Bochum. Bei Instagram, mit Film, Podcast und Homepage: Schüler des Neuen Gymnasiums Bochum haben spannende Projekte entwickelt. Das Ziel: erinnern.

„Das Stadtbad Bochum war von herausragender Bedeutung für die Bochumer Gesellschaft.“ Es ist einer der ersten Sätze, der auf der Homepage von Alexander Lueg (17) steht. Dem jungen Bochumer war das – wie wohl vielen anderen seiner Generation – gar nicht so bewusst. Für einen Geschichtswettbewerb tauchte der Elftklässler tief, sehr tief, in die Geschichte des Schwimmbades an der Massenbergstraße ein, das 1998 abgerissen wurde. Eines von drei spannenden Projekten der Erinnerungskultur, die in den vergangenen Monaten am Neuen Gymnasium Bochum (NGB) entstanden.

Das Stadtbad Bochum – mehr als nur ein Hallenbad, so lautet der Titel der Website. Es war Institution, machte Gesellschaft, verdeutlicht Alexander. „,Obwohl ich nicht schwimmen kann, war ich immer mit meinen Freundinnen im Stadtbad – in der Milchbar’, antwortete meine Oma auf die Frage, ob sie sich an das Stadtbad erinnern könne. Da wurde mir bewusst, wie wichtig das Stadtbad für die Bochumerinnen und Bochumern war“, erklärt der Schüler.

Norbert Lammert hat Bochumer Schüler bei Projekt unterstützt

Auch interessant

Doch nicht nur seine Oma hat ihre Erinnerungen geteilt, sondern auch prominente Personen wie zum Beispiel der ehemaliger Bundestagspräsident Norbert Lammert: „Ich habe im Bochumer Stadtbad schwimmen gelernt. Vergleichsweise spät und unter tatkräftiger Hilfe meines Freundes und Klassenkameraden“, berichtet der Bochumer.

Die Informationen, durch die Besucherinnen und Besucher der Homepage stöbern können, sind in drei Kategorien geteilt: „Das Wichtigste“, „Die Geschichte“ und „Das Persönliche“. In mühevoller Kleinarbeit hat Alexander Fakten und Informationen recherchiert, Erinnerungen gesammelt und mit zahlreichen Personen gesprochen. „Durch Corona war die Recherche anders, schwieriger, als zu normalen Zeiten“, sagt der Schüler.

Diese Schülerinnen und Schüler haben am Projekt teilgenommen: Niklas Dohndorf (vorne rechts) daneben Laura de Giorgio, in zweiter Reihe sitzen Alexander Lueg (l.) und daneben Jonathan Radkowski und hinten Rahel Schwarz. Unterstützt wurden sie von Maria Hägele und Nils Vollert, Koordinatoren für Erinnerungskultur am NGB. 
Diese Schülerinnen und Schüler haben am Projekt teilgenommen: Niklas Dohndorf (vorne rechts) daneben Laura de Giorgio, in zweiter Reihe sitzen Alexander Lueg (l.) und daneben Jonathan Radkowski und hinten Rahel Schwarz. Unterstützt wurden sie von Maria Hägele und Nils Vollert, Koordinatoren für Erinnerungskultur am NGB.  © Bochum | Neues Gymnasium

Geklappt hat es trotzdem. Aber wieso entscheidet sich ein 17-Jähriger dafür, eine Homepage über ein Schwimmbad zu entwerfen, das schon längst abgerissen war, als er geboren wurde? Das Thema entstand in Zusammenarbeit mit seinem Lehrer, der nachfragte, ob er nicht am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten mitmachen möchte. Alexander sagte ja, wie eigentlich immer bei solchen Projekten. Hinzu kommt: „Ich war selbst jahrelang Schwimmer, deswegen interessiert mich das mehr als zum Beispiel Basketball.“

Spannende Projekte der Erinnerungskultur am Neuen Gymnasium Bochum

Sein Projekt ist nicht das einzige, das Chancen hat, den Wettbewerb gegen Ende des Schuljahres zu gewinnen. Jonathan Radkowski und Niklas Dohndorf aus der 9a arbeiten derzeit an einem Podcast über Erich Gottschalk, Kapitän des vergessenen jüdischen Fußballmeisters von 1938 „Hakoah Bochum“.

„Er wurde 1944 nach Auschwitz deportiert, seine Frau und Tochter sind dort umgekommen, aber er hat bis überlebt“, berichtet Jonathan von den Recherchen, aus der ein Kurzfilm aus Beitrag für den Geschichtswettbewerb entstanden ist. Die beiden Schüler haben dafür auch mit dem Sohn von Gottschalks Schwager gesprochen. „Wir haben so viel ins Projekt investiert, dass wir es weiterführen wollen“, erklärt der Neuntklässler. Weil Gottschalk zuletzt in den Niederlanden lebte, lag die Kooperation mit der Partnerschule des NGB in Assen nahe, die Bochumer arbeiten nun zusammen mit zwei Schülern aus dem Nachbarland.

„Herausragende Leistung von Schülerinnen und Schülern“

Am Neuen Gymnasium ist man stolz auf Kreativität und Engagement der Schülerinnen und Schüler: „Diese herausragenden Leistungen von Schülerinnen und Schülern des NGB verdienen Aufmerksamkeit und Wertschätzung“, sagen Lehrer Nils Vollert und Lehrerin Maria Hägele, Koordinatoren für Erinnerungskultur.

Auch interessant

Letztere hat mit ihrem Hebräisch-Kurs einen Instagram-Account ins Leben gerufen, der mittlerweile mehr als 500 Personen erreicht. Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren ihre Auseinandersetzung mit dem historischen und gegenwärtigen Judentum in Bochum und in Deutschland. In Storys und Beiträgen erklären sie, was es bedeutet koscher zu essen oder stellen jüdische Familien vor.

Wissen aus dem Unterricht weitergeben – bei Instagram

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„In unserem Kurs ist kein einziger Schüler und keine einzige Schülerin jüdischen Glaubens, viele kennen keine Juden. Wir fanden es sehr interessant, viele Dinge zu lernen und das sollen andere Menschen auch können“, erklärt Laura de Giorgio (16), die zur Heinrich-von-Kleist-Schule geht, den Kurs aber am Neuen Gymnasium besucht – genauso wie weitere Schülerinnen und Schüler unter anderem von Goethe- oder Märkischer Schule.

Zu den Projekten

Die Homepage von Alexander Lueg ist unter diesem Link aufrufbar: www.mehr-als-nur-ein-hallenbad.de

Wer dem Account des Hebräisch-Kurses folgen möchte, kann das bei Instagram machen. Der Name lautet: @juedisches_leben

Der Account @juedisches_leben ging Anfang 2020 bei Instagram an den Start – mittlerweile kümmern sich noch fünf Schülerinnen und Schüler des elften Jahrgangs um ihn. „Wir schauen, welche Inhalte uns interessieren, welche Inhalte wir gut rüberbringen können“, sagt Schülerin Rahel Schwarz (17) von der Schiller-Schule. Laura ergänzt: „Wir haben festgestellt, dass unsere Themen gut ankommen, wir eine gute Reichweite haben.“ Deswegen machen sie weiter, bald wohl auch mit Unterstützung des nächsten Jahrgangs.