Bochum. Das Naturschutzgebiet „Tippelsberg/Berger Mühle“ liegt unmittelbar an der A 43. Allerdings bietet es sehr viel Ursprünglichkeit. Und es ist groß.
Nirgends sonst in der ganzen Stadt prallen Großstadtkrach und Naturidylle so unmittelbar aufeinander wie am Naturschutzgebiet (NSG) „Tippelsberg/Berger Mühle“. Wer durch den Wald spaziert, muss je nach Standort den brutalen Lärm der Autos ertragen, die nur wenige Meter entfernt über die A 43 donnern.
Und wer im Auto sitzt, blickt seitlich auf weit über 100 Jahre alte Bestände von Rotbuchen, Eichen, Erlen und Eschen, auf Reste der vorindustriellen Ruhrlandschaft.
Viele Erholungssuchende haben sich an das Autobahnrauschen gewöhnt; sie lieben es trotzdem, durch Bochums 53 Hektar großes und damit weitläufigstes NSG zu spazieren.
Schließlich bietet dieser uralte Wald mit seinen Hängen, blühenden Nasswiesen, Teichen, Wasservögeln und vielen kleinen Nebentälern mehr Vielfalt und Ursprünglichkeit als die meisten Sauerlandwälder mit ihren monotonen Nadelbaum-Plantagen.
Volksmund spricht vom „Zillertal“
Der Volksmund sagt zu dem NSG im Stadtteil Bergen nur „Zillertal“, weil vor langer Zeit einmal ein Gasthaus dort so hieß. Der offizielle Name „Tippelsberg/Berger Mühle“ stimmt aber eigentlich auch nicht, weil beide bekannte Örtlichkeiten gar nicht im NSG stehen, sondern nur haarscharf an seinem Rand. Sei’s drum.
Lebensader dieses Gebiets ist der Dorneburger Mühlenbach. Der Name „Dorneburg“ stammt von einem Herner Rittersitz mit einer Mühle. Und was für ein Bach das ist! Anders als die meisten Bäche trocknet er nicht aus, weil hier „die am besten erhaltenen Quellen im ganzen Stadtgebiet sprudeln“, wie Richard Köhler von der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet sagt. „Die Sumpf- und Quellgebiete sind das Wertvollste dieses Naturschutzgebietes.“ Das Echte Mädesüß wächst dort etwa, eine weiß blühende Hochstaude.
Dann gibt es aber noch etwas anderes ganz Besonderes: „Das ist für mich der Riesenschachtelhalm“, sagt Katja Hüntemann von der Unteren Naturschutzbehörde. Diese bis zu 1,5 Meter hohen Pflanzen sind ein Gruß aus der Steinkohlenzeit, eine hier äußerst seltene Urzeitpflanze, ein lebendes Fossil.
„In dieser Ausdehnung ist das in Bochum einmalig“, sagt die Naturkennerin. Dass der Riesenschachtelhalm in dem kleinen feuchten Landstrich so zahlreich wächst, hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Gebiet vor 22 Jahren überhaupt unter Naturschutz gestellt worden ist.
Neuer Naturpfad mit 14 Info-Schildern
Seit wenigen Tagen ist dieser Altwald ganz besonders verlockend. Wenn der Wind milde in die Baumkronen hinein weht, kann der Spaziergänger andächtig beobachten, wie vor dem Hintergrund eines blauen Himmels Tausende rote, gelbe und bräunliche Blätter verspielt zu Boden trudeln.
Die Biologische Station hat unlängst einen „Naturpfad“ durch dieses NSG angelegt. Unter dem Symbol eines Fuchses führen 14 kleine Schilder durch ein Wegesystem, auch auf den Tippelsberg. Auf den Schildern sind QR-Codes angebracht, die der Waldbesucher mit seinem Smartphone aktivieren kann und so direkt vor Ort nützliche Informationen zu den Pflanzen und Tieren erhält.
>>> INFO: Seltene Röhrichtbestände am Ufer
- Ein Merkmal dieses NSG sind auch die großen, hier seltenen Röhricht-Bestände am Ufer der Stemberger Teichen: große, schilfartige Pflanzen wie zum Beispiel Schilfrohr.
- Wer den Naturpfad von Beginn an entlanglaufen möchte, startet am besten an der Kreuzung Stembergstraße/Zitteltalstraße in Riemke. Dort steht eine Schautafel mit Broschüren in einer Box.