Bochum. Das Schauspielhaus Bochum schmiedet trotz Corona Pläne für die Saison 2020/21. Zum Auftakt im September gibt’s einen Klassiker von Shakespeare.
Nächsten Sonntag, 28. Juni, endet die 2. Spielzeit von Intendant Johan Simons am Schauspielhaus Bochum, ein letztes Mal steht das Erfolgsstück „Penthesilea“ mit Sandra Hüller und Jens Harzer auf dem ausgedünnten Spielplan. Dann geht’s endlich ab in die Sommerpause.
Die hat das Team von der Königsallee auch bitter nötig, denn die letzten Wochen und Monate stellt für alle – vom Bühnenschreiner bis zur Schauspielerin – wegen Corona eine permanente Ausnahmesituation dar. Wie groß die Unsicherheit ist, aber wie trotzig auch der Wille, der Herausforderung begegnen zu wollen, das wurde gestern bei der offiziellen Programmvorstellung für die Saison 2020/21 klar.
Außergewöhnliche Zeiten im Theater in Bochum
Das ist normalerweise eine entspannte Veranstaltung, auf der die theatrale Zukunft in leuchtenden Farben gemalt wird. Am Donnerstag war das nicht so.
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Außergewöhnliche Zeiten, außergewöhnliche Umstände: Einlass für Journalisten nur mit Atemmaske und gegen Hinterlegung der Adresse, feste Plätze für die Teilnehmer der Pressekonferenz, die Akteure des Schauspielhauses – Intendant Johan Simons, stellv. Intendantin Susanne Winnacker, Chefdramaturg Vasco Boenisch, Cathrin Rose (Leiterin Junges Schauspielhaus) - auf größtmöglichem Abstand, sowohl gegenüber dem Auditorium als auch sich selbst gegenüber am Tisch.
Mit großer Geste wies Johan Simons auf den Saal des Großen Hauses mit den temporär zurückgebauten Sitzen und leeren Stuhlreihen: „Da sehen Sie die Wunden, die Corona geschlagen hat“, meinte der niederländische Theatermacher. Und: „Das Normale ist nicht normal, auch unsere nächste Spielzeit wird von Corona geprägt sein.“
Spielbetrieb war komplett eingestellt
Seit März war der Spielbetrieb nicht nur eingeschränkt, sondern lag komplett auf Eis. „Wir haben eigentlich nur Vorschriften und Anordnungen gewälzt, immer mit dem Gedanken: Wie können wir weiterspielen?“, gab Susanne Winnacker Einblicke in eine problematische Zeit, die für viele Schauspielhaus-Angestellte Kurzarbeit brachte, die immer noch anhält.
„Alle Abstandsregeln und Hygiene-Vorschriften werden strikt eingehalten, auch wenn sie uns manchmal beinahe absurd vorkommen“, sagte Winnacker. Es sei die Pflicht des Theaters, den Anforderungen bis ins Kleinste zu genügen: „Als städtisches Unternehmen können wir es nicht riskieren, dass Menschen sich hier anstecken.“ Wie berichtet, standen statt der üblichen 820 Zuschauer-Plätze zuletzt lediglich 50 im Großen Haus zur Verfügung.
„Fluch und Segen der neuen Zeit“
Johan Simons sprach von „Fluch und Segen der neuen Zeit“. Er beurteile die Corona-Lage nicht zuerst als Künstler oder Intendant, „sondern als Mensch“. Die dauernden Stimmungswechsel, der eingeschränkte Alltag, der Verlust von persönlichen Kontakten, all das fände er extrem schwierig. „Aber als Künstler ist es mir wichtig, dass die Kunst ihre Kraft zeigt“, sagte Simons auch. Mit seiner Premiere „Die Befristeten“ sei das gelungen: „Man hat gesehen, dass diese Inszenierung durch die Corona-Regeln zu einer Aufführung wurde, die über die Kunst in den Alltag hinausweist.“
„Herbert“-Musikabend auf unbestimmte Zeit verschoben
Mit Blick auf die neue Saison, wurde gestern erst einmal eine Halbjahresplan vorgestellt. Niemand weiß, wie sich die Pandemie entwickelt, eine langfristige Planung ist nicht nur wegen der Frage, wie die Zuschauer überhaupt ins Theater gelangen sollen, kaum möglich. Auch Probenzeiten, Aufführungstermine und Besetzungen müssen zwangsläufig in der Schwebe bleiben. So wird die mit Spannung erwartete und wegen Corona im April abgesagte Co-Produktion „Herbert“ von Herbert Fritsch und Herbert Grönemeyer auf unbestimmte Zeit verschoben.
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Die geplanten Neuproduktionen bis Februar 2021 umfassen zunächst sieben Premieren und Uraufführungen. Große Dramenstoffe wie „King Lear“ (Premiere 10. September), „Peer Gynt“ (7. November) und „Ödipus, Tyrann“ (Januar 2021) stellen dominante und charismatische Individuen und Führungspersonen ins Zentrum und gleichsam infrage. In den Inszenierungen von Johan Simons und Dušan David Pařízek erfahren die Bühnen-Klassiker eine jeweils eigene Neuinterpretation.
Torsten Kindermann kommt mit Musik zurück
Daneben stehen „Drei Mal Leben“ von Yasmina Reza (Regie: Martina Eitner-Archeampong, Premiere 2. Oktober) und ein musikalischer Abend von Selen Kara und Torsten Kindermann unter dem Titel „Mit anderen Augen“ (11. Dezember) auf dem Laufplan. Lies Pauwels kehrt nach ihrem gefeierten „Der Hamiltonkomplex“ (2018) mit einem neuen Abend mit Schauspielern und Nicht-Profis zurück. „Baroque“ soll im Februar 2021 herauskommen.
Das Junge Schauspielhaus mit dem Team um Leiterin Cathrin Rose wird nach Corona in der „Zeche 1“, der ehemaligen Waschkaue der Zeche Prinz-Regent, eine eigenständige Spielstätte bekommen. Hier sind verschiedene künstlerische und partizipative Projekte geplant. Das große Familienstück zu Weihnachten ist „Die unendliche Geschichte“. Die niederländische Regisseurin Liesbeth Coltof bringt Michael Endes berühmtes Buch als Spektakel für Klein und Groß auf die Bühne. Die Premiere steigt am 28. November.