Bochum. Auch die Senioreneinrichtungen der Stadt Bochum haben mit Wucherpreisen für Schutzausrüstung zu kämpfen. Leiter Frank Drolshagen im Interview.
Das Coronavirus greift in Bochumer Altenheimen weiter um sich. In den vier Senioreneinrichtungen der Stadt Bochum (SBO) startet in dieser Woche ein mobiles Einsatzteam mit Corona-Testungen bei den Pflegern der Nachtschicht. SBO-Leiter Frank Drolshagen spricht mit Verena Lörsch über die Sorgen des Pflegepersonals, Wucherpreise bei Schutzmasken und Tablets für Altenheimbewohner.
Herr Drolshagen, gibt es bei Ihnen Engpässe bei der Schutzausrüstung?
Gewisse Vorräte sind noch da. Am Freitag wurden 1000 Liter Desinfektionsmittel geliefert – da ist mir Stein von der Seele gefallen. Außerdem konnten wir 400 FFP2-Masken kaufen und heute Nachmittag sollen 100 Schutzkittel ankommen. Wie es aussieht, läuft jetzt der Versorgungsnachschub.
Aber es sind Wucherpreise, die wir zahlen müssen. Normalerweise kostet eine FFP2-Maske 55 Cent, jetzt werden die Masken teilweise für zwölf Euro angeboten. Als das erste Angebot kam, dachte ich: ,Das kann doch nicht sein, das ist ein Tippfehler'. Aber nein, es war kein Tippfehler. Aktuell man hat keine andere Wahl. Es gibt doch das Prinzip des Preisstopps, das sollte jetzt ergriffen werden. Die Pflegekassen haben angekündigt, die höheren Kosten für Schutzausrüstung zu übernehmen: Da bin gespannt, ob die Überweisung für den März auch kommt.
Wie gestaltet sich der Arbeitsalltag für die Mitarbeiter?
Ich erfahre in den täglichen Telefonkonferenzen mit den vier Einrichtungen und Pflegedienstleitungen, wie es den Mitarbeitern geht. Wir haben immer mal wieder mit Infektionen zu kämpfen, die pflegerischen Tätigkeiten sind die gleichen geblieben. Belastend ist für viele aber diese Ungewissheit, die stellenweise entsteht, weil man unterschiedliche Informationen zum Coronavirus bekommt. Es ist also weniger der Arbeitsalltag, als die psychische Belastung im Hintergrund, die unseren Mitarbeitern Angst macht.
Gilt bei Ihnen ein absolutes Besuchsverbot?
Medizinisch notwendige Besuche von Ärzten finden noch statt. Ansonsten gibt es eine Ausnahmeregelung für die Begleitung in der letzten Lebensphase. Wenn ein Bewohner im Sterben liegt, erhalten Angehörige von uns Handschuhe, Mundschutz, Schutzkittel und eine Brille, um sich verabschieden zu können. Diese Regelung wird auch in Kraft bleiben.
Gibt es in Ihren Senioreneinrichtungen aktuell personelle Engpässe?
Insgesamt arbeiten in den vier Einrichtungen 500 Mitarbeiter. Wir sind in drei Schichten unterwegs und unser Krankenstand bewegt sich im normalen Rahmen. Die Mitarbeiter haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein und Engagement. Auch die Zusammenarbeit im Leitungsteam funktioniert sehr gut.
Wie können Angehörige denn noch Kontakt zu den Bewohnern halten?
Wir sind dabei, alternative Kanäle aufzubauen. Wir haben Smartphones und Tablets bestellt, die diese Woche geliefert werden sollen. Dann können Angehörige per Skype oder mit kleinen Podcasts den Kontakt halten. Wir versuchen aktuell, an jeder Stelle in den Gebäuden WLAN einzurichten. Auch die vier neuen Senioreneinrichtungen werden von vornherein mit WLAN ausgestattet.
Was bedeutet die Coronakrise für die Fertigstellung der neuen Pflegeeinrichtungen?
Zwei Einrichtungen sind derzeit im Bau: Das Haus an der Krachtstraße in Werne soll im November 2020 in Betrieb gehen, das Haus am Beisenkamp in Wattenscheid im Februar 2021. Das geplante Haus an der Dördelstraße in Langendreer soll im November 2021 fertig werden und das Haus an der Sommerdellenstraße in Wattenscheid soll 2022 ans Netz gehen – doch alles unter Vorbehalt. Ich rechne aufgrund der Coronakrise mit Bauzeitverzögerungen von drei Monaten bis zu einem halben Jahr.
Herr Drolshagen, vielen Dank für das Gespräch. Bleiben Sie gesund.
Die Senioreneinrichtungen der Stadt Bochum gGmbH (SBO) unterhält das Haus am Glockengarten in Altenbochum, das Haus an der Grabelohstraße in Langendreer, das Haus an der Graf-Adolf-Straße Wattenscheid und das Haus an der Bayernstraße in Goldhamme.
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Eine Echtzeit-Karte zu Corona-Infektionen in NRW gibt es hier.