Bochum/Neuseeland. Weiter weg wär's kaum gegangen: Bochumerin Saskia Wohlgemuth lebt im 27-Flugstunden entfernten Neuseeland. Die Auswanderung war mehr als spontan.

Etwa 18.600 Kilometer von Bochum entfernt, im neuseeländischen Christchurch, hängt eine Garderobe an der Wand von Saskia Wohlgemuth, die die Skyline von Bochum hat. Wenn die 37-Jährige joggen geht, läuft auf ihrer Playlist Gröneymeyers "Bochum" und ihren Tee trinkt sie aus einer Tasse, auf der "Mein Pott" steht.

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Wohlgemuth ist nach Neuseeland ausgewandert. Und das kam so: "Ich war während meines Studiums bereits für ein sechsmonatiges Praktikum in einem Frühförderzentrum hier", sagt die Bochumerin. Damals studierte sie noch Rehabilitationspädagogik, wollte ein Praktikum "so weit weg wie möglich" machen.

Bochumerin wandert spontan nach Neuseeland aus

Nach dem Erststudium machte sie noch einen Bachelor in Sprache und Kommunikation. "Auch nach Abschluss meines Studiums ging ich noch mal reisen und lernte einen netten Nordiren kennen", sagt Wohlgemuth, die heute für das neuseeländische Jugendherbergswerk arbeitet.

Zurück in Bochum blieb der Kontakt nur noch über die sozialen Netzwerke bestehen. Bis der nette Nordire beschloss nach Neuseeland auszuwandern und eine Abschlussreise machte - auch mit Stopp in Deutschland. "Wir haben uns dann getroffen und verliebt", sagt die 37-Jährige, die einst in Bochum Tennis im THC im VfL Bochum spielte.

Bochumerin begeistert: Ski und Surfen an einem Tag

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Gerade einmal ein paar Wochen waren die beiden zusammen, da sagte sich Wohlgemuth: "Neuseeland hat mir auch gut gefallen, ich geh mit". Sie probierte es - erst für ein paar Wochen, dann dauerhaft. Seit 2011 lebt sie nun in Christchurch, die größte Stadt der neuseeländischen Südinsel.

"Manchmal muss ich mich noch kneifen, um zu realisieren, dass ich in einem Land mit so atemberaubender Natur lebe", sagt Wohlgemuth, die in Bochum-Linden aufgewachsen ist und dort die Astrid-Lindgren Grundschule und die Theodor-Körner-Schule besucht hat. In Teilen des Landes könne man morgens Skifahren und nachmittags Surfen gehen - an einem Tag.

Neuseeländische Klassiker

Wandern in den neuseeländischen Alpen, Boot fahren in den Marlborough Sounds oder Joggen in den Port Hills - Wohlgemuth ist noch immer fasziniert von ihrem neuen Zuhause. "Die Menschen sind nicht so direkt wie im Ruhrgebiet und reden manchmal um den heißen Brei herum", sagt Wohlgemuth. Es habe gedauert, bis sie neuseeländische Freunde gefunden hätte.

Bochumer Weltenbummler gründen Wanderfirma „Abora“ Bochumer Weltenbummler gründen Wanderfirma „Abora“Teile der Kultur seien gewöhnungsbedürftig gewesen: Klassiker wie Marmite (vegetarische Würzpaste), Hangi (im Boden gegartes Fleisch) und Mince Pies (gefülltes Gebäck) sind nicht zu Wohlgemuths neuen Lieblingen geworden.

Kiwi: Mehr als Nationalvogel in Neuseeland

Umso mehr liebt sie aber neuseeländische Schokolade und Hokey Pokey (Wabentoffee) und Kiwis mit goldenem Fruchtfleisch. "In Neuseeland ist Kiwi die Bezeichnung für das Obst, die Menschen und den Nationalvogel", erklärt Wohlgemuth.

Letzten habe sie aber noch nicht in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. "Das ist extrem selten", sagt sie. Dafür ist sie aber bereits Delfinen und Tuis begegnet. "In meiner Freizeit mache ich Trailrunning, Moutainbiking und jede Menge weitere Outdoor-Sportarten", sagt Wohlgemuth.

Vermisst Bochum Linden

Auch wenn sie deutsche Brezeln, das Weitmarer Holz und den Lindener Stadtkern vermisst - dauerhaft wieder zurückkommen wird sie wohl nicht. "Ich wüsste gar nicht, wo ich diese Aktivitäten so alle im Ruhrgebiet machen sollte", sagt sie.

Braucht jemand, der in einem solchen Traumland lebt, überhaupt noch Urlaub? "Ich reise schon noch", sagt Wohlgemuth und lacht. Zuletzt sei sie beispielsweise in Kanada gewesen. Und was sagt ihre Familie dazu, dass sie weiter weg kaum leben könnte? "Nachdem sie mich hier besucht haben, können sie verstehen, warum ich in Neuseeland leben möchte", sagt Wohlgemuth.

27 Stunden im Flieger

"Meine Auswanderung war ein Sprung ins kalte Wasser, der sich gelohnt hat", sagt Wohlgemuth rückblickend. Mit ihrem Partner ist sie immer noch zusammen. Neuseeland sei ihr neues Zuhause, Bochum bleibe ihre Heimat. Wer nach Neuseeland kommen möchte, dem empfiehlt sie mindestens einen Aufenthalt von vier Wochen.

Bochumer Schülerin bewirbt sich um Like-Stipendium Bochumer Schülerin bewirbt sich um Like-StipendiumDie etwa 27 Flugstunden lohnen sich aus Wohlgemuths Sicht aber definitiv. "Ich verbringe sie meistens damit, Filme zu gucken und mich auf den Zwischenstopp in Singapur zu freuen", sagt sie. Denn dort bietet der Flughafen einen eigenen Swimming Pool - noch besser als nur die Beine zu vertreten.

Schweres Erdbeben 2011 in Christchurch

Christchurch liegt in der Region Canterbury im Osten der Südinsel und zählt etwa 340.000 Einwohner.

Zu den Sehenswürdigkeiten von Christchurch zählen zum Beispiel eine restaurierte Straßenbahn, ein botanischer Garten von dem aus man eine Kahntour durch den Park machen kann und das "Arts Center" im alten Universitätsviertel.

2011 wurde Christchurch von einem schweren Erdbeben getroffen, die Innenstadt zu großen Teilen zerstört. Manche Sehenswürdigkeiten, darunter eine bekannte Kathedrale, konnten nicht gerettet werden. 2019 ereignete sich ein Terroranschlag auf zwei Moscheen.