Autoführerschein schon immer, so steinig wie jetzt aber vielleicht noch nie. Terminstau bei Fahrprüfungen, Wartelisten bei den Fahrstunden. Fahrschülerinnen und Fahrschüler müssen eine Menge Geduld mitbringen. Auch in Bochum. Dabei wird in den Fahrschulen in der Stadt, derzeit sind 85 Betriebsstätten angemeldet, mit etwa 200 Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern schon bis zum Anschlag gearbeitet.
Fahrlehrer werden händeringend gesucht
Das Problem: „Es gibt keine Fahrlehrer mehr“, könnte man in Abwandlung eines der bekanntesten Songs von Liedermacher Reinhard Mey singen – in Moll natürlich, denn die Lage ist alles anders als vergnüglich. „Das System ist überlastet“, sagt Dieter Hinz (66), Fahrlehrer seit 30 Jahren und Inhaber einer Fahrschule an der Alleestraße. Er sucht händeringend einen Fahrlehrer für seinen Betrieb. Am Jahresende scheidet ein Mitarbeiter aus. Und Ersatz ist nicht in Sicht, geschweige eine zusätzliche, ebenfalls willkommene Verstärkung.
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„So gut wie jede Fahrschule im Land sucht Personal“, sagt Martin Fellmer, der Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Westfalen mit Sitz in Recklinghausen. Das gilt auch für Björn Liedtke, Inhaber der Verkehrsfachschule (VFS) Bochum an der Dorstener Straße in Hofstede und einer der größten Fahrschulbetriebe in der Stadt. „Ich würde sofort vier bis fünf Fahrlehrer einstellen“, sagt er. Aber auch er sucht meistens vergeblich. „Wer ausbilden kann, der macht das längst.“ Oder, so sein Kollege Dieter Hinz: „Der Markt ist leer gefegt.“
Durchschnittsalter in der Branche steigt
Etwa 54.000 Fahrlehrer gab es 2011 noch in Deutschland. 2017 waren es nur noch 44.610. Und mittlerweile dürfte die Zahl weiter gesunken sein, während das Durchschnittsalter in der Branche weiter steigt. Etwa 700 Fahrschulen gibt es noch im westfälischen Verbandsgebiet.
Die Gründe für den Rückgang sind vielschichtig. „Vor Jahren gab es eine Prognose, wonach die Zahl der Fahrschüler deutlich zurückgehen würde“, erinnert sich Dieter Hinz. Diese trüben Aussichten und ein aus seiner Sicht wenig lukrativer Verdienst der angestellten Fahrlehrer spielen eine Rolle. Auch die Vorstellung der Leute vom Beruf passe nicht immer. „Das ist ein Job, dem man mögen muss. Man hat mit Menschen zu tun, mit Spaß am Autofahren allein ist es nicht getan.“ Fakt sei: „Der Wunsch, Fahrlehrer zu werden, ist in unserer Gesellschaft nicht gerade ganz oben angesiedelt.“
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Besser informieren und bewerben
Genau da muss man anpacken, davon ist Björn Liedtke überzeugt. „Wir können etwas ändern“, so der 44-Jährige, „wenn wir den Beruf besser bewerben, seine Vorteile herausstreichen und überhaupt besser informieren. Viele denken doch noch immer: Fahrlehrer, das sind die mit der Sonnenbrille, der Goldkette und dem Arm aus dem Fenster.“ Und sie denken, das ist ein Männerberuf. Dabei könne er gut und gerne auch von Frauen ausgeübt werden. Aber nur für die wenigsten kommt das offenbar in Frage.
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Liegt es am Geld? So schlecht sei die Bezahlung nicht, findet Liedtke. Durchschnittlich etwa 3500 Euro brutto im Monat verdiene ein Fahrlehrer. Auch die hohen Ausbildungskosten von bis zu 35.000 Euro für den Ausbilderschein Auto und Lkw seien meistens nicht das Problem.
Hohe Ausbildungskosten werden oft übernommen
So sieht es auch Verbandschef Martin Fellmer, der selbst eine Fahrschule im sauerländischen Plettenberg betreibt. Bei etwa 80 Prozent der Lehrgangsteilnehmer übernehme die Bundesagentur für Arbeit, das Jobcenter oder der Arbeitgeber die Kosten.
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Aber nicht jeder, der eine Ausbildung beginnt, beendet sie auch. Es gebe reichlich Abbrecher. Denn die Anforderungen sind schon recht hoch, so Verbandschef Fellmer. Nicht nur in der Theorie, auch in der Praxis. 40 Prozent der angehenden Fahrlehrerausbilder fallen bei der Praxisprüfung, die auch sie noch einmal absolvieren müssen, im ersten Durchgang durch, weiß Björn Liedtke. Die Lizenz zum Fahren ist eben auch für Fahrlehrer keine einfache Hürde.