Bochum. Die Diskussion um die vielen Baumfällungen in Bochum reißt nicht ab. Jetzt meldet sich auch die Politik zu Wort – und zeigt klare Kante.
Blankensteiner Straße in Weitmar, Schulzentrum in Gerthe, Wattenscheider Stadtgarten – um nur einige Orte in Bochum zu nennen, an denen die Geräusche von Motorsägen und fallenden Bäumen die Bürger aufgeschreckt haben. Vielerorts werden – wie jedes Jahr zu dieser Zeit – noch schnell Bäume gefällt, ehe dies ab dem 1. März nicht mehr erlaubt ist. Der Aufschrei vieler Bürger ist groß. Die Kritik an Stadt Bochum und Politik ebenso. Doch letztere sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt – und meldet sich jetzt zu Wort.
Bochum: Kritik an gefällten Bäumen – Politiker wehren sich
„Wir fangen immer wieder neu an zu diskutieren“, wundert sich Marc Gräf (SPD), Bezirksbürgermeister für den Bochumer Südwesten. Gerade hat ihn die WAZ auf die Kritik einer Leserin angesprochen, im Neubaugebiet an der Lewackerstraße in Linden sei entgegen aller Versprechungen Kahlschlag betrieben worden. „Wir haben dort schützenswerte Bäume festgestellt, und diese werden mit den Grundstücken verkauft“, versichert er. „Das ist alles im Bebauungsplan festgelegt. Und ich wüsste nicht, dass davon abgewichen wird.“
Es gebe im Vorfeld von Baumaßnahmen immer wieder Ortstermine, auch mit Bürgern, stellt Marc Gräf klar. „Und dann sind sich auch meist alle einig, dass etwas passieren muss.“ Er nennt das Beispiel Kesterkamp in Linden, wo sich die Anwohner sonntags zu Mahnwachen versammeln, um die Bäume am Straßenrand zu retten. Auch diese – das gab die Stadt Bochum gerade bekannt – werden noch bis Ende des Monats fallen (siehe Infobox).
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Die Straße am Kesterkamp sei aber kaputt, sagt Gräf. „Wir diskutieren hier auch über Radwege und die Parksituation.“ Am Ende kämen dort überall wieder Bäume hin. „Natürlich haben die neuen Bäume nicht so eine Klimabilanz wie die alten, aber wir brauchen auch eine gute Mischung in einer Großstadt wie Bochum.“ Und dass man in einer Großstadt lebe, müsse jedem bewusst sein. „Dafür sind wir eine ziemlich grüne Stadt, die auch bei den Straßenbäumen im Vergleich zu anderen Städten ganz gut dabei ist.“
Henry Donner: „Viele können sich an die politischen Beschlüsse nicht erinnern“
Für Henry Donner (SPD), Bezirksbürgermeister im Bochumer Norden, kommt die Kritik an den Baumfällungen nicht überraschend. „Dass das alles irgendwann mal politisch beschlossen wurde, daran erinnert sich kein Mensch.“ Ihm ist wichtig, „dass die Leute verstehen, dass wir Lokalpolitiker nicht gedankenlos zu Werke gehen“.
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„Wir machen uns viele Gedanken, ob Bauprojekte nicht auch woanders umgesetzt werden können, wenn für diese Bäume weichen müssten. Da muss man abwägen.“ Und wenn es nicht anders gehe, müsse für ausreichend Ersatzpflanzungen gesorgt sein. „Und diese im Stadtbezirk, darauf achten wir und lassen uns auch jedes mal Nachweise vorlegen.“
Dass man um Baumfällungen oft nicht umhin komme, zeige das Beispiel am Schulzentrum in Gerthe, wo insgesamt 177 Bäume gefällt werden; die ersten 134 noch in dieser Fällperiode. „Wir haben wer weiß, wie lange um den Neubau gekämpft“, sagt Donner. „Von Anfang war klar, dass Bäume dafür weichen müssen, auch gesunde, erhaltenswerte. Aber das muss in diesem Fall sein.“
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Dafür habe man im Gegenzug erreicht, dass anderswo im Stadtbezirk mehr Bäume nachgepflanzt werden, als am Schulzentrum abgeholzt wurden. „Und es ist beschlossen, zusätzlich einen Bürgerpark am Schulzentrum anzulegen, um für mehr Grün zu sorgen.
Fällung am Kesterkamp in Linden
Im Frühjahr beginnen die Arbeiten an der Straße Kesterkamp. Zur Vorbereitung werden am Donnerstag und Freitag, 25. und 26. Februar, dort 49 Alleebäume gefällt. Das teilt die Stadt Bochum mit.
Der Neubau des Gehweges und die Regulierung der Versorgungsleitungen stellen demnach einen massiven Eingriff in den Wurzelbereich der Bäume dar. Bei den dafür notwendigen Tiefbauarbeiten sei es unvermeidbar, dass wichtige Halte- und Versorgungswurzeln entfernt werden. Dies gefährde die Standsicherheit und führe mittelfristig zu einem Absterben der bereits durch Trockenheit und der Krankheit „Eschentriebsterben“ vorgeschädigten Bäume.
Nach Beendigung der gesamten Tiefbau- und Straßenbauarbeiten erfolgt laut Stadt die Pflanzung von 68 großen, heimischen Bäumen, um den Allee-Charakter der Straße wiederherzustellen.
All das gehe aber nicht von heute auf morgen. Von daher habe man jetzt erstmal nur den traurigen Anblick von gefällten Bäumen. „Ich bin selbst ein großer Freund von Bäumen. Dass das vielen nicht gefällt, kann ich verstehen.“
Den von der Stadt teilweise in Waldgebieten betriebenen Kahlschlag hat sich Donner vom Förster erklären lassen. „Der hat mir gesagt, dass man die Zukunftsbäume schützen müsse. Im Frühjahr würde ich dann sehen, wie gut die sich entwickeln.“
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Wichtig ist Henry Donner, dass die positive Ökobilanz in seinem Stadtbezirk erhalten bleibt. „Sie ist stadtweit eine der besten. Und das soll so bleiben.“
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