Bochum/Bad Münstereifel. Drei Tage lang haben Stadtwerke-Mitarbeiter in Bad Münstereifel beim Aufbau der Gasversorgung geholfen. Der Ort wurde beim Hochwasser verwüstet.

So etwas hatte Benjamin Bösader noch nie gesehen: Ein unvorstellbares Ausmaß an Zerstörung, aufdringliche Gerüche, kaputtes Hab und Gut. "Das vor Ort zu sehen, war wirklich noch einmal etwas anderes, als Fotos in den Medien", sagt der 33-Jährige. Der Netzmeister für Gas- und Wasserinstallationen von den Stadtwerken Bochum war Ende September für drei Tage vor Ort, um beim Wiederaufbau der Gasversorgung zu helfen.

"Die Aktion hat sich durch einen persönlichen Kontakt in der Firma zu einem Ingenieur aus der Region ergeben", berichtet Bösader, der bereits seit seiner Ausbildung 2005 für die Bochumer Stadtwerke arbeitet. Mit einem vierköpfigen Team samt Montagefahrzeugen und Schweißmaschine machten sich die Bochumer auf den Weg nach Bad Münstereifel.

26 Tote durch Hochwasser im Kreis Euskirchen

Die mittelalterliche Fachwerkstadt gehört zu den Orten in Nordrhein-Westfalen, die am schlimmsten von der Hochwasserkatastrophe in der Nacht zum 15.Juli getroffen wurden. Durch die Wassermassen der Erft, einem Nebenfluss des Rheins, wurden zahlreiche Brücken und Teile der historischen Stadtmauer zerstört. "Die Naturgewalt ist schon erschreckend", kommentiert Bösader.

Neben einem verwüsteten Friedhof und weggeschwemmten Autos wurden auch Schulen in Mitleidenschaft gezogen, ein Pflegeheim musste evakuiert werden. Zuletzt lag die Zahl der Toten im Kreis Euskirchen bei 26 Menschen. Auch die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Ort, etwa 150 Kilometer von Bochum entfernt, persönlich besucht.

Stadtwerke Bochum leistet Aufbauhilfe: Großer organisatorischer Aufwand

"Wir haben dabei geholfen, eine Stahlleitung DN 250 zu verlegen", sagt Bösader, der allein für die Vorplanungen im Vorfeld zwei Mal anreiste. Die Ladengeschäfte und Erdgeschosswohnungen seien komplett zerstört worden. "Viele Gasleitungen haben nicht mehr funktioniert, sodass Heizungen ausfielen", sagt Bösader. Im Juli sei das wegen der Außentemperaturen für Bewohner der oberen Geschosse noch verkraftbar gewesen, Heizungen seien aber auch für Trocknungsarbeiten notwendig.

"Der organisatorische Aufwand ist riesig", weiß der Stadtwerke-Mitarbeiter. Obwohl dutzende Helfer zur Verfügung stünden, sei ihre Koordination eine Herausforderung. "Wir können erst tätig werden, wenn Gräben ausgeschachtet sind und tieferliegende Kanäle repariert sind. Gleichzeitig müssen stets die Verkehrswege freigehalten werden", erklärt der Netzmeister.

Demut durch Arbeit vor Ort

Rohre schweißen, Druckproben durchführen - diesmal erfolgte die gewohnte Arbeit unter ganz anderen Bedingungen. "Auch an den rheinischen Dialekt mussten wir uns erst gewöhnen", sagt Bösader und schmunzelt.

Während der Hilfsarbeiten übernachteten die Stadtwerke-Mitarbeiter im zwanzig Minuten entfernten Euskirchen. "In Bad Münstereifel war aufgrund der Zerstörungen nichts mehr zu bekommen", sagt Bösader. Die Arbeit vor Ort hat den 33-Jährigen demütig werden lassen. "Ein bisschen Wasser im Keller sieht man nun ganz anders", sagt er.

Bochum kam glimpflich davon

Die Hilfsarbeit vor Ort habe ihn geerdet. Bochum ist bei dem Hochwasser vergleichsweise glimpflich davongekommen, weil die Talsperren der Ruhr an der Bigge und Löhne nicht überliefen. Vor allem der Stadtteil Dahlhausen wurde aber getroffen.

Noch steht nicht fest, wann die Stadtwerke wieder Mitarbeiter ins Ahrtal schicken wird. "Wir haben signalisiert, dass wir zur Verfügung stehen", sagt Bösader. Zeitliche Verzögerungen für Projekte in Bochum hat es durch die Hilfsaktion nicht gegeben.

Versorgungsgebiet von "e-regio"

"Wir konnten die Projekte gut schieben und sind nur mit einem kleinen schlagkräftigen Team ausgerückt", sagt Bösader. Eigentlich ist Bad Münstereifel Versorgungsgebiet der "e-Regio", das Unternehmen versorgt beispielsweise auch die Städte Swisttal, Bornheim und Meckenheim mit Strom und Erdgas.

Ende August hatte "e-regio" in Teilen der Kernstadt eine Notversorgung "Gas" aufgebaut, sodass ein Großteil der Anschlussnehmer wieder mit Gas versorgt werden konnte. "Kollegen und auch Mitmenschen hilft man gerne", sagt Bösader.

30.000 Einsätze nach Hochwasser

Durch das Hochwasserunglück sind in NRW 47 Menschen gestorben. Fast alle Nebenflüsse des Rheins traten über ihre Ufer, historische Höchststände wurden vermeldet. In Zukunft sollen auch kleine Bäche in ein Warnsystem mit einbezogen werden.

Bis zum 16. Juli haben laut Innenministerium rund 19.000 Einsatzkräfte 30.000 Einsätze im Zusammenhang mit dem Hochwasser bewältigt, die Polizei zählte 3200 Einsätze.