Bochum-Dahlhausen. Die Initiative “Grabeland Am Ruhrort“ demonstriert gegen Neubausiedlung. Die Bochumer Verwaltung zieht ihren Satzungsbeschluss zurück.
Überraschend hat die Verwaltung die Vorlage zum Satzungsbeschluss für die Wohnbebauung Am Ruhrort zurückgezogen, die im Planungsausschuss in der Sitzung am Dienstag (26.) auf der Tagesordnung stand. Auch die Beratung und Beschlussfassung in Hauptausschuss und Rat wurden verschoben. Gleichwohl demonstrierte die Bürgerinitiative "Grabeland Am Ruhrort" vor der Planungsausschusssitzung vor dem Bochumer Rathaus. Unterstützt wird sie vom "Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung". Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt: "Protest und Widerstand lohnen sich – immer! Auch, um dies deutlich zu machen, demonstrieren wir."
Bochumer Teilnehmer mit humorvollen Transparenten
25 Teilnehmer hat Heike Schick für die Demo in Corona-Zeiten angemeldet. Gekommen sind schließlich gut 20.Mit Transparenten wie "Bauen neu denken", "Rebellieren statt konsumieren", "Achtung, Klimanotfall", aber auch "Ohne Biene kein Bier, dafür demonstrieren wir" bewiesen die Kundgebungsteilnehmer durchaus Humor.
Die Initiative wehrt sich gegen das geplante Neubauprojekt auf dem Grabeland. Heike Schick: "Wir haben uns viel Arbeit gemacht, ums durch die Planungsvorlage geackert. Dabei ist uns einiges aufgefallen, das so den Politikern vielleicht durchgegangen wäre, nämlich, dass entscheidende Gutachten fehlen."
Die Nachbarn in Dahlhausen fordern ein Klimagutachten, wie es die Stabsstelle Klimaschutz fordert, ein Umweltgutachten, das die Auswirkungen auf Flora, Fauna und schützenswerte Böden ermittelt, ein Gutachten, das die Überschwemmungsgefahr für jetzige und künftige Bewohner prüft, und ein erneutes Schall-/Immissionsgutachtens, das nicht nur die Geräuschbelastung, sondern auch Staub- und Geruchsimmissionen überprüft.
Bis dahin, so das Demonstrationsziel, sollte die Entscheidung über den Bebauungsplan ausgesetzt werden. Dem ist nun die Verwaltung gefolgt.
Verwaltung sieht Optimierungsbedarf
Dazu Stadtsprecher Thomas Sprenger auf WAZ-Anfrage: "Wir haben die Vorlage zunächst zurückgezogen, weil es noch Fragen zu klären gibt, etwa zum Baumbestand und zum Schallschutz. Wir sehen bei einigen offenen Aspekten noch Optimierungsbedarf. Wenn alles geklärt ist, wird der Satzungsbeschluss erneut vorgelegt."
In der Vorlage seien die geforderten Gutachten nicht behandelt worden, findet die Initiative. Heike Schick: "Das Grabeland gilt als Kaltluftsammelbecken, zumal in unmittelbarer Nähe zwei Hitzeinseln sind: die ehemalige Dr.-C.-Otto-Fabrik, zu der statt der nötigen 300 Meter Abstand nur 50 Meter herrschen, und die Gleisanlagen gegenüber." Zudem gehe von der Fabrik - heute "P-D Refractories GmbH", die feuerfeste Produkte herstellt - ein permanenter hoher Ton aus, so die Baugegner.
"Politiker unterliegen Sachzwängen"
Sieht die Initiative mit der Rücknahme der Beschlussvorlage einen ersten Erfolg ihres Engagements? Heike Schick findet schon: "Politiker unterliegen ja auch Sachzwängen, doch der Klimaschutz geht uns schließlich alle an. Was am Ende dabei herauskommt, müssen wir abwarten."
Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt vom Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung ist da offensiver: "Offenbar hat die Verwaltung eingesehen, dass die vom Netzwerk aufgedeckten Mängel so gravierend waren, dass ein Satzungsbeschluss zumindest zurzeit nicht ergehen kann." Er findet: "Hätte es im Vorfeld eine ausreichende Bürgerbeteiligung gegeben, wäre diese Kundgebung wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen. Die Bürger hätten ihre Einwände dort äußern können."
Linksfraktion im Rat schließt sich Forderungen der Bürger an
Die Linksfraktion im Bochumer Rat begrüßt die Entscheidung der Verwaltung, den Bebauungsplan für das 2,7 Hektar große Gebiet erst einmal zurückzuziehen. Sie fordert zusätzliche Gutachten und Informationen, bevor über das umstrittene Bauprojekt „Am Ruhrort“ in Bochum-Dahlhausen entschieden wird.
Die Wilma Immobilien AG will am Ruhrort auf einer Fläche von 2,6 Hektar 64 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser bauen. Für dieses Bauvorhaben wurde der Bebauungsplan 997 aufgestellt. Darin ist auch festgelegt, dass der Großteil der für die Baugrundstücke und die Erschließung vorgesehenen Flächen wegen Hochwassergefahr um ca. zwei Meter angehoben werden. Das Unternehmen ist in Dahlhausen seit Jahren sehr aktiv, etwa mit dem Wohnbauprojekt Ruhrauenpark.
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