Bochum. 1,4 Millionen Euro Steuern aus dem Glücksspiel weniger hat Bochum im Vorjahr eingenommen. Nun will die Stadt auch eine Wettbürosteuer einführen.

Eine neue Geldquelle will die Stadt Bochum erschließen. Durch sie „sollen zusätzliche Einnahmen für den Haushalt erzielt werden“, heißt es. Kritiker sprechen von der Anmutung eines Tigers, der sich am Ende als Bettvorleger erweisen könne. Fakt ist: Der erwartete Ertrag ist deutlich geringer als der aus der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte und Unterhaltungsautomaten. Doch deren Umfang sinkt.

Wettbürosteuer sei „Selbstbeschäftigung der Verwaltung“

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250.000 Euro erwartet die Stadt etwa aus der neuen Steuer. Mehr als die Hälfte davon würde durch Kosten für zwei noch zu schaffende Stellen reduziert werden, so das am Ende etwa 100.000 Euro in den Haushalt fließen würden. Aufwand und Ertrag stehen nach Ansicht der FDP-Fraktion im Rat in keinem Verhältnis zueinander, Fraktionschef Felix Haltt moniert, die Wettbürosteuer würde „vor allem zur Selbstbeschäftigung der Verwaltung führen.“ Ganz abgesehen davon sei die Rechtslage momentan noch höchst unsicher.

„Bei der Einführung einer Wettbürosteuer ist eine Klage gegen die Wettbürosteuersatzung nicht ausgeschlossen“, räumt die Verwaltung ein. Derzeit seien deutschlandweit einige Klageverfahren gegen die Satzungen diverser Kommunen anhängig. Noch in diesem Jahr wird mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgericht gerechnet. Dabei geht es um eine generelle Aussage zur Zulässigkeit der Wettbürosteuer und ihrer Bemessungsgrundlage.

Geschätzter Umsatz in Wettbüros von 8,3 Millionen Euro

So wie in vielen anderen Städten auch ist vorgesehen, drei Prozent des Bruttowetteinsatzes zu erheben. Aus den Umsätzen der derzeit etwa 20 Wettbüros in der Stadt ergibt sich eine Einnahme von 250.000 Euro – was bedeuten würde, dass der jährliche Wetteinsatz ohne Onlinewetten bei etwa 8,3 Millionen Euro liegt.

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Zum Vergleich: Essen hat 2019 von 40 Büros 890.000 Euro erhalten. In Dortmund waren es 700.000 Euro (40 Büros), in Gelsenkirchen 420.000 Euro (26). In Bochum würden mehr als 60 Prozent der Einnahmen „vom Aufwand gleich wieder aufgefressen“, moniert FDP-Fraktionschef Haltt. Damit stünde die Stadt auch im Vergleich mit anderen Kommune nicht gut da.

FDP: Spieler wandern ins Internet ab

Und: Es heiße zwar, durch die neue Steuer würden auch ordnungs- und sozialpolitische Ziele verfolgt werden. Davon, so die Kritiker, könne aber keine Rede sein. „In der Verwaltungsvorlage steht ja unverblümt, dass es primär um die Erzielung von Einnahmen geht“, so Haltt. Wenn man Wettbüros stärker zurückdränge, bestehe die Gefahr, dass Spieler ihre Wetten ins Internet verlagern. Und dort könne erst recht nicht von einer sozialen Kontrolle die Rede sein.

Steuereinnahmen aus Glücksspiel sinken um 1,4 Millionen Euro

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Die Wettbürosteuer ist neu in Bochum. Schon lange wird aber eine Glücksspielsteuer erhoben. Durch sie hat die Stadt im vergangenen Jahr 3,8 Millionen Euro eingenommen – 1,4 Millionen Euro weniger als kalkuliert. Für das laufende Jahr rechnet die Kämmerei angesichts der weiterhin geltenden Öffnungsbeschränkungen in der Corona-Pandemie sogar nur mit Steuereinnahmen in Höhe von 3,18 Millionen Euro.

Für 76 Spielhallen gibt es momentan eine Lizenz (Stand Mai). In ihnen sind 659 Spielgeräte aufgestellt (Stand Januar). Besteuert werden außerdem die Umsätze an 196 Spielgeräten, die an anderen Orten stehen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr gab es 72 Spielhallen und 873 Geräte, 671 davon standen in Spielhallen. Im Jahr 2017 wurde der Umsatz an 882 Geräten mit 6,2 Millionen Euro besteuert.

Rechtsstreit noch in zwei Fällen

Noch immer laufen Rechtsstreitigkeiten zwischen Stadt und Spielhallenbetreibern vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. In einem Fall geht es um eine „Verpflichtungsklage auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis“, in einem anderen Fall klagt ein Mitbewerber gegen die Betriebserlaubnis eines Konkurrenten. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielvertrages zum 1. Dezember 2017 hatten die Betreiber neue Genehmigungen beantragen müssen. Bis dahin hatte es in Bochum 81 Spielhallen an 50 Standorten gegeben.