Bochum/USA. Harald Cordes verliebte sich in eine Amerikanerin und wanderte in die USA aus. Er feierte Weihnachten schon im Weißen Haus, mit Barack Obama.

Dass er einmal in die USA auswandern würde, das hätte Harald Cordes noch zu Beginn seines Studiums nie geglaubt. Da war er kurz zuvor noch mit einem Pfadfinder-Kollegen aus St. Johannes in Wiemelhausen für sechs Wochen in den Staaten gewesen und hatte von der angeblichen Freiheit keine Spur gefühlt. „Mit 18 ist man in den USA noch nicht volljährig und so konnten wir mit einem Milchshake bei McDonalds sitzen, aber nicht in Bars gehen oder mit Kreditkarte bezahlen“, erinnert sich der heute 52-Jährige.

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© funkegrafik nrw | Denise Ohms

Doch das Schicksal spielte anders: „Ein Freund hat mich zu seiner Hochzeit in die USA eingeladen, ich war best man, also Trauzeuge“, sagt Cordes. Und die Brautjungfer, genannt bridesmaid, war Nancy Weiner – seine künftige Frau. Und so kam es, dass Cordes erst eine Amerikanerin und später das Land lieben lernte. „Wir haben zweieinhalb Jahre eine Fernbeziehung geführt“, sagt Cordes, der in Wiemelhausen aufwuchs und an der Erich-Kästner-Schule sein Abitur machte.

Bochumer ist kein Unbekannter in den USA

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„Nach dem Bauingenieur-Studium an der Ruhr-Universität habe ich ein Referendariat bei der Baubehörde in Hamburg gemacht“, erklärt Cordes, der auch jahrelang als Bauingenieur für das Bochumer Ingenieurbüro Maidl und im niederländischen Rotterdam arbeitete. Doch mit der Partnerin in den USA ließ sich Cordes nach seinem Staatsexamen als Beamter für sechs Jahre beurlauben und verließ Deutschland. Zwar hatte er durch die Stelle als Baurat in Hamburg noch immer ein Art Rückfahrticket – gebraucht hat Cordes es aber nicht.

Bochumer Harald Cordes ist in die USA ausgewandert. Mit seiner Frau und den beiden Kindern Lila und Noah lebt er in Washington.
Bochumer Harald Cordes ist in die USA ausgewandert. Mit seiner Frau und den beiden Kindern Lila und Noah lebt er in Washington. © Harald Cordes | Harald Cordes

Denn da war längst ein Haus in Washington gekauft, die Tochter Lila und der Sohn Noah waren geboren. „Ich habe dann elf Jahre in New York für ein großes amerikanisches Ingenieurbüro gearbeitet“, erzählt der ehemalige Bochumer. In den Staaten ist Cordes kein Unbekannter: Große Bauprojekte – etwa eine Eisenbahnstation unter dem Grand Central Terminal – liefen unter seiner Aufsicht. Auch seine Ehefrau Nancy Cordes hat es zu Bekanntheit gebracht: Sie ist Chef-Korrespondentin des Weißen Hauses für den Nachrichtensender „CBS“.

Bochumer Auswanderer feierte Weihnachten mit Barack Obama

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„Wir waren deshalb schon mehrfach auf Weihnachtsfeiern im Weißen Haus und haben Familienfotos mit den Obamas gemacht“, so Cordes. Fühlt er sich trotzdem noch als Bochumer? „Volle Kanne“, sagt er und berichtet vom Zivildienst im Haus am Glockengarten und Abenden im Intershop und Café Sachs. „Bochum ist für mich auch der VfL. Ich war oft im Stadion und hatte eine Dauerkarte“, sagt Cordes. Damals spielte der VfL noch in der ersten Bundesliga, nahm am UEFA-Cup teil. „Mein Herz hängt trotzdem noch am VfL und ich verfolge stets, wie es ihm geht“, sagt Cordes.

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Etwa zweimal jährlich besucht er seine Heimatstadt noch – schaut bei Familie, Bekannten und an der Dönninghaus-Bude vorbei und trinkt ein Fiege Pils. Dauerhaft nach Bochum zurückzukommen, das war aber nie eine realistische Option. „Meine Kinder sind in den USA geboren und gehen hier mit ihren Freunden zur Schule. Außerdem spricht meine Frau als Journalistin nicht gut genug Deutsch, um in Deutschland arbeiten zu können“, erklärt Cordes.

Sprung ins kalte Wasser

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Teile seiner Pension in Deutschland zu verbringen – das kann er sich trotzdem vorstellen. „Die USA sind aber viel weitläufiger und es gibt durch die Größe des Landes viel mehr Möglichkeiten“, sagt der Emigrant. Auch die internationale Arbeitsatmosphäre in Washington, wo der Bauingenieur mittlerweile arbeitet, gefällt ihm. Leicht war der Start aber dennoch nicht: „Es war ein Sprung ins kalte Wasser. In New York arbeiten viele mehr als 40 Stunden in der Woche, und anstatt 30 Urlaubstagen und zusätzlichen Feiertagen hatte ich plötzlich nur noch 14 Tage Urlaub“, so Cordes.

Auch das Zurücklassen der Eltern und des durch Schulzeit und Studium aufgebauten Freundeskreises fiel schwer. Doch der neue Freundeskreis durch die Kinder macht es ihm leicht, ebenso das Ferienhaus an der Chesapeake Bay. Eine Stunde Fahrzeit entfernt gibt es dort Natur pur mit Fischen, Adlern und Schildkröten zu Bestaunen. Und die Liebe – sie ist eben nach Amerika gefallen.

Alle Teile unserer Auswander-Serie "Bochumer in aller Welt" lesen Sie hier.