Bochum/Witten. Die neue Straßenbahnlinie 310 zwischen Bochum und Witten ist fertig. Die WAZ beantwortet die letzten offenen Fragen – etwa zu den Kosten.
Die neue Linie 310 ist seit kurzem in Betrieb. Die Baustellen zwischen Papenholz auf der Stadtgrenze Bochum/Witten und Stiftstraße in Bochum-Langendreer sind so gut wie fertig. Auch die Haltestelle Papenholz wird inzwischen von den modernen Niederflurbahnen angefahren. Und doch ist das Mammut-Projekt der Bogestra noch nicht ganz fertig. Das letzte Stück bis zur Crengeldanz-Brücke in Witten fehlt noch. Erstmal egal. „Das Baby fährt jetzt“, sagt Astrid Metz von der Bogestra. „Und das ist gut so.“ Zeit also, Bilanz zu ziehen.
Bochum/Witten: Die neue Strecke der Straßenbahn 310 ist (fast) fertig – eine Bilanz
Bis zur Jungfernfahrt am 1. November 2020 hatte es lange gedauert: etwas mehr als acht Jahre, drei mehr als vorgesehen. Nicht nur dafür musste die Bogestra Kritik einstecken. Auch für den anfangs undurchsichtigen Umgang mit den Kosten. Zum Baustart im September 2012 war am WAZ-Mobil herausgekommen, dass die Erweiterung der Straßenbahn über Langendreer-Markt nicht 35 Millionen Euro, sondern an die 60 Millionen verschlingen würde.
Das war natürlich Wasser auf die Mühlen der Straßenbahn-Gegner, deren kritische Stimmen im Laufe der Jahre jedoch nach und nach leiser wurden. Auch sei der anfangs mitunter feindselige Ton „immer sachlicher“ geworden, hat Bogestra-Projektleiter Volker Böhm festgestellt. Für ihn ist die Arbeit jetzt, da die Straßenbahnen rollen, noch lange nicht beendet. Denn nun geht es an die Abrechnung.
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Und diese sieht gut aus. „Wir haben das Budget gemäß des Förderbescheides einhalten können“, sagt Volker Böhm. „Wir liegen aktuell also im Rahmen der ursprünglich veranschlagten 59,3 Millionen Euro.“ Die Abschlussrechnung erfolge zwar erst, wenn auch die letzten Bauarbeiten auf den letzten beiden Abschnitten (Papenholz und Stiftstraße bis Autobahn) erledigt sind. „Aber mit jeder Abrechnung, die wir dazu bekommen, verdichtet sich, dass wir den Kostenrahmen einhalten“, ist Böhm optimistisch. „Das wird passen.“
Straßenbahn 310: Alte Schienen in Bochum-Kaltehardt werden 2022 entfernt
Dass es angesichts des Bau-Booms und der zeitlichen Verzögerungen zu keiner Kosten-Steigerung kam, mag verwundern, ist laut Volker Böhm aber erklärbar: „Wir haben seriös geplant und auch Baukosten-Steigerungen eingerechnet.“ Zudem seien einige Bauabschnitte günstiger gewesen; diese hätten Verteuerungen anderswo ausgeglichen. Ein hoher Risikofaktor sei die Bergbausicherung gewesen. „Das ist immer schwierig und heikel, weil man nicht weiß, auf was man im Untergrund stößt“, erklärt Böhm. „Das ist aber alles prima gelungen.“
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Nächstes Stichwort: Ersatzpflanzungen. „Daran arbeiten wir gerade“, sagt Volker Böhm. Das sei ein „formalistisches Verfahren mit einem festen Schlüssel, mit dem wir noch länger beschäftigt sein werden“. Zahlreiche Bäume sind bereits auf einem Grundstück Am Honnengraben gepflanzt worden. Dort ist noch weiterer Ausgleich für ein Regenrückhaltebecken vorgesehen. Weitere Ersatzpflanzungen sind auf der alten 310-Strecke in Kaltehardt geplant. Die alten Schienen dort sollen im nächsten Jahr entfernt werden.
Straßenbahn 310: Letzter Abschnitt bis zur Crengeldanz-Brücke wird später erneuert
Die alte Strecke war aufgegeben worden, weil dort die modernen und barrierefreien Niederflurbahnen nicht halten konnten. Zudem will die Bogestra mit dem Einbinden von Langendreer-Markt und dem S-Bahnhof eine Million Fahrgäste mehr bedienen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Verlässliche Zahlen seien erst nach der Corona-Pandemie zu erwarten, sagt Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns.
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Immerhin gäben die ersten Zählungen der 302, die schon seit Oktober 2017 den S-Bahnhof in Langendreer anfährt, eine Tendenz vor. Dort habe man 2018 rund 860.700 Fahrgäste gezählt. „Und das bei einem 20-Minuten-Takt“, so Bruns. „Inzwischen haben wir einen 7,5-Minuten-Takt und acht Fahrten pro Stunde pro Richtung.“
Drei Jahre Verzögerung
Drei Jahre länger als geplant wurde an der Streckenerweiterung der Straßenbahnlinie 310 gebaut. Unter anderem, weil im Bauabschnitt zwischen Langendreer-Markt und S-Bahnhof so viele unbekannte Leitungen im Untergrund gefunden wurden. Das sorgte für eine Verzögerung von zwei Jahren. Dann konnte auch der damals angegebene Termin – Herbst 2019 – nicht eingehalten werden. Auch wegen der Probleme mit der Brücke am Crengeldanz in Witten.
Aktuell wird auf Wittener Stadtgebiet noch ein Regenrückhaltebecken gebaut. „Das hat aber keinen Einfluss auf den Verkehr“, versichert die Bogestra. Abschließend stehen dann die Beschilderung und die Fahrbahnmarkierungen an. Letztere seien witterungsabhängig und könnten sich daher noch bis Frühsommer ziehen.
Der endgültige Abschluss der Straßenbahnerweiterung wird sich noch einige Jahre hinziehen. Wann auch die letzten 400 Meter der insgesamt 5,6 Kilometer langen Baustellenstrecke angepackt werden können, steht aktuell in den Sternen. Den Bereich an der Crengeldanz-Brücke wollten Stadt Witten und Bogestra tieferlegen, damit nicht weiter Lkw an den Oberleitungen hängen bleiben. Diese sorgten schon oft für empfindliche Störungen im Betriebsablauf.
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Da aber die Deutsche Bahn zwischenzeitlich ankündigte, die Brücke bis 2028 komplett neu bauen zu wollen, ließen Stadt Witten und Bogestra von ihren Plänen ab, um kein Geld zu verpulvern. Folge: Der letzte Bauabschnitt der Straßenbahnerweiterung endet nun ein gutes Stück vor der Crengeldanz-Brücke und wird später erneuert, wenn klar ist, in welchem Umfang die Bahn die Brücke neu baut.
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Federführend sei hier aber die Stadt Witten, so die Bogestra, die mit der derzeitigen Brückenhöhe keine Probleme habe. „Auch, wenn sich das Gerücht hartnäckig hält – all unsere Straßenbahnen passen da durch“, stellt Volker Böhm klar.
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