Bochum. Axel Schäfer kann sogar bei den Erststimmen noch ein wenig zulegen. Außerdem stellt der Politiker einen ganz bestimmten Bochumer Rekord ein.
Wie sehen eigentlich Sieger aus? Kurz nach Schließung der Wahllokale fällt der Jubel bei den Sozialdemokraten in der Bermudahalle Riff noch verhalten aus. Doch je mehr Wahllokale in Bochum ausgezählt werden, desto deutlicher wird: Axel Schäfer holt mit deutlichem Vorsprung erneut das Direktmandat des Wahlkreises 140 Bochum I. Und mehr noch, er kann sein Erststimmenergebnis im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 von 37,2 auf über 38 Prozent steigern.
Schäfer: Das war einer meiner schwersten Wahlkämpfe
Vor dem Hintergrund der quälenden innerparteilichen Debatte um seine Kandidatur ist dieses Ergebnis auch ein ganz persönlicher Erfolg. Axel Schäfer am Wahlabend erleichtert: „Das war einer meiner schwersten Wahlkämpfe.“ Mit Blick auf Berlin hob er hervor, dass er sich freuen würde, wenn es zu einer Koalition mit Grünen und FDP kommen könnte. „Da sehe ich die größten Gemeinsamkeiten.“
- WAZ-Redaktionsleiter Thomas Schmitt kommentiert den Ausgang der Wahl. Lesen Sie den Kommentar hier!
Damit wurde Schäfer, der seit 2002 das Direktmandat inne hat, zu seiner sechsten Legislaturperiode gewählt, wenn auch nicht mehr mit solchen Stimmenanteilen wie zu Beginn, 2002 konnte er noch 57 Prozent der Erststimmen der Bochumer Wählerinnen und Wähler auf sich vereinigen. Mit dem Erfolg zieht Schäfer mit dem legendären Karl Liedtke gleich, der Bochum ebenfalls für sechs Legislaturperioden im Bundestag vertrat.
Die Stimmung in der zur SPD-Baracke umfunktionierten Riff-Halle war schon am späten Nachmittag prächtig. Zur Erinnerung. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 gab es lange Gesichter. Zwar blieben beide Direktmandate bei den Sozialdemokraten, aber mit herben Verlusten. Michelle Müntefering konnte dabei trotzdem das beste Erststimmen-Ergebnis für die SPD in Nordrhein-Westfalen einholen, doch Axel Schäfer hatte mit seinen 37,2 Prozent wahrlich keinen Grund zum Jubeln. Am Sonntag dominierte im Wahlkreis Bochum II/ Herne Michelle Müntefering deutlich und konnte knapp 44 Prozent der Erststimmen holen, ein deutlicher Zuwachs, 2017 waren es 41,8 Prozent
Fabian Schütz (CDU): Ich wollte Zweiter werden
Und die CDU? Fabian Schütz, der als neuer Kreisvorsitzender der CDU für den Generationswechsel seiner Partei in Bochum steht und in einem betont sachlich-ruhigem Wahlkampf unterwegs war, gelang die Trendwende nicht. Mit nur gut 21 Prozent der Erststimmen schnitt er deutlich schlechter ab als Christian Haardt 2017, der noch 28,2 Prozent der Erststimmen verbuchen konnte. „Ich stehe für einen Generationswechsel. Ich wollte unbedingt Zweiter werden, das war mein Ziel. Aber wie es auch ausgeht, jetzt schauen wir nach vorne.“
Erwartungsdruck lastete auf den Grünen
Auf den Grünen lastete in Bochum, nachdem sie 2019 bei der Europawahl erstmals stärkste Kraft in dieser Stadt waren, doch ein großer Erwartungsdruck. Nachdem sie bei der Ratswahl im letzten Jahr mit 20,8 Prozent auf dem zweiten Platz gelandet waren, hieß diesmal parteiintern die Devise, mindestens diese Position zu halten. Bei der Europawahl war die Umweltpartei mit über 24 Prozent sogar stärkste Kraft geworden. Gemessen am Zweitstimmenanteil gelingt es immerhin, wenn auch knapp den zweiten Platz zu erreichen.
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Die FDP bleibt in Bochum stabil, auch wenn es ihr nicht gelingt, mit den Zweitstimmen erneut zweistellig zu punkten, trotzdem freuten sich Felix Haltt und Olaf in der Beek und sprachen am Sonntagabend für alle anwesenden Parteivertreter: „Dies war zwischen den demokratischen Parteien ein äußerst fairer Wahlkampf.“ Nicht wirklich zufrieden sein können die Linken: Bei der letzten Bundestagswahl holten sie stadtweit noch über zehn Prozent der Stimmen, dieses Ergebnis hat sich beinahe halbiert.
Querdenker konnten nicht wirklich verfangen
Die AfD profitierte vor vier Jahren. An Zweitstimmen holte die Partei in Bochum 10,4 Prozent, ein großer Erfolg, denn bei der Wahl zuvor war sie mit 3,6 Prozent noch recht bedeutungslos. Doch 2017 hatte die AfD, die geschickt die Flüchtlingskrise für ihre Politik genutzt hatte, für Schrecken bei den etablierten Parteien gesorgt. Diesmal konnte die Partei nicht punkten. Ein Blick auf die erstmals antretende neue Partei „Die Basis“, die hochgespült vor allem durch die Querdenkerbewegung und Kritiker der Corona-Politik zu punkten versuchte. In Bochum bewarb sich der Mediziner Dr. Andreas Triebel gar um ein Direktmandat. Sein Protestpotenzial lag bei gut zwei Prozent der Erststimmenn