Bochum. Einer der zwei Angeklagten im Prozess um den Raubmord an einem Rentner in Bochum ist wieder frei. Am Donnerstag soll das Urteil fallen.
Diesmal kam einer der Angeklagten im Mordprozess durch die öffentliche Eingangstür in den Gerichtssaal - und nicht wie seit Monaten vorgeführt von zwei Wachtmeistern durch die Hintertür. Das Schwurgericht hat den 24-Jährigen aus der U-Haft, in der er seit einem Jahr saß, freigelassen. Es setzte den Haftbefehl überraschend außer Vollzug.
Am Montag stand der Mann im Innenhof des Justizzentrums und rauchte zusammen mit anderen Prozessbeteiligten eine Zigarette.
Angeklagter soll nicht mit im Haus gewesen sein
Der vorbestrafte Mann aus Gelsenkirchen steht jetzt nicht mehr im dringenden Verdacht, an dem tödlichen Ausgang des Raubüberfalls am 4. Februar 2019 in einem Einfamilienhaus an der Sechs-Brüder-Straße in Hordel ("Kappskolonie") beteiligt gewesen zu sein wie zunächst gedacht. Die Vorwurf beschränkt sich jetzt allein auf Raub oder Beihilfe dazu.
Er war laut Anklage der Fahrer, der die beiden Hauptverdächtigen mit seinen Golf zu dem Haus gefahren hatte. Selbst soll er aber nicht mit im Haus gewesen sein, auch wenn dies ein Mithäftling der JVA Bochum im Prozess so ausgesagt hatte.
Hinterbliebene verfolgen den kompletten Prozess in Bochum
Der 24-Jährige selbst hatte erklärt, dass er damals nur von einem geplanten Kupferdiebstahl auf dem Gelände des Hauses ausgegangen sei. Mit einer Verurteilung muss er aber natürlich weiterhin rechnen. Begleitet wird er im Prozess auch von seinem Vater. Der komplette, seit Oktober laufende Prozess wird auch von den Hinterbliebenen des Mordopfers verfolgt; sie sind Nebenkläger.
Der zweite Angeklagte (37) sitzt weiter in U-Haft. Ihm droht lebenslänglich wegen Mordes. Laut Anklage wurde der Rentner damals bäuchlings auf dem Boden liegend mit Klebeband so massiv gefesselt, dass er qualvoll erstickte. Seine gehbehinderte Lebenspartnerin (72) überlebte verletzt, sie hatte entsetzliche Ängste durchleiden müssen.
Hauptangeklagter belastet seinen Komplizen in Polen
Es gibt noch einen weiteren Hauptverdächtigen, dieser sitzt aber in seiner Heimat Polen bis 2025 in Strafhaft wegen einer ganz anderen Sache. Er ist für die Justiz in Bochum zurzeit nicht greifbar und war im Prozess nur bei Video-Zuschaltung aus Polen zu sprechen. Zu den Mord-Vorwürfen schweigt er aber. Ob bzw. wann er nach Bochum ausgeliefert wird, ist noch nicht klar.
Plädoyer am nächsten Donnerstag
Belastet wird der Pole von dem 37-Jährigen, der jetzt in Bochum angeklagt ist, ebenfalls ein Pole. Er erklärte, dass er mit dem Mord nichts zu tun habe, weil er sich damals beim Einbruch in das Haus nur mit der gehbehinderten Lebensgefährtin (72) des Hauseigentümers beschäftigt habe; er habe sie zu Boden gebracht und dann die Räume durchsucht. Den Rentner muss sein Komplize getötet haben. Dass er tot sei, habe er erst am Tag danach im Fernsehen gehört. „Ich ging davon aus, dass beide nur ruhig auf dem Boden liegen."
Beide Angeklagten wurden am Montag von einer psychiatrischen Gutachterin für voll schuldfähig erklärt.
Am kommenden Donnerstag soll die Staatsanwältin ihre Strafanträge stellen. Ein Urteil wird am selben Tag erwartet.