Bochum/Island. Andrea Karrasch verliebte sich auf einer Reise in Land und Leute: Heute lebt die einstige Bochumerin in Island und erlebt die Tücken der Sprache.

Ausgewandert ist Bochumerin Andrea Karrasch eigentlich zwei Mal: Einmal 1998 und dann noch einmal 20 Jahre später. Verschlug es sie zunächst innerhalb Deutschlands 520 Kilometer weit bis nach Wilsdruff nahe Dresden, verließ sie 2018 ihr Heimatland und brach in ein noch viel größeres Abenteuer auf: Sie wanderte nach Island aus. „Beide Male war die Sprache ganz schön gewöhnungsbedürftig“, sagt die 53-Jährige, die in Weitmar aufgewachsen ist und an der Graf-Engelbert-Schule ihr Abitur machte.

Auch interessant

Als Karrasch am ersten Abend in Sachsen in einer Pizzeria saß und Gespräche am Nachbartisch nicht folgen konnte, da fühlte sie sich wie im Ausland: „Ich habe einen Schreck bekommen und gedacht, ich hätte das Geldwechseln vergessen“, erinnert sie sich. War damals ein neuer Job in der Orthopädietechnik der Grund für ihren Wegzug, verhielt es sich bei ihrer Auswanderung nach Island ganz anders: Da ging es mit einer Fernsehdoku über den Inselstaat los.

Bochumer Auswanderin ist begeistert von Islands Natur

Wasserfälle, Vulkane, grüne Landschaft, Gletscher, jede Menge Schafe und Pferde – das machte Lust auf mehr. „Ich war dann 2004 zum ersten Mal mit einer Reisegruppe dort“, sagt Karrasch, die in Bochum gerne im Wiesental und im dortigen Schwimmbad „Blau-Weiß“ unterwegs war. Alle fünf Meter habe sie auf ihrer Reise einen Fotostopp einlegen wollen, sei aus dem Staunen gar nicht mehr herausgekommen.

Bochumerin Andrea Karrasch liebt die isländische Natur. 2018 entschied sie sich, in das Land im Nordwesten Europas auszuwandern.
Bochumerin Andrea Karrasch liebt die isländische Natur. 2018 entschied sie sich, in das Land im Nordwesten Europas auszuwandern. © Andrea Karrasch

„Die isländische Natur ist faszinierend und wahnsinnig vielfältig. Manchmal sieht es aus, als wäre man auf dem Mond, dann wie in Italien“, beschreibt Karrasch. Kein Wunder also, dass auf die Reise viele weitere Besuche in Island folgten. Bis auf einen Abstecher nach Spitzbergen (Norwegen) besuchte Karrasch ihre neue Liebe jährlich. Doch wie das mit Fernbeziehungen meist ist – irgendwann will man gemeinsam sesshaft werden. In einem Winterurlaub eröffnete Karrasch ihren in Island bereits gewonnenen Freunden deshalb: Ich möchte bleiben. Dauerhaft.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Bochum verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter für Bochum abonnieren. +++

Herausforderung: Isländisch lernen

„Sie haben mir durch ein kurzes Telefonat ein Vorstellungsgespräch organisiert und kurz darauf hatte ich einen neuen Job“, sagt die gelernte Orthopädiemechanikerin und Bandagistenmeisterin, die heute in der Hauptstadt Reykjavik wohnt. Eigentlich war die Auswanderung entgegen ihrer Prinzipien: „Ich habe immer gesagt: Wenn ich mal auswandere, dann lerne ich vorher die Sprache“, sagt Karrasch. Bei der Hals-über-Kopf-Entscheidung sei dafür aber keine Zeit geblieben. Zu „Sächseln“ hatte Karrasch damals nie versucht – an das Isländische hat sie sich aber inzwischen herangewagt.

Auch interessant

Nach einem Sprachkurs haben ihr dabei hauptsächlich die Isländer selbst geholfen. „Man kommt zwar auch mit Englisch weit, aber mit meinen Kollegen spreche ich inzwischen isländisch“, sagt Karrasch, die auch weiterhin im Bereich der Orthopädietechnik arbeitet. Dabei würde ihr immer wieder Mut gemacht – eine Eigenschaft, die sie neben dem schrägen und schwarzen Humor besonders an den Isländern schätzt.

Bücher von Frank Goosen in isländischer Wohnung

„Es sind sehr liebevolle Menschen und der Humor ist auch nie verletzend“, sagt Karrasch, die leidenschaftlich Kurzgeschichten schreibt. Steine, Schnee, Kälte – all das müsse man für eine Auswanderung nach Island lieben. Auch eine Vorliebe für Fisch bringe Vorteile. „Ich esse besonders gerne Weißfisch mit Kartoffelbrei und Zwiebeln“, sagt die einstige Bochumerin, die Bücher von Frank Goosen in ihrer isländischen Wohnung an ihre Wurzeln im Ruhrpott erinnern. Warum eine Deutsche nach Island auswandert – das kann in ihrer neuen Heimat niemand verstehen. „Die Isländer leben selbst gerne im Ausland, deshalb sind sie immer sehr erstaunt über meine Geschichte“, sagt Karrasch, die bis zu zweimal jährlich nach Bochum kommt.

Island – der Inselstaat im Nordwesten Europas

Island ist ein dünn besiedelter Inselstaat und liegt im Nordwesten Europas. Nach dem Vereinigten Königreich ist das Land flächenmäßig der zweitgrößte Inselstaat Europas.

Island hat rund 357.000 Einwohner – weniger als Bochum (365.000)! Über 60 Prozent der Bevölkerung lebt in der Hauptstadtregion Reykjavik.

Hinsichtlich des Lebensstandards zählt Island international zu den Spitzenreitern.

Auch wenn Island ihre Wahlheimat ist, manches aus Bochum vermisst sie doch: „Zum Beispiel die Bimbo-Box, die früher bei Kortum in der Spielwarenabteilung stand oder typisch deutsche Weihnachtsmärkte mit Glühweinständen“, sagt Karrasch. Denn in Island dürfe Alkohol nur in bestimmten Läden verkauft werden. Und auch eine richtige Currywurst fehlt ihr. „Außerhalb Bochums gelingt zwar manchmal die Bratwurst, aber dann hapert es an der Sauce“, sagt sie. Wer Karrasch also in Island besucht: Currywurst mitbringen nicht vergessen!

In unserer Übersicht finden Sie alle Folgen der Serie „Bochumer aus aller Welt“: Klicken Sie hier.