Bochum. Vor einem Jahr hat Bochum den Klimanotstand ausgerufen. Die richtigen Schritte lässt er aber vermissen – so das Bochumer Klimaschutzbündnis.

Vor einem Jahr hat Bochum den Klimanotstand ausgerufen. Mehrheitlich verabschiedete der Stadtrat damals eine entsprechende Resolution. Die richtigen Schritte hat er danach aber nicht eingeleitet – sagt das Bochumer Klimaschutzbündnis.

Es kritisiert in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) und die Ratsfraktionen eine stattdessen „aberwitzige, einfallslose und kontraproduktive“ Strategie, wie es heißt. Dazu gehöre etwa das kostenlose Parken in der Innenstadt bis Ende Juni. „Sie schaden damit nicht nur der Glaubwürdigkeit der Kommunalpolitik, indem Sie das beschlossene Bochumer Leitbild Mobilität ad absurdum führen, sondern auch dem von ihnen nicht zu Unrecht aufgerufenen „Wir-Gefühl“, das sich so leider nicht fortentwickeln lässt“, heißt es in dem Brief. Nötig hingen sei in einer Stadt, die unter Trockenheit und schlechter Luft leide, eine „umfassende Klimaanpassung der Innenstadt, eine Entwicklung hin zu einer attraktiven Oase, sowie eine Schonung und ökologische Entwicklung aller in unserem 145 Quadratkilometer großen Stadtgebiet zur Verfügung stehenden Flächen“.

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Stadt sieht sich auf richtigem Weg

Tatsächlich haben OB und Fraktionen mit der Resolution vor einem Jahr bekundet, der Umwelt und ihrem Schutz größeres Gewicht einzuräumen. „Die Kommune wird die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei jeglichen davon betroffenen Entscheidungen berücksichtigen und wenn immer möglich jene Entscheidungen prioritär behandeln, welche den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen“, heißt es in dem Papier.

Die Frage ist: Weichen Absicht und Realität voneinander ab? Und falls ja, wie weit?

Stadtdirektor und Umweltdezernent Markus Bradtke sieht Bochum in Sachen Klimaschutz auf dem richtigen Weg – und auf jedenfalls in der Spitzengruppe von NRW. Schließlich habe die Stadt die eigentlich bis 2030 vorgegebene Halbierung des CO2-Ausstoßes bereits 2017 erreicht; wenn auch, wie er einräumt, zum Teil als Folge der Deindustrialisierung wie der Schließung des Outokumpu-Stahlwerks. Und die Maßnahmen zur weiteren Senkung gingen weiter.

O2-Ausstoß deutlich reduziert

Dazu gehöre auch eine Aufwertung der Klimaschutzes in der Verwaltung. Mittlerweile vier Mitarbeiter seien mit dem Thema beschäftigt. Klimaschutzmanager Frank Frisch bekleide eine direkt dem Umweltdezernenten zugeordnete Stabsstelle. Bradtke: „Klimaschutz hat in Bochum einen hohen Stellenwert“ – und das auch schon vor der 2019 verabschiedeten Resolution. Für die kommende Legislaturperiode kündigt der Umweltdezernent ein neues Konzept an, in dem die bisherigen Strategien für Klimaschutz und Klimaanpassung zusammengeführt werden sollen.

Lokales Handeln

Das Bochumer Klimaschutzbündnis ist ein seit September 2019 bestehender Zusammenschluss von Vereinen, Initiativen und Personen.

Ihr Ziel: „Wir wollen erreichen, dass der Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen auch in unserer Stadt erste Priorität eingeräumt wird, weil wir alle wissen, dass globales Denken lokales Handeln erfordert“, heißt es auf der Homepage www.bo.klima.de

Allerdings räumt er auch Defizite ein. Potenzial gebe es etwa bei der Nutzung von Photovoltaik. Die Dächer von Privateigentümern, Unternehmen und von städtischen Gebäuden könnten noch viel stärker zur Gewinnung von Sonnenenergie genutzt werden. Und: Die Kritik des Klimaschutzbündnisses, Daten und Maßnahmen würden nicht transparent dargestellt, sei zum Teil berechtigt.

Bündnis fordert leicht zugängliche Daten

Das Bündnis fordert etwa „leicht auffindbare grafische Darstellungen aller für den Klima- und Umweltschutz relevanten Parameter und ihrer zeitlichen Entwicklung seit ihrer Erfassung in Form von Charts, insbesondere für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen Bochums, die Entwicklung aller statistisch erfassten Flächentypen wie bebaute Flächen, Verkehrsflächen, Wälder, landwirtschaftliche Fläche und unversiegelte Bereiche, die Entwicklung der begrünten Dachflächen Bochums und etliches mehr. Bradtke: „Da müssen wir etwas tun.“ Denn: Es stünden bereits jetzt viel mehr Daten zur Verfügung als momentan auf der Internetseite der Städte zu finden sind. In nächster Zeit werde sich dies ändern. Handlungsbedarf gebe es auch in Sachen Mobilität und öffentlichem Nahverkehr.