Bochum. Um das Grab eines Kindes, das nach 19 Wochen tot geboren wurde, gibt es Ärger. Die Stadt hat den Grabschmuck weggeräumt. Die Mutter ist entsetzt.
Dreimal pro Woche kommt Agnes Adamski zum Hauptfriedhof in Bochum, um ihres toten Babys zu gedenken. Am vergangenen Donnerstag traute sie ihren Augen nicht – der Grabschmuck war komplett abgeräumt worden. Von der Stadt. „Das finde ich schlimm“.
Die 45-jährige Familienmutter hatte ihr Baby im vergangenen Dezember beerdigt. In der 19. Woche der Schwangerschaft war es tot geboren worden; es gab Probleme mit Wasserablagerungen. Auch am Montag muss die Mutter am Grab weinen – und dann kommt nun noch der Ärger mit dem Grabschmuck hinzu.
Gemeinschaftsgrabanlage für Kinder, die vor, bei oder kurz nach der Geburt gestorben sind
Der Junge – er heißt Logan – wurde mit elf weiteren Babys in einem Sarg auf einer Gemeinschaftsgrabanlage mit dem Namen „Lichtgarten“ bestattet; dort ruhen Kinder, die vor, bei oder kurz nach der Geburt gestorben sind.
Grabschmuck wie ihn Agnes Adamski auf die unbefestigte, nur mit Bodendeckern bepflanzte Grabfläche platziert hatte – Kerzen, Blumen, Engel, Laternen, Windmühlen – , ist dort nicht erlaubt, weil sie vom städtischen Friedhofsgärtner einheitlich gestaltet werden. Grabschmuck ist höchstens auf so genannten Jahressteinen (sie geben das Bestattungsjahr an) und auf danebenliegenden Platten gestattet.
Mutter aus Bochum: „Alle haben das so gemacht wie ich“
Agnes Adamski sagt aber, dass sie von dieser Regel erst am vorigen Donnerstag erfahren habe, als das Friedhofsamt ein entsprechendes Schild am Gräberfeld aufgestellt habe. Außerdem würden ganz viele Eltern Grabschmuck auf die Grabflächen ihrer Kinder stellen – nie habe dagegen jemand etwas gesagt. „Alle haben das so gemacht wie ich.“
Bochum- Neue Anlage bietet Rundum-Service für 130 GräberBesonders ärgert die Integrationshelferin, dass die Stadt den Grabschmuck ohne jede Vorwarnung und nur drei Tage vor Allerheiligen weggeräumt habe. „Das finde ich erbärmlich“ Außerdem habe sich das Grab in sehr gutem Zustand befunden: „Wenn man sieht, dass die Grabstelle gepflegt ist, schön gestaltet – warum kann man das nicht so lassen?!“
800 Euro teure Grabplatte wurde von der Stadt „wie Müll“ gelagert
Der beanstandete Grabschmuck alle Kindergräber wurde unter einem zentralen Denkmal auf dem Gräberfeld zusammengelegt oder bei der Friedhofsverwaltung gelagert. So zum Beispiel ein exklusiv mit dem Namen Logan hergestellter, tellergroßer Grabstein in Form eines Herzens, 800 Euro teuer. Seine Mutter konnte ihn am Montag abholen. „Wie Müll“ hätten die Andenken der Kinder dort gelegen.
Mutter hat das Grab wieder neu geschmückt
Was die Aussage der Stadt angeht, die Grabanlage sei recht unordentlich gewesen, fühlt sich Agnes Adamski ganz sicher nicht angesprochen; das Grab ihres Kindes war bestens gepflegt.
Mittlerweile hat sie die Ruhestätte ihres Sohnes fast genau wie vorher neu geschmückt. Und wieder mit Namensnennung. Wohl nur mit einer gütlichen Einigung mit der Stadt kann die Sache befriedet werden.
Die Stadt rechtfertigte am Montag ihr Vorgehen: „Bei den gärtnerischen Pflegemaßnahmen im Vorfeld der Totengedenktage bot sich ein recht unordentliches Bild der Gesamtanlage. Um den Angehörigen einen angemessenen Trauerort bieten zu können, wurde die Anlage daher mit Augenmaß aufgeräumt“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. Nur der unansehnliche oder defekte Grabschmuck sei entfernt worden. Der verbliebene Grabschmuck sei zum Teil auf die Jahressteine gelegt worden.
Stadt Bochum bezahlt die Anlage allein und hat keine Nutzungsrechte vergeben
Außerdem betont die Stadt, dass persönliche Grabmale mit Namensnennung wie Kissensteine, kleine Findlinge oder Ähnliches auf diesem Gräberfeld, da es sich um eine Gemeinschaftsanlage handele, nicht vorgesehen seien. „Zum Teil wurden regelrechte kleine ,Gräber’ angelegt. Diese Form der individuellen Gestaltung ist auf einer Gemeinschaftsgrabanlage, auch im Interesse anderer Angehöriger, leider nicht möglich.“ Die Pflege der Anlage sei für die Eltern außerdem unentgeltlich. „Es werden keine Nutzungsrechte vergeben.“