Bochum. Eine 170 Jahre alte Eiche in Langendreer wurde gefällt. Sie war als Naturdenkmal eingetragen. Doch es gab Gründe, warum der Baum fallen musste.
Es ist eine Liste des Schmerzes für jeden Naturfreund: In diesem Winter fällt die Stadt – oder hat es bereits getan – 348 Bäume in Parks, an Wegen oder öffentlichen Straßen. Für die Menschen in den Vierteln kommt der einschneidende Einsatz der Motorsäge oft überraschend. Wut und Unverständnis zeigt sich dann in Anrufen bei der Stadt Bochum und immer wieder auch bei unserer Redaktion. Dabei hat beinahe jede Fällung eine lange Vorgeschichte. „Die Gründe sind dann oft eine fehlende Verkehrssicherheit, schwere Schädigungen oder Erkrankungen der Bäume“, so erklärt der städtische Baum-Manager Marcus Kamplade.
Blick auf die Bochumer Naturdenkmale
Über 40 Naturdenkmale sind in Bochum verzeichnet. Überwiegend handelt es sich dabei um Bäume. Es gibt jedoch auch geologische Besonderheiten, wie etwa einem Geologischen Aufschluss im Lottental in Querenburg oder im sogenannten Geologischen Garten in Wiemelhausen.
Die mit Abstand größte Ansammlung von zum Teil weit über 250 Jahre alten Bäumen findet sich im Schlosspark Weitmar im Bochumer Südwesten. Prächtige Stieleichen und vor allem Edelkastanien sind es dort, die schon wuchsen als Napoleon Bonaparte noch auf Korsika in Windeln herumtobte.
Bei den aktuellen Arbeiten sticht jedoch die Fällung eines Baumes besonders hervor. Seit rund 170 Jahren stand mitten in einer ruhigen Wohnsiedlung in der Batestraße in Langendreer eine prächtige Stieleiche, die aufgrund ihres Wuchses und ihrer wunderschönen Baumkrone als eines der 40 Naturdenkmale in Bochum gesichert und besonders geschützt war. Eigentlich kein Alter für diese Baumart, können doch Stieleichen bei optimalem Standort über 400 Jahre alt werden.
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„Da fehlt doch etwas“
„Als ich vor etwa zwei Wochen wie beinahe jeden Tag durch diese Straße ging, wusste ich sofort: Da fehlt doch etwas“, erinnert sich Horst Greschke. Der 70-Jährige wohnt nur einen Steinwurf entfernt und geht regelmäßig mit seiner Chihuahua-Hündin „Dilara“ dort Gassi. „Ich bin ja selbst ein alter ‘Holzwurm’ (Schreiner) und hab’ schon länger gedacht, dass mit dem Baum ‘was nicht stimmt“, sagt er und zeigt auf rötlich, morsches Holz auf dem Stumpf. Trotzdem vermisst er ihn, er gehörte einfach dazu, in diesem Viertel. Schon immer. Eine andere Anwohnerin stimmt zu: „Auch wenn wir vorher informiert wurden, es ist schon traurig, dass der Baum jetzt weg ist.“
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Marcus Kamplade kannte den Baum schon 25 Jahre: „Wir haben alles versucht, aber die letzten Untersuchungen mit Ultraschall haben deutlich gezeigt, dass die Holzfäule weit fortgeschritten war. Eine Rettung war leider nicht mehr möglich.“ Zuletzt war der Baum Mitte November vergangenen Jahres untersucht worden. Da die Gefahr eines unkontrollierten Bruches bestanden habe, sei sofortiges Handeln nötig geworden.
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Was Anwohner auf die Palme bringt
Was Anwohner häufig sehr auf die Palme bringt, sind Baumfällungen, die aufgrund von Konflikten mit Hauseigentümern, Beeinträchtigungen von Wegen oder Behinderungen von Neubauprojekten nötig seien. Obwohl es in Bochum bereits seit den 80er Jahren eine damals politisch höchst umstrittene Baumschutzsatzung gibt, hilft sie ganz offenbar wenig, wenn andere Interessen dagegen stehen. In der Innenstadt etwa löste dies zuletzt beim Bau des Viktoriakarrees, wo etliche prächtige Platanen für die Baustelle weichen mussten oder beim Musikforum richtig Ärger aus.
Baumkontrolleure sind unterwegs
„Unsere Baumkontrolleure prüfen den Zustand der Bäume regelmäßig“, so Kamplade. Bei Bauprojekten sei ebenfalls nicht jeder Baum zur retten. Aktuell müssen etwa für den Neubau des Schulzentrums in Gerthe etliche Bäume weichen, da anders der Bau nicht zur realisieren sei. Er verweist dann gern auf die Liste der neu zu pflanzenden Bäume, was in der Regel über die erforderlichen Ersatzpflanzungen hinausgeht. In dieser Pflanzperiode sind es in Bochum 692 neu zu pflanzende Bäume.
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