Bochum. Das Dach des Parkhauses P5 in der City von Bochum ist begrünt. Nun hofft die Wirtschaftsentwicklung, dass weitere Eigentümer dem Beispiel folgen.

Mehr Grün in der Stadt ist eine Forderung, die in Bochum längst nicht mehr nur die Grünen erheben. Die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hat ihr jüngst saniertes Parkhaus P5 mit einer grünen Dachfläche versehen. Sie hofft nun auf Nachahmer und sozusagen auf eine „grüne Welle“ in der Innenstadt.

Begrünte Dächer als Ruheinseln für Menschen

„Wir möchten neben der Erweiterung des Lebensraums für Insekten einen kleinen Beitrag gegen die Überhitzung der Innenstadt und für die Rückhaltung bei Regenereignissen leisten“, sagt Rouven Beeck, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung. Es gebe zahlreiche große Dachflächen in Bochum, auf denen eine Begrünung vielleicht auch möglich sei.

Beecks Gedanken schweifen sogar noch weiter. „Vielleicht lassen sich so über den Dächern von Bochum auch kleine Inseln der Ruhe und Erholung für Menschen schaffen. Wir hätten das auf unserem P5 auch gerne getan, es ließ sich aus statischen Gründen aber leider nicht realisieren.“

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Stadtgestalter haben eine „phantatische Idee“

Der Wirtschaftsförderer ist nicht der erste, der in diese Richtung denkt. Die Stadtgestalter etwa haben 2018 im Zuge der Debatte über das Gesicht der Innenstadt von morgen bereits eine buchstäblich fantastische Idee vorgelegt: begrünte Dächer, die nicht nur ökologisch wertvoll sind, sondern die auch Aufenthaltsqualität haben und miteinander verbunden sein könnten.

Auf Filialgebäuden der Sparkasse kommen grüne Dächer in Frage. In der City ist das nur auf einer kleinen Fläche möglich.
Auf Filialgebäuden der Sparkasse kommen grüne Dächer in Frage. In der City ist das nur auf einer kleinen Fläche möglich. © Sparkasse Bochum | Sabine Raupach-Strohmann

Dazu müssten sich auch andere Immobilienbesitzer von der Idee begeistern lassen. Tatsächlich haben Eigentümer größer Innenstadt-Immobilien mit entsprechend großflächigen Dächern bereits über ökologische Maßnahmen nachgedacht, darunter die Sparkasse Bochum und das Modehaus Baltz.

Sparkasse hat zu viele Technikaufbauten

Aber: „Das Dach unserer Hauptstelle am Dr.-Ruer-Platz eignet sich nicht für eine Dachbegrünung, da ein Großteil der Fläche mit Technikaufbauten, Zugängen zu den Technikräumen und Rettungswegen für die oberen Stockwerke verplant ist“, sagt Sabine Raupach-Strohmann, Sprecherin der Sparkasse Bochum. Auf dem Dach des Energiehauses Plus-Neubaus auf dem Grundstück der ehemaligen „Uhle“ werde eine Photovoltaik-Anlage installiert. Immerhin: Eine bereits vorhandene begrünte Fläche hinter dem Gebäude links von der „Uhle“, dem Sitz der „Digitalen Beratung“ der Sparkasse, werde erhalten bleiben.

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Immerhin: „In den nächsten zwei Jahren werden wir uns die Beschaffenheit der Flachdächer unserer Geschäftsstellen gezielt daraufhin anschauen und bei jeder größeren Sanierung die Möglichkeit einer Dachbegrünung überprüfen“, so die Sprecherin.

Baltz setzt auf Photovoltaik

Auch das Modehaus Baltz setzt eher auf Technik, denn auf Bepflanzung. „Auf dem Dach unseren Hauses würden wir eine Photovoltaikanlage bevorzugen“, sagt Unternehmer Andor Baltz. Die statischen Voraussetzungen dafür werden geprüft. Eine Begrünung könnte er sich aber an der Fasse an der Ecke Schützenbahn/Pariser Straße vorstellen, an der kein Sandstein verbaut ist. Auch das müsse aber geprüft werden.

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Insgesamt 800 Quadratmeter groß ist die „begrünte“ Fläche auf dem Parkhaus P5 an der Brückstraße. Das Dach wurde an seinen Rändern mit Matten begrünt, damit die aufgebrachte Erde nicht wegwehen kann. Auf dem Innenteil der Fläche wurde Samen ausgebracht.
Insgesamt 800 Quadratmeter groß ist die „begrünte“ Fläche auf dem Parkhaus P5 an der Brückstraße. Das Dach wurde an seinen Rändern mit Matten begrünt, damit die aufgebrachte Erde nicht wegwehen kann. Auf dem Innenteil der Fläche wurde Samen ausgebracht. © Wirtschaftsentwicklung Bochum | Sven Frohwein

Eine Dachbegrünung birgt mehrere Vorteile, heißt es: Sie bietet vielen Insektenarten Lebensraum und Nahrungsquelle zugleich. Niederschlagswasser kann besser gespeichert werden, vor allem bei Starkregenereignissen. Staub aus der Umgebungsluft wird durch die Bepflanzung gebunden. Nicht zuletzt verbessert die Bepflanzung das Mikroklima in der Stadt, wo in der Regel sowieso zahlreiche Flächen versiegelt und große Grünflächen eher Mangelware sind.

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800 Quadratmeter Grün auf dem Parkhaus P5

Auf dem Parkhaus P5 wurden insgesamt mehr als 800 Quadratmeter Dachfläche begrünt. Zum Einsatz kamen dabei Gräser, Stauden, Moose und sogenannte Sedumsprossen, die sich weitestgehend selbstständig weiterentwickeln. „Noch ist davon nicht viel zu sehen“, so Sprecher Sven Frohwein. Das werde sich aber mit der Zeit ändern. Ein weiterer Vorteil: Die Pflanzen haben einen nur geringen Flüssigkeitsbedarf. Deshalb ist keine zusätzliche Bewässerung nötig.

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Umfangreich saniert

Mit der Neueindeckung und Dachbegrünung sind die Sanierungsarbeiten am Parkhaus P5 an der Brückstraße abgeschlossen. Von 2019 bis 2020 wurde das Haus umfangreich saniert, schadhafter Beton entfernt und durch neuen ersetzt.

Vor der Begrünung wurde das Dach neu abgedichtet, anschließend an den Rändern mit Matten begrünt, um zu verhindern, dass die aufgetragene Erde weggeweht werden kann. Auf dem Innenteil der Fläche wurde Samen ausgebracht.

Einen Mitstreiter hat die Wirtschaftsentwicklung im übrigen in der Innenstadt schon. Auf dem Handelshof am Konrad-Adenauer-Platz hat Eigentümer Leo Bauer längst ein grünes Refugium.

Förderprogramm für Hausbesitzer

Und damit ist er in Bochum nicht alleine. Seit Anfang des Jahres bezuschusst die Stadt Bochum alle Wohn- und Hauseigentümer in der gesamten Stadt, die ihre Dächer und Fassaden begrünen lassen wollen. Gefördert werden 50 Prozent der Gesamtkosten, maximal 25.000 Euro je Antragsteller und Jahr.

„Das Programm wird gut angenommen“, heißt es bei dem mit der Betreuung beauftragten Architekturbüro Ulmann. 67 Anträge wurden bereits bewilligt, etwa weitere 100 ernsthafte Interessenten gebe es.