Bochum. Werden in Bochum zu viele Bäume gefällt? Die Stadt liefert Zahlen, wie sich der Bestand entwickelt hat und welche Bäume besonders gefährdet sind.
„Bürger sauer: Viele große Bäume gefällt“, „Kritik am Kahlschlag für Neubau einer Aldi-Filiale“ oder „Politiker kritisieren zu schnelles Baumfällen in Bochum“: Nur wenige Themen erhitzen die Gemüter der Menschen in Bochum so wie dieses. Immer wieder wird der Stadt vorgeworfen, dass zu viele Bäume gefällt werden. Doch wie steht es um die Bäume in unserer Stadt, in der vor fast zwei Jahren der Klimanotstand ausgerufen wurde? Eine Übersicht – als Teil zwei unserer Serie „Der WAZ-Umwelt-Check“.
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Wir haben die Stadt gefragt, wie viele Bäume in den vergangenen Jahren gefällt und wie viele dafür neu gepflanzt wurden. Das Ergebnis: Wurden 2016 und 2017 nur knapp über 400 Bäume neu gepflanzt, waren es in den vergangenen beiden Jahren 1200 und 1100. Der Großteil davon in Parks, an Grünanlagen als Straßenbäume und -begleitgrün. Aber auch an Kitas und Schulen wurde nachgepflanzt – besonders im Jahr 2019.
Stadt Bochum pflanzt deutlich mehr Bäume nach
Zahlen der Jahre vor 2016 konnte die Stadt Bochum nicht nennen – wahrscheinlich ist aber: Auch in den Jahren davor wurde wohl nicht so viel nachgepflanzt wie in jüngster Vergangenheit. Darauf deuten die städtischen Mittel hin, die zuletzt für Ersatzpflanzungen im Haushalt vorgesehen waren. Lagen diese bis 2018 bei 20.000 Euro, wurden sie daraufhin deutlich vervielfacht: auf eine Million Euro pro Jahr. Eine Konsequenz aus dem Beschluss des Stadtbaumkonzeptes als Teil der Bochum-Strategie.
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Doch trotzdem: Pro Jahr werden in Bochum weiterhin viele Bäume gefällt, immer wieder ärgern sich Anwohnerinnen und Anwohner über kahle Stellen, wo vorher große Gewächse in die Höhe rankten. Waren es 2016 573, sank der Wert 2020 auf 249, lag aber 2019 beispielsweise bei 432 gefällten Bäumen.
Bäume in Bochum werden wegen Bauvorhaben gefällt
Ein Beispiel ist das Schulzentrum in Gerthe, wo insgesamt 177 Bäume gefällt werden und wurden – zugunsten eines Neu- und Ersatzbaus. Gute und gesunde Bäume mussten weichen. „Wie können Kommunalpolitiker das nur verantworten? Wir, die Bewohner vor Ort, sind einfach nur fassungslos, traurig und erbost“, war die Reaktion eines Anwohners.
Anwohner wundern sich über Fällungen in Brutschutzzeit 80 Prozent der Bäume in Bochum seien inzwischen krank, kritisierte Umweltaktivist Ingo Franke beim WAZ-Klimagipfel im März 2020. Doch ist dem so? „Eine genaue Anzahl der erkrankten Bäume kann nicht genau beziffert werden“, heißt es weiter in der Antwort der Stadt auf unsere Anfrage. Große Sorgen mache sich das Umwelt- und Grünflächenamt um die Eschen (Eschentriebsterben), die Kastanien (Pseudomonas-Rindenerkrankung) und den Bergahorn (Rußrindenkrankheit).
Baumschäden durch heiße Sommer
Bei letzterer Art „wird in einem intensiven Monitoring der Stand der Erkrankung eingeschätzt“, so der städtische Baum-Manager Marcus Kamplade. Grundsätzlich werde immer versucht, die Bäume so lange wie möglich zu erhalten und durch gezielte Baumpflegemaßnahmen die Lebensdauer zu verlängern. Bei den anderen beiden Baumarten seien solche Maßnahmen leider nicht möglich.
Bäume in Bochum
Zurzeit stehen 32.886 Bäume an Bochums Straßen, der Stadtwald nicht mit einberechnet.
Viele Informationen zu Bäumen und Wald in Bochum liefert das Baumfäll- und Baumpflanzkataster der Stadt Bochum: www.bochum.de/Umwelt--und-Gruenflaechenamt/Baumfaell--und-Baumpflanzkataster
Anfang Juni veranstaltet unsere Redaktion erneut einen Klimagipfel. Anlässlich des Stichtages zwei Jahre Klimanotstand sprechen wir mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt, Vereinen und Initiativen. Haben Sie Fragen? Schicken Sie uns diese gerne vorab an redaktion.bochum@waz.de unter dem Stichwort „WAZ Klimagipfel“.
Bedenklich sind auch die Schäden an Bäumen, die durch Hitze in den vergangenen Sommern entstanden sind, wie zum Beispiel bei der Buche oder auch der Birke. „Hier sind bereits Kronenschäden zu verzeichnen“, alarmiert Kamplade. Doch: Eine Baumfällung werde nur als letztes Mittel angesehen.
Stadt Bochum schafft Ausgleich für Baumfällungen
„Mitte des Jahreshunderts wird die Innenstadt im Sommer wegen der großen Hitze unbewohnbar sein“, befürchten Umweltschützer. Wie es künftig in Zahlen um den Baumbestand in Bochum steht, lässt sich nicht genau sagen. Dass junge Bäume viele Jahre brauchen, um die Klimabilanz gefällter Bäume zu erreichen, stimmt. „Aber wir versuchen, da einen Ausgleich hinzubekommen. Deshalb pflanzen wir auch entsprechend große Bäume“, so Kamplade.