Bochum. Immer weniger Menschen wollen den Beruf ergreifen. Auch Ulrich Pichler sucht seit Jahren vergeblich einen Nachfolger für seine Fahrschule in Dahlhausen

Ulrich Pichler liebt seinen Beruf hinter dem Steuer. Seit mehr als 40 Jahren ist er mit Leib und Seele Fahrlehrer. Doch der 65-Jährige denkt an den Ruhestand und will langsam kürzer treten. Seine Fahrschule in Hattingen hat er verkauft, für seinen Ein-Mann-Betrieb in Dahlhausen sucht er aber seit fünf Jahren vergeblich einen Nachfolger. „Ich hatte einen aussichtsreichen Kandidaten, der hat aber kurzfristig abgesagt“, sagt er.

Für viele junge Leute sei der Beruf unattraktiv geworden, bedauert der Fahrlehrer. „Aufwand und finanzieller Ertrag stehen in keinem guten Verhältnis. Reich wird man als Fahrlehrer nicht.“ Zudem seien Konkurrenzdruck und Preiskampf auf dem Markt größer geworden, „besonders bei den vielen Schulen in der Innenstadt“.

Überregionales Phänomen

Auch die Arbeitszeiten bis spät abends und am Wochenende würden viele davon abhalten, den Beruf zu ergreifen. Und wer tatsächlich Fahrlehrer werde, arbeite häufig lieber angestellt bei einer großen Fahrschule als selbstständig einen Ein-Mann-Betrieb zu führen. „Da fällt ja neben den Fahrstunden auch die zeitintensive Organisation an.“

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Das Imageproblem des Fahrlehrerberufs beobachtet auch Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Westfalen mit Sorge. „Das Alter der Fahrlehrer in unserem Zuständigkeitsbereich liegt bereits bei durchschnittlich über 50 Jahren. Selbst für jahrzehntealte Betriebe ist es schwierig, einen Nachfolger zu finden.“

Und die Umstände im Job hätten sich nicht unbedingt verbessert. „Die Arbeitszeiten haben sich nicht zuletzt durch G8 immer weiter nach hinten verschoben, weil die Schüler bis spät nachmittags Unterricht haben.“ In anderen Berufen erhalte man immerhin Nachtzuschläge.

Sorge bereitet ihm auch die wirtschaftliche Situation. Besonders im Ruhrgebiet sei der Konkurrenzkampf größer als auf dem Land, was auf die Preise und Verdienstmöglichkeiten drücke.

Noch kein Ende in Sicht

Ulrich Pichler macht unbeeindruckt von der allgemeinen Situation dennoch weiter – aus Begeisterung für seinen Beruf. „Wenn man über 40 Jahre hinter dem Steuer sitzt, würde ja auch etwas fehlen.“ Er nimmt weiterhin neue Fahrschüler in seiner Schule in Dahlhausen auf und versichert: „Bevor ich irgendwann doch mal aufhören sollte, bringe ich jeden meiner Schüler durch die Fahrprüfung.“

Zahl der Fahrschulen in Bochum sinkt 

Derzeit gibt es in der Stadt Bochum insgesamt 65 Fahrschulbetreiber an 78 Stellen. Einige Fahrschule unterhalten mehrere Zweigstellen.

Wie die Entwicklung der Zahlen der Bochumer Fahrschulen in vergangenen Jahren gewesen ist, lasse sich nicht mehr ermitteln, heißt es seitens der Stadt. Man gehe jedoch davon aus, dass die Tendenz ungefähr gleichbleibend sei und es somit nicht signifikant weniger Fahrschulbetriebe gebe als noch vor einigen Jahren.

Im Bereich des Fahrlehrerverbands Westfalen dagegen – er versammelt die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster – ist die Zahl der Fahrschulen von 2710 im Jahr 2008 um 315 auf 2395 Fahrschulen im Jahr 2014 gesunken.

Die Zahl der Bochumer Fahrschülerinnen und Fahrschüler ist, gemessen an den erstmalig erteilten Führerscheinen, dagegen relativ stabil geblieben. 2012 waren es 2945 Fahrschüler, 2013 waren es 2993, 2014 lag dieser Wert bei 2853, und 2015 bei 3008.