Bochum. Das Schauspielhaus Bochum hat nicht nur mit Abo-Verlusten zu kämpfen, sondern auch mit der Corona-Krise. Im Budget fehlen 2,4 Millionen Euro.
Keine Vorstellungen, kein Publikum, keine Einnahmen: Das Schauspielhaus Bochum hat schwer unter der Corona-Krise zu leiden. Mit 2,4 Millionen Euro „Miesen“ wird in der im September beginnenden 3. Spielzeit von Johan Simons gerechnet.
Mindereinnahmen sind jetzt schon absehbar
„Aus der letzten Spielzeit (2019/20) sind wir noch gut ‘rausgekommen, aber die nächste Saison wird extrem schwierig“, so der Kaufmännische Direktor Matthias Nowicki auf WAZ-Anfrage. Zunächst hatte ein Wasserschaden, dann die Covid-19-Pandemie den Spielbetrieb still gelegt. Durch Kurzarbeit konnte manches kompensiert werden, aber wenn der Betrieb ab September wieder hochfährt, werde es zwangsläufig zu Mindereinnahmen kommen, rechnet Nowicki vor.
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Denn laut zurzeit gültiger Corona-Verordnung dürfen lediglich 116 im 800 Plätze bietenden Schauspielhaus belegt werden, „vielleicht sind es irgendwann 400, aber ich bin mit Prognosen vorsichtig“, so Matthias Nowicki. In den Kammerspielen gelten analoge Regelungen, ebenso für den Spielbetrieb in der Zeche Eins. Auch Konzerte, Sonderveranstaltungen und Gastspiele des Schauspielhauses, die Einnahmen bringen würden, konnten und können auf absehbare Zeit nicht gefahren werden.
Wirtschaftsplan kommt am 27. August in den Rat
Entsprechend zurückhaltend ist der Wirtschaftsplan für die neue Saison kalkuliert. Er soll am 20. August im Kulturausschuss diskutiert und am 27. August im Rat beschlossen werden. Es werden „erhebliche Ertragsausfälle“ in Höhe von 2,4 Millionen Euro prognostiziert - eine Summe, die das mit 20 Millionen im Euro pro Jahr alimentierte Schauspielhaus nicht aufbringen kann; der Etat ist seit Jahren mehr oder weniger „auf Kante“ genäht.
Deshalb wird es einen städtischen Sonderzuschuss geben: 1,8 Millionen Euro extra will die Stadt für ihr Theater locker machen. „Die Differenz zwischen Ertragsausfällen und Ausgleich durch die Zuschusserhöhung in Höhe von 600.000 Euro müssen wir im Haus ausgeglichen“, so Nowicki. Daher wurde der Spielplan ausgedünnt, Produktionen nur unter Vorbehalt geplant.
Es herrscht das Prinzip Hoffnung
Wie andernorts, wird auch im Schauspielhaus vorläufig das Prinzip Hoffnung beschworen: Hoffnung auf ein Abklingen der Pandemie, Hoffnung auf das Ausbleiben einer „zweiten Welle“, Hoffnung auf die Rückkehr des Publikums ins Theater. Niemand weiß, wie sich die Besucherzahlen entwickeln werden, und ob tatsächlich wieder ein „volles Haus“ begrüßt werden kann, selbst wenn dies die Corona-Schutzverordnung eines Tages wieder zulassen würde. „Es ist sehr schwer einzuschätzen, wie das Publikum auf Kulturangebote in Zukunft reagieren wird“, so Nowicki.
Stichwort: Theater-Abos
Auch wenn wegen Corona sehr viele Vorstellungen im Schauspielhaus bereits ausgefallen sind bzw. gar nicht stattfinden werden: Bereits gekaufte Abos verfallen nicht, sie gelten bis Ende der nächsten Spielzeit weiter.
Bedingt durch die Pandemie-Situation werden aktuell keine Fest-Abonnements und Neuabschlüsse der Wahl-Abonnements für die Spielzeit 2020/2021 angeboten. Vorerst profitieren also nur Bestandskunden von den Abo-Vorteilen.
Eine Reaktion hat der Verwaltungschef aber bereits erfahren: Die Abo-Zahlen sind nach dem ersten Simons-Jahr (also nach der Saison 2018/19) um rund 16 Prozent zurückgegangen. 790 Kündigungen wurden verzeichnet, so dass aktuell 4000 Abos im Bestand sind. Der nicht unerhebliche Rückgang wird auf die veränderte künstlerische Ausrichtung zurückgeführt, es gibt nicht wenige Bochumer Theatergänger, die mit dem „Neuen Stil“ an der Königsallee unzufrieden sind.
„Belastbare Aussagen sind noch nicht möglich“
Inwieweit sich der Trend verfestigt - oder auch umkehrt - könne im Moment nicht gesagt werden, so Nowicki: „Belastbare Zahlen für die 2. Spielzeit, die wegen Corona ja genau genommen gar nicht stattgefunden hat, fehlen.“
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Der Kaufmännische Direktor betont, dass Abonnementszahlen für die Theater wichtig seien, auch wenn sie nicht mehr die Bedeutung hätten wie noch vor 20 oder 30 Jahren: „Heute entscheiden sich mehr Menschen als früher spontan für einen Theaterbesuch, buchen bei freier Platzwahl ihre Tickets online, ohne auf ein festes Abonnementssystem zurückzugreifen.“
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