Bochum. Im Frieda-Nickel-Seniorenzentrum in Bochum hat es bisher keinen einzigen Corona-Fall gegeben. Was macht das Heim anders - oder war es nur Glück?

Kein einziger Corona-Fall während der gesamten Pandemie: Während in anderen Altenheimen immer wieder aufflackernden Infektionsherde zum Alltag geworden sind, hat sich das Virus beim Frieda-Nickel-Seniorenzentrum in Langendreer bisher nicht über die Schwelle gewagt. Alle 81 Bewohner und 84 Mitarbeiter: gesund.

Damit das so bleibt, ist der graue Betonbau aus den 60er Jahren längst zum Hochsicherheitstrakt geworden. Der Pförtner im Erdgeschoss lässt keinen Besucher ohne Schnelltest herein. Die 30 Minuten Wartezeit aufs Ergebnis verbringen Angehörige vor der Tür. Dass es hier in dem Haus in Langendreer trotz der steigenden Infizierten-Zahlen keinen Corona-Fall gegeben hat, ist schon lange nicht mehr normal. Viele der 116 Bochumer Toten, die an und mit Corona gestorben sind, haben zuletzt in Seniorenheimen gelebt. Und viele andere Altenheime haben mehrfach mit kleineren und größeren Ausbrüchen gekämpft.

Frieda-Nickel-Seniorenzentrum in Bochum: Kein einziger Corona-Fall

Das möchte Susanne Hüser, Chefin der Frieda-Nickel-Seniorenzentrums, unbedingt verhindern. Vor genau einem Jahr hat die 50-Jährige die Leitung des Altenheimes übernommen. Ein Jahr im Ausnahmezustand. Dem Klingeln des Diensthandys am späten Abend folgt jedes Mal die Schrecksekunde: Bitte kein Corona-Fall. „Dann würde der Pandemie-Plan des Heimes greifen.“ Ein Notfall-Szenario. „Und dann ist auch bei uns Ausnahmezustand.“

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Täglich habe es anfangs neue Anordnungen gegeben. „Das war eine Herausforderung. Ich habe mir den Bußgeldkatalog angesehen, überall war ich verantwortlich. Da habe ich mir gedacht ‚Wo bin ich da reingeraten‘.“ Aber Susanne Hüser hat sich durchgekämpft. Gemeinsam mit dem Team, wie sie immer wieder betont. „Das haben wir alle zusammen geschafft.“ Alle drei Tage – so ist es vorgeschrieben – werden die Mitarbeiter vor Dienstbeginn getestet, die Bewohner einmal in der Woche. Wöchentlich kommt das Seniorenheim so auf etwa 270 bis 300 Tests.

Große Einschränkungen für die Pflegekräfte in dem Altenheim

Bisher seien sie so gut durch die Krise gekommen, dass die Chefin eigentlich gar nicht drüber sprechen möchte. „Ich bin ein wenig abergläubisch.“ Nach den vielen Negativ-Schlagzeilen aus Altenheimen möchte die 50-Jährige aber auch zeigen, dass es auch Lichtblicke gibt. „Ich kann stolz auf meine Mitarbeiter sein. Aber auch die Angehörigen sind sehr diszipliniert und arbeiten gut mit uns zusammen. Vielen Dank dafür!“

Für die Pflegekräfte habe das Jahr große Einschränkungen bedeutet. „Die Mitarbeiter müssen ihre Kontakte sehr streng reduzieren. Wir in der Pflege haben eine andere Verantwortung. Wenn wir das Virus ins Altenheim eintragen, dann sterben Menschen. Dessen sind sich alle meine Mitarbeiter bewusst.“

Aber auch Susanne Hüser kennt die Grenzen: „Teilweise ist das einfach nur Glück.“ Es herrsche Respekt vor dem Virus, aber auch Angst. Die Mehrarbeit müsse von dem vorhandenen Personal geleistet werden. „Mit dieser psychischen Belastung umzugehen, ist nicht leicht.“ Die Stimmung im Team: „Gedrückt. Aber wir halten zusammen.“

Bastel- und Erzählrunden in Kleinstgruppen erleichtern Bewohnern den Alltag

Schwieriger ist es auf den Wohnbereichen. Maske tragen die Bewohner dort nicht. „Sie sind da zuhause, das wird nicht akzeptiert.“ Zu Beginn der Pandemie hatte es auch das Pflegepersonal gerade bei dementen Bewohnern nicht leicht. „Uns wurde auch schon mal die Maske vom Gesicht gerissen. Es ist schwierig zu verstehen für dementiell Erkrankte.“

Den anderen Bewohnern gehe es trotz der Einschränkungen aber gut, so der Eindruck der Einrichtungsleiterin. „Es heißt so oft, die Bewohner seien alle traurig und isoliert. Das stimmt so nicht.“ Natürlich gebe es einzelne, denen die Situation sehr zusetze. „Aber die meisten fühlen sich weiter sehr wohl.“ Der Garten werde genutzt, in Kleinstgruppen finden weiter Bastel- und Erzählrunden statt. „Wir versuchen unseren Bewohnern die Situation zu versüßen.“

Zu Silvester gab's die erste - bald kommt schon die zweite Impfung

Und dann gibt es da ja noch diesen Strohhalm, an den sich auch in Langendreer Pflegende und Gepflegte klammern: Bereits zu Silvester haben 76 Altenheimbewohner und knapp die Hälfte der Mitarbeiter ihre erste Impfung bekommen. Es gab doch einige, die Angst vor allergischen Reaktionen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten hatten. Die wollten erst mit ihrem Arzt sprechen, das kann ich auch verstehen“, sagt Susanne Hüser.

Am Freitag steht bereits die zweite Runde an. „Wir sind sehr erleichtert. Man fühlt sich einfach sicherer.“ Freitag gebe es die zweite Impfung, dann wollen sich auch noch mehr Pflegekräfte impfen lassen. Ein weiteres Stück Hoffnung, auch für die Einrichtungsleitern: „Ich hoffe sehr, dass wir weiter verschont bleiben!“

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