Bochum. Handwerker und Händler in Bochum sind alarmiert. Holz wird knapp und teuer. Bis zu 300 Prozent betragen die Preissteigerungen.
Das hat Armin Gaidt überhaupt noch nicht erlebt. Seit 1977 stellt er in seinem Betrieb an der Dorstener Straße in Bochum-Hofstede hochwertige Blockhäuser her, in der Branche gehört er zu den Marktführern. „Aber so eine Situation wie jetzt hatten wir noch nie“, sagt der Unternehmer. Das Holz wird knapp.
Und das bekommen viele Unternehmen und Kunden zu spüren. Von einer „katastrophalen Situation“ ist beim Innungsverband des Zimmerer-und Holzbaugewerbes Westfalen die Rede. Und diese „belastet extrem das Geschäft“, wie Michael Flügge, Geschäftsführer der Bochumer Holzbau Schindler GmbH in Hamme und stellvertretender Obermeister der Zimmerei-Innung, sagt. Binnen eines Jahres habe sich der Preis für einen Kubikmeter Holz verdoppelt.
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Blockhaus-Hersteller ist ratlos
Das wird teuer für die Kunden. Wenn ihr Auftrag überhaupt erledigt werden kann. Denn auch andere Gewerke im Bauhauptgewerbe leiden unter der Holzknappheit. „Die Dachdecker bekommen überhaupt keine Dachlatten mehr“, so Flügge. Ein Mangel, den auch Blockhaus-Hersteller Armin Gaidt längst spürt, ein Teil seiner Häuser werden mit Ziegeln gedeckt. Damit nicht genug. „Auch Spanplatten, aus denen unsere Böden gefertigt werden, sind schwer zu bekommen.“
Zwei Blockhäuser verlassen in der Regel jede Woche die Produktionshalle an der Dorstener Straße. Ob dieses Pensum zu halten ist, hängt derzeit von vielen Faktoren ab. Der Preis spielt dabei eine große Rolle. „Seit Anfang des Jahres ist der Preis für Holzbohlen um 15 Prozent gestiegen“, so Gaidt. Einer seiner Lieferanten habe ihm zwar jetzt sieben Sattelzüge Holz zugesichert. Den Preis dafür kenne er aber noch nicht. Das Geschäft, das er schon so lange betreibt, ist derzeit eines mit vielen Unbekannten. „Ich weiß noch gar nicht wie ich damit umgehen soll“, gesteht der Unternehmer.
Betriebe versuchen ihre Lage zu füllen
Zimmerer Michael Flügge hat so gut es geht vorgesorgt. „Wir haben unser Lager vollgemacht.“ Das hält für einige Zeit vor. „Aber an Ausschreibungen für Aufträge im Dezember oder Januar nehmen wir erst gar nicht teil.“ Zu unkalkulierbar seien Kosten und Verfügbarkeit von Material.
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Raimund Weinand weiß, was das bedeutet. 300 Prozent mehr hat er zuletzt für Dachlatten bezahlt. „Es ist wirklich schlimm“, sagt der Dachdecker und Innungsmeister. Über schlechte Geschäfte kann er sich gar nicht beklagen. „Die Leute bleiben zu Hause, lassen ihre Häuser und Gärten schön machen. Dachdecker und Gärtner sind die Gewinner der Corona-Pandemie.“ Allein die Dachdecker in Deutschland haben nach Angaben des Bundesverbandes im vergangenen Jahr gut eine halbe Milliarden Euro mehr umgesetzt.
Hohe Preise und lange Wartezeiten
Allerdings: Da seit Anfang des Jahres die Preise massiv anziehen, fürchtet Weinand schwerwiegende Folgen. „Einige Unternehmen werden pausieren müssen.“ Aus Mangel an Material. Er selbst habe sein Lager vollgemacht. „Aber Mitte des Jahres haben wir nichts mehr.“ Mitunter müssten Auftraggeber ihre Projekte nach hinten schieben. „Wir sind ja nicht die einzigen, die betroffen sind. Zimmereien, Schreiner, Dachdecker. Es trifft ja viele.“
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Wer etwa sein Dach begrünen lassen will, der muss sich womöglich auf längere Wartezeiten einstellen. Denn für die Produktion der dafür geeignete Dämmbahnen fehlen einem der großen Hersteller ein Teil der Rohstoffe. „Das alles wird noch schwerwiegende Auswirkungen haben“, befürchtet der Dachdecker-Meister.
Handwerk, Händler und Kunden sind betroffen
Zimmerer Michael Flügge ist nicht ganz so skeptisch. „Das ist eben der Markt. In einem halben oder einem Jahr ändert sich das auch wieder.“ Bis dahin allerdings können sich offenbar Händler, Handwerker und Kunden gleichermaßen auf große Herausforderungen einstellen.
Ökologische Aspekte berücksichtigen
Unwetter und Umwelteinflüsse haben in den vergangenen Jahren erst für hohe Überkapazitäten und niedrige Preis gesorgt, so das nach Auskunft der Holzwirtschaft im Vorjahr wenig frisches Holz geschlagen wurde. Und nun, da die Nachfrage vor allem aus China und USA extrem hoch ist, verkaufen Sägewerk das Holz lieber nach Übersee, so sie 95 statt 70 Euro für den Festmeter erlösen.
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Aus Sicht der Obermeister Michael Flügge und Raimund Weinand ist das aber nur ein Teil der Geschichte. Zu wenig werde der ökologische Aspekt der Rohstoffknappheit beachtet. Dass Holz über weite Strecken transportiert und so immense Emissionen verursacht werden, sei schwer zu nachzuvollziehen vor dem Hintergrund des Ziels, dass in Deutschland ökologischer gebaut und die Emissionen reduziert werden sollen.
52 Prozent des Waldes gehören Bund, Ländern und Gemeinden
Zumal: „50 Prozent der Wälder in Deutschland gehören der öffentlichen Hand wie Bund und Ländern. Sie könnten verhindern, dass ihr Holz nach Übersee exportiert wird.“ Nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums besitzen private Eigentümer 48 Prozent des Waldes in Deutschland. 29 Prozent sind in Besitz der Länder, 19 Prozent von Städten und Gemeinden und vier Prozent hält der Bund.