Bochum. Das Gesundheitsamt in Bochum warnt vor einer weiteren massiven Zunahme der Corona-Neuinfektionen. Bald könnten wieder mehr Ältere betroffen sein.

  • Das Bochumer Gesundheitsamt hat vor einer massiven Zunahme der Corona-Neuinfektionen gewarnt. Leiter Dr. Ralf Winter beobachtet die Entwicklung derzeit mit Sorge.
  • Am Montag lag die Sieben-Tages-Inzidenz in Bochum laut RKI bei 26,1. Zum Ende der Ferien lag dieser Wert - also die Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen - bei 30.
  • Sollte die Stadt Bochum den kritischen Wert von 50 übersteigen, drohen laut Corona-Schutzverordnung des Landes Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Die Stadt Gelsenkirchen (44,1) hat bereits einschneidende Maßnahmen angekündigt.

Das Bochumer Gesundheitsamt warnt vor einer weiteren massiven Zunahme von Corona-Infektionen in Bochum. „Wir beobachten die Entwicklung mit großer Sorge“, sagt Leiter Dr. Ralf Winter im WAZ-Gespräch. Die wachsende Sorglosigkeit gerade bei jüngeren Menschen sei gefährlich. „Viele meinen: Es passiert schon nichts.“ Bereits in den nächsten Wochen könnten auch wieder mehr Ältere betroffen sein – und die Versorgungssysteme im Herbst und Winter auch wegen des Influenza-Virus vor einer Belastungsprobe stehen.

Das Infektionsgeschehen in Bochum glich zuletzt einer Berg- und Talfahrt. Zum Ende der Ferien-Reisezeit Mitte August stieg die für Medizin und Politik bedeutsame Inzidenzrate (Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen) auf über 30. Nach einem Abschwung geht die Kurve seit Anfang September wieder nach oben: am Sonntag auf 24,2.

Das SBO-Altenheim in Wattenscheid musste nach einem Corona-Ausbruch im Juli geschlossen bleiben. Inzwischen sind wieder Besuche erlaubt.
Das SBO-Altenheim in Wattenscheid musste nach einem Corona-Ausbruch im Juli geschlossen bleiben. Inzwischen sind wieder Besuche erlaubt. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Corona in Bochum: Kliniken und Altenheime sind nur noch selten betroffen

Das Rathaus ist angesichts von täglich 20 und mehr Neuinfektionen in jüngster Zeit alarmiert. Der Krisenstab war bereits von drei auf zwei Sitzungen pro Woche heruntergefahren worden. Doch die Regelung hatte nur eine Woche Bestand. Nun wird wieder montags, mittwochs und freitags beraten. Denn zu tun gibt’s genug.

Dabei haben sich die Vorzeichen verändert, konstatiert Britta Anger, Sozialdezernentin und stellvertretende Leiterin des Krisenstabs. Galten zu Beginn der Pandemie vor allem Senioren als Hauptrisikogruppe, gab es zuletzt in Kliniken und Altenheimen bis auf wenige Ausnahme (Augusta-Krankenhaus, SBO Wattenscheid) kaum noch Corona-Ausbrüche. Das spiegelt sich in den Krankenhäusern wider, in denen stadtweit selten mehr als zehn Covid-19-Patienten versorgt werden müssen. Der letzte Corona-Todesfall in Bochum (bisher 24) war im August zu beklagen.

Bochum: 140 Corona-Mitarbeiter im Gesundheitsamt

Inzwischen liegt das Durchschnittsalter der Infizierten in Bochum bei Mitte 30 – zehn Jahre weniger als im Frühjahr. Denn in den Blickpunkt rücken Schüler und Lehrer. Zwar macht die Stadt weiterhin keine Hotspots aus. „In der Regel haben wir es mit ein oder zwei Infektionen an einer Schule zu tun“, sagt Britta Anger. Die „Fülle an Einzelfällen“ bereite gleichwohl Sorge – und jede Menge Arbeit. Denn die Ermittlung und Verfolgung möglicher Kontaktpersonen gestalte sich an den betroffenen Schulen (derzeit elf) aufwändig und kompliziert. Hinzu kommt die Kontrolle der häuslichen Quarantäne mit täglichen Anrufen bei aktuell 865 Bochumern.

Das Gesundheitsamt sieht sich dafür „personell gut aufgestellt“, betont Leiter Ralf Winter. 140 Mitarbeiter (auf 92 Vollzeitstellen) kümmern sich ausschließlich um Corona-Aufgaben. Zehn neue Stellen sind für Oktober geplant. Hinzu kommt ein Pool mit 90 städtischen Mitarbeitern, die während des Lockdowns im Gesundheitsamt ausgeholfen haben und jederzeit wieder abrufbar wären. „Wir müssen“, sagt Britta Anger, „für eine unkalkulierbare Entwicklung vorbereitet sein.“

Die Sorglosigkeit gerade junger Menschen nehme zu, beklagt das Gesundheitsamt und meint Sommer-Hotspots wie am Bochumer
Die Sorglosigkeit gerade junger Menschen nehme zu, beklagt das Gesundheitsamt und meint Sommer-Hotspots wie am Bochumer © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Skepsis vor Heimspiel des VfL Bochum am Montag

Die könnte schneller ihren Lauf nehmen als es sich jeder wünscht, mahnt Ralf Winter. Die Maskenpflicht etwa im Nahverkehr werde zunehmend missachtet. Auch mit dem Abstandsgebot sei es vielerorts nicht weit her, etwa bei Geburtstags-, Hochzeits- und Trauerfeiern oder an den Wochenenden am Schauspielhaus und im Bermudadreieck (weshalb der „Stattstrand“ am Riff noch mindestens bis 10. Oktober weiterläuft). Skeptisch steht der Behördenchef auch einigen Lockerungen gegenüber. So hätte er „gerne darauf verzichten können“, dass der VfL Bochum sein Heimspiel am Montag (20.30 Uhr) gegen den FC St. Pauli vor 5000 Zuschauern austragen darf.

Der Appell der Stadtspitze richtet sich an jeden einzelnen Bürger, auch ungeachtet städtischer Kontrollen seiner Verantwortung in Corona-Zeiten nachzukommen. Die Zahlen, sagt Winter, werden weiter steigen. Entscheidend sei, in welchem Ausmaß und mit welchen Konsequenzen gerade für ältere Menschen, für die Covid-19 lebensbedrohlich sein kann. Übersteigt der Inzidenzwert die Warnschwelle von 50, könnten in einem ersten Schritt eine Maskenpflicht in der Innenstadt und Beschränkungen bei Feiern und Versammlungen eingeführt werden.

Weitere Nachrichten aus Bochum gibt es hier.