Bochum-Weitmar. Auf der Blankensteiner Straße soll ab März ein Teilstück neu gebaut werden. Dafür werden 27 Bäume gefällt – einige von ihnen sind 100 Jahre alt.

Plötzlich ging alles ganz schnell: Am Montagfrüh gegen halb neun rückten die Arbeiter mit schwerem Gerät in Bochum-Weitmar an, um 27 Bäume entlang der Blankensteiner Straße zu fällen. Der Abschnitt zwischen Heinrich-König-Straße und Hattinger Straße soll komplett erneuert werden, dafür stehen die teils 100 Jahre alten Bäume offenbar im Weg. Ersatzpflanzungen sind aber versprochen.

Anwohnerin Berlinde Jackel hielt das morgendliche Kreischen der Kreissägen nicht in ihrem Haus: „Ich bin sofort rausgegangen, um zu sehen, was passiert“, erzählt sie. Die großen Baumstämme seien unten gekappt und dann mit Containern abtransportiert worden. „Das ging ruckzuck“, sagt sie. „Als ich dazu kam, lag die schöne Linde schon auf dem Boden. Das tat mir im Herzen weh.“

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Für die Dauer der Arbeiten war die Blankensteiner Straße in diesem Abschnitt voll gesperrt. Unter den Nachbarn, die sich direkt auf der Straße versammelten, herrschte eine aufgebrachte Stimmung. „Manche sind sich richtig aggressiv angegangen“, beobachtete Jackel. So sprechen sich einige Anwohner ausdrücklich für eine Fällung der Bäume aus und sehen dem umfangreichen Ausbau der Straße direkt vor ihrer Haustür optimistisch entgegen. „Andere wie ich sehen das kritisch, weil es mir nicht in den Kopf will, warum die teils kerngesunden Bäume unbedingt abgeholzt werden müssen.“

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Der umstrittenen Fällung voraus ging eine politische Entscheidung der Bezirksvertretung Südwest, die dem Vollausbau dieses etwa 300 Meter langen Abschnitts der Blankensteiner Straße bei ihrer Sitzung am 24. Juni 2020 einstimmig zustimmte. Demnach soll die Straße, die sich laut Tiefbauamt durchweg „in einem mangelhaften Zustand“ befindet, voraussichtlich ab März/April komplett erneuert werden. Dies betrifft auch die Gehwege. Die Straße erhält auf jeder Seite Radfahrstreifen. Zudem sind drei Querungsinseln vorgesehen, die den Fußgängern einen einfacheren Übergang zum Supermarkt und zur Bushaltestelle ermöglichen sollen.

Baumfällungen in Bochum-Weitmar: Protestaktion am Sonntag

Um die drohenden Baumfällungen möglicherweise noch verhindern zu können, rief das Bochumer Klimaschutzbündnis bereits am Sonntag zu einer spontanen Protestaktion vor Ort auf. „Wir sind entsetzt, dass weder Politik noch Verwaltung geprüft haben, ob die teilweise 100 Jahre alten Bäume durch Alternativlösungen hätten erhalten werden können“, sagt Sprecher Ingo Franke. So sei nicht überprüft worden, ob die geplanten beidseitigen Radwege bei einer Einbahnstraßen-Führung in den Straßenquerschnitt gepasst hätten. Auch die Umgestaltung in eine Radfahrstraße sei nicht erwogen worden: „So wäre sicheres Radfahren und entschleunigter motorisierter Verkehr möglich gewesen“, so Franke.

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Dies sieht auch Brigitte Giese aus dem Netzwerk bürgernahe Stadtentwicklung so: „Ich bin immer für Radwege, aber nicht um jeden Preis“, sagt sie. Gleichzeitig möchte sie die Stadt an den Klimanotstandsbeschluss erinnern: „Die Bäume sind gesund und bieten im Sommer wunderbaren Schatten. Diese jetzt zu fällen ist mehr als leichtfertig.“

Die Stadtverwaltung verteidigt auf Nachfrage die Fällaktion: „Nur zwei der Bäume sind 100 Jahre alt, die übrigen haben ein Standalter von 60 bis 80 Jahren“, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger. Zudem seien drei dort stehende Eschen bereits von einer Pilzkrankheit befallen. Für den Vollausbau der Straße seien die Fällungen unumgänglich: „Der unvermeidliche Eingriff in das Wurzelsystem der Bäume ist so stark, dass keiner dieser Bäume erhalten werden kann“, so Sprenger.

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Bei der Erneuerung der Versorgungsleitungen komme es zwangsläufig zu zusätzlichen Ausgrabungen im Wurzelbereich: „Dadurch wird die Standsicherheit der Bäume mehr als stark eingeschränkt. Ein vorzeitiges Absterben oder ein Umstürzen wäre die Folge.“

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