Bochum. 14 Hausbesitzer wehren sich standhaft gegen die Stadt Bochum. Sie fordern Erschließungsgebühren zurück. Und: Akten seien zurückgehalten worden.

Vor fünf Jahren flatterte den Hauseigentümern in Bochum an der Straße „Auf der Prinz“ im Stadtteil Harpen Vorausleistungsbescheide der Stadt Bochum für den Ausbau „ihrer“ Straße ins Haus. 14 Betroffene bezahlten unter Protest, verloren zwei Jahre später einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, haben aber den Kampf um „ihr Recht“, wie sie sagen, nicht aufgegeben.

Nun hoffen sie auf die Rückzahlung ihrer Erschließungsbeiträge. „Wir sind da sehr zuversichtlich“, sagt Susanne Jorczik, die ihren Bruder und ihre Mutter in dieser Sache vertritt. Ebenso wie die anderen Mitstreiter hat die Familie schon mehrere Tausend Euro für die juristische Auseinandersetzung ausgegeben. Geld, das sie wie die Ausbaugebühren von der Stadt wiederhaben will.

Auch interessant

Erschließung schon vor langer Zeit

Auf der Prinz
Auf der Prinz © Nadine horn

Entscheiden darüber wird das Oberverwaltungsgericht Münster, das einer Berufung der Hauseigentümer gegen das Gelsenkirchener Urteil gefolgt ist und im November den Fall neu verhandelt. „Die Stadt kann sich warm anziehen“, kündigt Susanne Jorczik an. Die Anlieger der Straße „Auf der Prinz“ würden nicht nur belegen, dass sie zu Unrecht zu den Gebühren herangezogen wurden, weil die Ersterschließung bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts erfolgt sei und es sich um eine „historische Straße“ handele. „Wir werden auch darlegen, dass die Stadt die Akten nur nach und nach zur Ansicht zur Verfügung gestellt hat, so dass wir das erste Verfahren verlieren mussten.“

Eine der Akten, in die die Anwohner der Straße „Auf der Prinz“ im Juni 2018 für kurze Zeit einsehen konnten. Schäden oder Spuren von beseitigen Schäden seien nicht zu erkennen gewesen, heißt es.
Eine der Akten, in die die Anwohner der Straße „Auf der Prinz“ im Juni 2018 für kurze Zeit einsehen konnten. Schäden oder Spuren von beseitigen Schäden seien nicht zu erkennen gewesen, heißt es. © Susanne Jorczik

Die Unterlagen gehören zu den sogenannten Schimmelakten der Stadt. Weil Akten im Keller des Rathauses, die aneinandergereiht eine Länge von drei Kilometern ergeben würden, verschimmelt waren und entweder gar nicht oder nur unter besonderen Auflagen eingesehen werden konnten – so die Stadt 2017 – hatten den Betroffenen die Beweise gefehlt. Die waren in der Hand der Stadt.

Auch interessant

Nur kurze Akteneinsicht

Erst im Juni 2018 konnten die Betroffenen die dreibändige Akte mit weit mehr als 200 Seiten, viele davon in Sütterlin geschrieben, auf Nachfrage einsehen. „Nur für drei Stunden“, so Susanne Jorczik – und nur nach vorherigen Beschwerden bei der Bezirksregierung und dem NRW-Ministerium für Kommunales sowie dank der Berichterstattung der WAZ. Jorczik zweifelt im übrigen daran, dass die betreffenden Unterlagen von Schimmel, Wasser oder anderen Schäden betroffenen waren. „Ich bin Germanistin, ich kenne mich mit Akten aus“, sagt sie. An den betreffenden Papieren seien weder Schäden, aber auch keine Hinweise auf eine Säuberung zu sehen gewesen. „Und einen Rechnungsbeleg für die Säuberung wollte man mir nicht zeigen.“

Auch interessant

Stadt äußert sich nicht

Die Stadt Bochum nimmt zu jetzigen Zeitpunkt keine Stellung zu dem Vorwurf, sie habe die Akten erst nach und nach und auf Druck aus Arnsberg und Düsseldorf herausgegeben. Auch zum Vorwurf, die betreffenden Akten seien gar nicht beschädigt gewesen, schweigt sie.

„Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, werden wir uns jetzt nicht äußern“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk.

Vor drei Monaten sei dann noch im Stadtarchiv, in dem sie ebenfalls nach Unterlagen gefragt hatte, eine Akte aufgetaucht, die alle notwendigen Informationen enthalte. „Die Straße wurde 1857 gebaut und führte zur Zeche Prinz von Preußen. 1904 hatte sie dann einen chauseemäßigen Ausbau“, so Susanne Jorczik. „Alle Kumpel gingen über die Straße zur und von der Schicht, auch das Material wurde darüber transportiert“, ergänzt Jürgen Wach, ein weiterer betroffenen Hauseigentümer.

Auch interessant

Kläger vermuten Methode

Der 63-Jährige lebt seit mehr als 30 Jahren in einem im Jahr 1900 gebauten Zechenhaus „Auf der Prinz“. Ebenso wie die anderen Kläger ist er empört über die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Forderung der Kommune. Dass Straßenbaugebühren von bereits erschlossenen Straßen verlangt werden, „passiert in Bochum immer wieder. Das hat schon Methode bei einigen Städten.“ Auch das wollen sie vor Gericht vortragen: „Wir werden das Problem aufzeigen, dass die Stadt Straßen lokal unterschiedlich abrechnet, sogar wenn es sich um ein und dieselbe Straße handelt.“

Auch interessant

Weitere Nachrichten aus Bochum lesen Sie hier.