Bochum. WAZ-Redakteurin Carolin Rau ist wegen des Coronavirus in Quarantäne. Ein Bericht über Isolation sowie positive und negative Erfahrungen.
Eine große schwarze „8“ steht seit Sonntagmorgen auf dem selbst gebastelten Abreißkalender. Noch acht Tage bis ich voraussichtlich wieder vor die Tür gehen darf, noch acht Tage Quarantäne. Meine Eltern und meine Schwester wurden positiv auf das neuartige Coronavirus getestet. Auch wenn mein Testergebnis negativ war, muss ich als Kontaktperson 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben.
Das ist absolut richtig so – keine Frage. Ich kann mich absolut nicht beschweren, habe ein schönes Zuhause, eine Terrasse und einen Garten vor der Tür. Während ich an diesem Sonntag im Homeoffice vor dem Laptop sitze und diesen Text schreibe, scheinen mir die Frühlingssonnenstrahlen ins Gesicht. Und doch ist es irgendwie ein beängstigendes, einschränkendes Gefühl, nicht vor die Tür gehen zu dürfen oder zum Beispiel meinen Freund zu sehen, der, da wir nicht zusammen wohnen, bei sich zuhause in Quarantäne bleiben muss.
Corona: Krise zeigt uns, wie privilegiert wir leben dürfen
Plötzlich habe ich mehr Zeit zum Nachdenken und ich weiß irgendwie viel mehr zu schätzen, was für ein privilegiertes Leben ich führen darf. Bis vor ein paar Wochen war es ganz normal, vor die Tür zu gehen, abends mit Freunden in der Lieblingskneipe ein Bierchen zu trinken oder an einem Samstag durch die Innenstadt zu laufen und shoppen zu gehen. Mittlerweile kommt einem die Vorstellung, Anfang des Jahres auf einem großen Konzert gewesen zu sein, fast surreal vor. Ich glaube, dass die Corona-Krise in vielen von uns und unseren Denkweisen irgendwas verändert. Hoffentlich bleibt diese Denkweise bestehen, auch in ein, zwei oder zehn Jahren – wenn wir uns an den Frühling im Jahr 2020 zurück erinnern und wissen: „Wir haben das zusammen geschafft“.
Viele von uns haben die Situation vor ein, zwei Monaten ganz anders eingeschätzt, unterschätzt. Ich zähle mich dazu. Der große Geburtstag, bei dem vor drei Wochen darüber gesprochen wurde, ob er nicht besser abgesagt wird – war das nicht irgendwie total übertrieben? Heute stehen wir alle auf einem ganz anderen Standpunkt.
Solidarität von Familie, Freunden und Nachbarn
Nach knapp einer Woche in Quarantäne kann ich sagen, dass es für mich ganz klar eine schwierige Situation ist. Ich liebe es, rauszugehen. Sei es in die Ruhe der Natur oder ins trubelige Stadtleben. Es ist nicht schön, sich eingeschlossen zu fühlen. Trotzdem kann ich der Situation auch Positives abgewinnen. Es ist schön, Solidarität zu spüren.
Viele, ganz viele Menschen haben sich bei uns gemeldet und uns gute Besserung gewünscht. Familie, Nachbarn und Freunde haben angeboten, für uns einzukaufen oder uns schon Essen und Trinken vor die Tür gestellt. Gestern lag eine gebastelte Karte von meiner Cousine, ihrem Mann und den beiden kleinen Kindern im Briefkasten – mit Genesungswünschen.
Kontakt zu Freunden, mit denen man sonst nicht gesprochen hätte – trotz Quarantäne
Ich habe das Glück, meiner Arbeit als Redakteuren in dieser Zeit von zuhause nachzugehen zu können. Das lenkt ab, gibt etwas Normalität. Zudem hab ich in den vergangenen Tagen Dinge geschafft, zu denen ich sonst vermutlich nicht gekommen wäre. Die Steinmauer im Garten hat endlich ihren Anstrich bekommen, auf den sie bereits seit vielen Monaten wartet. Ich habe ein Brot gebacken, improvisiert aus den Zutaten, die eben noch zuhause waren. Mit Freunden habe ich in den vergangenen Tagen viele Video-Telefonate geführt. Auch mit denen, die ich sonst vermutlich gar nicht gesehen oder gehört hätte, da sie in anderen Städten oder Ländern wohnen.
Eine Sache, die eigentlich selbstverständlich wichtig sein sollte, ist mir in den vergangenen Tagen sehr bewusst geworden. Es gibt nichts Wichtigeres als die Gesundheit. Dass das Coronavirus nicht einfach eine Grippe ist, haben wir mittlerweile hoffentlich alle kapiert. Zu sehen, wie sehr es die Gesundheit der Menschen belastet, die einem wichtig sind, ist eine Erfahrung, die nicht schön ist.
"Bleib gesund": Eine Grußformel, die wir beibehalten sollten
In diesem Sinne: Bleiben Sie zuhause und passen Sie auf sich auf! Beenden möchte ich den Text mit einer Grußformel, die ich in diesen Tagen immer wieder lesen und höre und von der ich hoffe, dass wir sie auch beibehalten, wenn die Corona-Zeit endlich vorbei ist: Bleiben Sie gesund!
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