Bochum. Ingolf Bach ist verzweifelt: Für seine schwerkranke Lebensgefährtin wird die Wohnung im dritten Stock zum Gefängnis. Ein Umzug ist schwierig.
Das „Gute-Laune-Radio“ im Internet war das große gemeinsame Hobby. Als „Partyoma“ und „DJ Ingolf“ unterhielten Ingolf Bach und seine Lebensgefährtin Martina Lühmann von Wattenscheid aus ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in ganz Deutschland. Schlager, Rock – auch der Musik-Geschmack einte das Paar seit 2018. Im Wohnzimmer hängen Autogrammkarten von Schlager-Sternchen. Erinnerungen an eine aufregende gemeinsame Zeit.
Nur drei Jahre nach dem Kennenlernen ist davon nicht viel übrig geblieben. Martina Lühmann ist seit einer Bandscheiben-Operation schwer krank. Der Rücken, die Psyche, Diabetes – 45 Tabletten täglich. Die 55-Jährige kann ihre Wohnung im dritten Stock kaum mehr verlasen. „Wir fühlen uns wie im Gefängnis“, sagt Ingolf Bach. Die Fenster im Wohnzimmer sind weit geöffnet. „So bekommt meine Lebensgefährtin wenigstens ein bisschen frische Luft.“ Draußen rattert die Straßenbahn vorbei. Die Sonne scheint.
Wohnung im dritten Stock: Mann schleppt seine Lebensgefährtin durchs Treppenhaus
Vor anderthalb Jahren – so erzählt es Ingolf Bach – war das Paar das letzte Mal gemeinsam einkaufen. Einmal im Monat verlassen beide die Wohnung, um den Hausarzt um die Ecke zu besuchen. Ein Kraftakt. Ingolf Bach schleppt dann seine 115 Kilo schwere Freundin das enge Treppenhaus hinunter bis zum Elektrorollstuhl in der Garage.
Der 57-Jährige macht sich große Sorgen: „Was ist, wenn es brennt?“ Beide wohnen eigentlich gerne in dem Haus an der Bochumer Straße in Wattenscheid. Und auch der Vermieter sei bemüht gewesen, ihnen zu helfen. Einen Treppenlift hätten sie einbauen dürfen, sogar ein Aufzug draußen am Haus wäre erlaubt gewesen.
Treppenlift und Aufzug im jetzigen Haus wären zu teuer
Das Problem: Zu teuer. „4000 Euro bekomme ich von der Pflegekasse, den Rest muss ich selber bezahlen.“ Beim Treppenlift – eine Sonderanfertigung wegen des engen Treppenhauses – wären es 12.000 Euro gewesen, beim Aufzug 36.000 Euro. Der Hartz-IV-Empfänger schüttelt ungläubig den Kopf: „Das hätte ich noch abbezahlt, da würde ich gar nicht mehr leben.“
Musik beim Internetradio
Unter www.dein-gute-laune-radio.de moderiert Ingolf Bach immer noch ab und an seine Musiksendungen. „Da blüht meine Lebensgefährtin noch richtig auf“, sagt er.
Mehr Informationen zum Radio, den Sendungen und seiner Musik gibt es im Netz.
Ingolf Bach sitzt am Küchentisch. Vor ihm ein dicker Aktenordner mit Arzt-Unterlagen. Seit Monaten beobachtet er, wie es seiner Freundin immer schlechter geht. Ihm ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. „Wir brauchen eine barrierefreie Wohnung im Erdgeschoss.“ Die Wohnung selber war schnell gefunden. In Gelsenkirchen an der Liebfrauenstraße liegt sie, hat einen kleinen Garten. Die Miete, die das Jobcenter bezahlt, ist sogar 60 Euro günstiger. Mit dem Vermieter ist man sich schon einig, doch ein Umzug ist dennoch nicht in Sicht.
Unterlagen an eine falsche E-Mail-Adresse geschickt
In seiner Verzweiflung schimpft Ingolf Bach auf das Jobcenter Gelsenkirchen. Dort liege sein Antrag zur Finanzierung der barrierefreien Wohnung seit vier Wochen. Der Vermieter halte die Wohnung in Gelsenkirchen frei. „Aber wie lange noch?“
Beim Jobcenter Gelsenkirchen wartet man derweil noch auf einen Nachweis über die Barrierefreiheit der Wohnung. „Herr Bach hat eine Mietbescheinigung bei uns eingereicht. Für die abschließende Bearbeitung fehlt uns nun noch der entscheidende Nachweis, dass die neue Wohnung tatsächlich barrierefrei ist“, sagt Susanne Auth, Sprecherin des Jobcenters Gelsenkirchen. Dieser Nachweis könne aber auch ganz formlos durch den Vermieter erfolgen, heißt es.
Ingolf Bach habe seine Unterlagen außerdem zunächst an eine falsche E-Mail-Adresse geschickt, auch das erkläre die Verzögerung. Und auch das Jobcenter Bochum benötige noch Unterlagen. Aus Gelsenkirchen aber gibt es bereits gute Nachricht für das Paar: „Aus unserer Sicht stünde nach Vorliegen dieses Nachweises einem Umzug in die neue Wohnung nichts entgegen.“