Bochum. Opel Bochum ist endgültig Geschichte. Der Online-Händler Babymarkt hat das O-Werk, die denkmalgeschützte, frühere Opel-Verwaltung, bezogen.

Opel in Bochum. Das ist Geschichte. Aber nicht zum Vergessen. Ein kleines Stück Autohistorie lebt weiter in der früheren Opel-Verwaltung im Stadtteil Laer.

Das denkmalgeschützte Gebäude heißt jetzt O-Werk. Und in einer Etage zelebriert der neue Mieter, der Onlinehändler Babymarkt.de, die Erinnerung an den Vorgänger: mit einem Kühlschrank im abgesägten Heck eines himmelblauen Opel-Kadett, der sinnigerweise am 9. September 1969 erstmals zugelassen wurde. Exakt 51 Jahre später hat der Onlineshop seinen neuen Firmensitz in Bochum offiziell eröffnet.

Auch interessant

Jahresumsatz von 200 Millionen Euro

Ansonsten blickt das „Unternehmen von der B1“, wie es wegen seiner Gründungsfiliale im Dortmunder Osten auch genannt wird, aber nach vorne und nicht zurück. „Ran die Maloche“ ist das Motto von Unternehmensvorstand Bastian Siebers, nachdem sein Haus für derzeit 270 von insgesamt 500 Beschäftigten nahezu optimale Bedingungen am neuen Standort geschaffen hat. 200 Millionen Euro Umsatz verbuchen die Dortmunder, die von nun an Bochumer sind, derzeit jährlich. Und sie wollen weiter wachsen. Vor allem im Online-Geschäft, das 95 Prozent des Umsatzes ausmacht, so Siebers.

Auch interessant

Geschichte, aber nicht  vergessen. Babymarkt-Chef Bastian Siebers und seine Vorstandskollegen Roland Zacharias und Sven Bogatzki wollen mit ihrem Team auch Geschichte leben. Opel spielt an vielen Stellen im  Haus eine Rolle. Die Treffpunkte im zweiten Stockwerk ziehen jeweils die Front (Foto) und das mit einem Kühlschrank ausgestattete  Heck eines Opel Kadett.
Geschichte, aber nicht vergessen. Babymarkt-Chef Bastian Siebers und seine Vorstandskollegen Roland Zacharias und Sven Bogatzki wollen mit ihrem Team auch Geschichte leben. Opel spielt an vielen Stellen im Haus eine Rolle. Die Treffpunkte im zweiten Stockwerk ziehen jeweils die Front (Foto) und das mit einem Kühlschrank ausgestattete Heck eines Opel Kadett. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die markante Immobilie nennt er eine „Landmarke“, von der er sich habe früh begeistern lassen. „Wir suchten kein Gebäude, sondern eine Heimat. Ich finde es großartig hier. Das Gebäude macht Eindruck. Und wir wollen wie unsere Vorgänger hier auch Geschichte machen.“ Er spricht von Industrie 3.0 – nach Kohle und Stahl, nach Auto beginne jetzt das digitale Zeitalter. Und Unternehmenssprecher Kolja Linden vom Investor Landmarken spricht von einem „Leuchtturm, der die Transformation von der Industrie- zur Wissensregion“ symbolisiere.

Mitarbeiter aus 32 Ländern

Der neue Mieter, der mit dem Eigentümer des denkmalgeschützten O-Werks, die Aachener Landmarken AG und die Familie von Landmarken-Geschäftsführer Norbert Hermans, einen Mietvertrag über zunächst 16 Jahre vereinbart hat, hat ehrgeizige Ziele. Von Bochum aus will er mit seinen Mitarbeitern aus derzeit 32 Ländern, die das Online-Geschäft in großen Teilen Europas und auch in China abwickeln, weiter wachsen. Bochum, so Bastian Siebers, sei dafür ein idealer Standort – nicht zuletzt wegen der Nähe zu den Hochschulen.

Und schnipp. Babymarkt-Chef Bastian Siebers (l.) und Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch eröffnen offiziell den neuen Firmenstandort  im O-Werk.
Und schnipp. Babymarkt-Chef Bastian Siebers (l.) und Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch eröffnen offiziell den neuen Firmenstandort im O-Werk. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ganz nah rückt der Babymarkt sogar an die Ruhr-Uni. Die wird der zweite Mieter im O-Werk sein und dem Vernehmen nach bereits im Wintersemester den Betrieb seines sogenannten Makerspaces mit Lehr- und Experimentierräumen beginnen. Die Nähe zu Uni, zu IT und zu Zukunftsthemen kommt nicht von Ungefähr. Der Babymarkt, so das Unternehmen, entwickle seine eigene IT-Systeme und kaufe nichts von der Stange. Mehr als 40 Mitarbeiter arbeiten derzeit in der IT-Abteilung.

Auch interessant

Investor Landmarken baut auch in der Nachbarschaft

Ausgestattet ist das O-Werk mit Technik, die allen Anforderungen der modernen Kommunikation und Bürogestaltung entspricht. Der Babymarkt hat sich auf seinen drei Etagen für eine offene Raumgestaltung entschieden mit Büroflächen an den Längsseiten sowie Gemeinschaftsflächen und sogenannten „Think tanks“ in der Mitte. Die Decken sind hoch, freigelegte Technikleitungen und Lüftungsrohre versprühen Industriecharme. Ein Fitnessraum, Freizeitmöglichkeiten wie Kicker und Tischtennis, ein großer Küchen-und Gesellschaftsraum mit Fernsehern für Team- und Freizeitevents, frisches Obst und Getränke kostenlos. „Wir tun vieles, damit sich unsere Mitarbeiter hier wohl fühlen und auch einen Teil ihrer Freizeit verbringen“, sagt Bastian Siebers. „Aber wir verlangen auch viel.“ Das O-Werk passt aus seiner Sicht optimal zu den Zielen des Unternehmens.

Und in der Nachbarschaft tut sich auch vieles. Vermieter Landmarken kündigt an, in einem Monat den Grundstein für sein zweites großes Projekt auf Mark 51/7, dem früheren Opel-Werk, zu starten. Bis 2022 entstehen drei Bürogebäude des Innovation-Campus. Dort wird der Krankenversicherungs-Unternehmen Viactiv mit 750 Mitarbeitern einziehen. In den Jahren danach sind weitere Gebäude in direkter Umgebung zum O-Werk und der Bau eines Parkhauses geplant. Fast vor der O-Werk-Tür wird bald auch die Straßenbahn halten. Im Herbst beginnt der Bau des Streckenabzweigs von der Wittener Straße.

Eiskirch spricht von „Bild des Aufbruchs“

Prächtige Aussichten aus Sicht von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) für Mark 51/7. Allmählich werde die Idee und die Vielfältigkeit sichtbar, die hinter dem Konzept zur Entwicklung des Areals stecke: Auf Logistik (DHL) folgen E-Commerce und Makerspace (Ruhr-Uni), dann Gewerbebetriebe wie Faiveley, bald schon Hightech-Unternehmen wie Escrypt und VW-Infotainment und dann natürlich Wissenschaftseinrichtungen wie Zess und das Max-Planck-Institut.

Eiskirch erinnert daran, dass das Gebäude, in dem nun ein Millionen-Unternehmen mit Zukunft eingezogen ist, vor nicht allzu langer Zeit noch als „Symbol des depressiven Teils des Bochumer Images“ galt. Nun sei es ein „Bild des Aufbruchs und der Zukunftsfähigkeit“.

Und davon wird Bochum nicht nur ideell profitieren. Mit dem Babymarkt hat die Stadt einen großen Gewerbesteuerzahler an Land gezogen.

Weitere Nachrichten aus Bochum lesen Sie hier.