Bochum-Werne. Trauriger Abschied: Nach 50 Jahren geben die Seiferts aus Bochum-Werne ihren Schrebergarten ab. Damit endet im Kleingartenverein eine Ära.

Ein paar Tage noch, dann ist es vorbei. Dann geben Annemarie und Erwin Seifert den Schlüssel ihrer Gartenlaube ab und verlassen die Parzelle. Für immer. Nach 50 Jahren. Damit geht im Kleingartenverein (KGV) Familienwohl in Bochum-Werne eine Ära zu Ende. Denn die Seiferts haben Spuren hinterlassen und das Vereinsleben geprägt.

Bochum: Ehepaar gibt ihren Schrebergarten ab – nach 50 Jahren

Erwin, inzwischen 83, war 20 Jahre lang Vorsitzender des KGV, vier Jahre „Vize“. Heute ist er Ehrenvorsitzender. Annemarie hat u.a. 1979 die Frauengruppe ins Leben gerufen. „Die besteht bis heute“, sagt die 79-Jährige stolz. Ostern wird immer am geschmückten Brunnen gefeiert. Ein Brauch, den die Seiferts aus dem Urlaub in Süddeutschland mit nach Werne gebracht haben. „Der Erwin hat immer die Osterkörbchen für die Kinder gebastelt und befüllt“, erzählt Annemarie Seifert.

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Jetzt müssen andere diese Aufgaben übernehmen. „Wir können nicht mehr, altersbedingt und gesundheitlich“, sagen die Seiferts, die vor kurzem ihre Diamantene Hochzeit (60 Jahre Ehe) gefeiert haben. „Und wir wollen den Garten ja auch nicht verkommen lassen.“ Also wurde verkauft.

Schrebergarten zu haben – junges Pärchen greift sofort zu

Ein junges Pärchen habe sofort zugegriffen und die Parzelle Nummer 19 übernommen, sagt der aktuelle Vorsitzende Frank Schörfke. 147 Gärten hat die Kleingartenanlage an der Lütge Heide zwischen Freibad Werne und Werner Feld. Zwischen 2500 und 8000 Euro müsse für eine Parzelle gezahlt werden, die jährlichen Folgekosten (Pacht, Versicherung) betragen 250 Euro.

Noch weitere Posten

Annemarie Seifert hat sich nicht nur in der Kleingartenanlage Familienwohl in Bochum-Werne einen Namen gemacht. Sie saß auch lange für die SPD im Rat der Stadt. Zuletzt fungierte sie noch als Kassiererin im SPD-Ortsverein Werne. „Diesen Posten habe ich vergangenes Jahr abgegeben.“

Und auch den Vorsitz beim Werner Treff wolle sie jetzt zur Verfügung stellen. Auch hier werde es Zeit, das andere übernehmen. Beim Werner Treff kommen einmal im Monat Vertreter von örtlichen Vereinen, Gruppen, Verbänden und Institutionen zum Austausch zusammen.

Der Andrang auf die Schrebergärten ist auch in Werne groß. „Auf unserer Warteliste finden sich 50 Namen“, sagt Schörfke. Hinter vielen stehen Familien mit Kindern. „Die machen inzwischen 30 Prozent unserer Mitglieder aus“, berichtet Schörfke. Die Zahl habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Das aktuell große Interesse sei ganz klar auf Corona zurückzuführen.

Auch die Seiferts hatten sich seiner Zeit für ihren Sohn einen Garten zugelegt. „Wir haben bis vor sieben Jahren am Werner Hellweg gewohnt, ohne Balkon. Da waren wir dann natürlich fast jeden Tag im Garten“, erzählt Annemarie Seifert. Der Sohnemann habe sich sauwohl gefühlt. „Den haben wir oft suchen müssen auf den Wegen und in den Gärten“, erinnert sie sich. „Doch hier ging noch nie jemand verloren.“

Eigentlich sollte der Sohn jetzt die Parzelle übernehmen. „Doch der wohnt in Dortmund-Eving, das ist zu weit weg“, sagt Annemarie Seifert, die sich einen Seitenhieb nicht verkneifen kann: „Der hat hinterm Haus ein Stück Rasen und schafft das noch nicht mal.“

Schrebergarten in Bochum: Hier sind viele Freundschaften entstanden

Einen Schrebergarten zu haben mache schon Arbeit. „Wir haben hier viel angebaut“, erzählt Erwin Seifert. Salat, Gurken, Kartoffeln.“ „Und Fiege“, ergänzt der zweite KGV-Vorsitzende Uwe Reuter. Denn gefeiert in der Familienwohl-Anlage auch viel. „Da sind über die Jahre viele Freundschaften entstanden“, sagt Annemarie Seifert.

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Wie gut der Zusammenhalt in der Anlage Familienwohl ist, zeigte sich vor elf Jahren. „Da ist unser Häuschen hier abgebrannt. Das war fürchterlich“, erinnert sich Erwin Seifert. „Doch da waren alle da, haben uns beim Abriss geholfen. Eine tolle Gemeinschaft.“ Und so will man den Kontakt auch nicht abreißen lassen. „Wir bleiben Mitglieder und werden gerne mal zu Besuch kommen“, sagen die Seiferts.

Auf Grün müssen sie auch künftig nicht verzichten. Seit ein paar Jahren wohnt das Ehepaar an der Straße Zum Kühl. Dritte Etage, mit Balkon und Blick Richtung Natur. „Da lässt es sich auch gut aushalten“, sagt Annemarie Seifert. Und es macht weniger Arbeit. Denn die werde sie am Garten am allerwenigsten vermissen.