Bochum. Beim Nahverkehr der Zukunft könnten die Nutzerdaten von Handy-Inhabern Hinweise auf die Verkehrsströme geben. Erste Ideen werden verfolgt.

Die Zukunft fängt bei der Bogestra in den Hosen- oder Jackentaschen an. Besser, die Zukunft der Bogestra ist noch eingesperrt. Eingesperrt in den winzigen elektronischen Bauteilen Zehntausender Handys, die Bochumer, Gelsenkirchener, Wittener, Herner oder Hattinger mit sich herumtragen.

Überall dorthin, wo Busse oder Bahnen der Bogestra fahren. „Diese, natürlich anonymisierten, Daten möchten wir nutzen und davon profitieren“, erklärt der stellvertretende Bogestra-Vorstand Jörg Filter.

Verkehrsströme ließen sich besser analysieren

Das habe nichts mit Überwachung zu tun. Vielmehr liegen die anonymen Daten ohnehin bei den Mobilfunkanbietern vor. Google zum Beispiel arbeitet ganz ähnlich, indem es solche Daten etwa in sein Kartensystem einspeist und so recht genaue Aussagen zur Verkehrssituation machen kann.

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So hat etwa ein bestimmter Mobilfunk-Betreiber allein in der Nachbarstadt Gelsenkirchen 70 000 Kunden. Erste Gespräche der Bogestra mit Handy-Anbietern hat es bereits gegeben. Doch befinden sich die Überlegungen noch in einem sehr frühen Stadium. So ließen sich etwa auch Verkehrsströme besser analysieren als die klassische Fahrgastbefragung. „Wir hätten ein Instrument, um konkret zu erkennen, wie sich die Menschen fortbewegen und könnten möglicherweise bei Bedarf eine zusätzliche Busverbindung oder eine zusätzliche Haltestelle schaffen.“

Hinweise an Autofahrer über das Smartphone

Noch ein anderes Szenario für die mobile Welt der Zukunft gibt es bereits. Wenn an viel befahrenen Straßen etwa der Herner Straße in Bochum oder der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen durch eine exorbitant hohe Feinstaubbelastung Fahrverbote etwa für Diesel-Autos verhängt würden, könnte eine „aufgebohrte“ Mutti-App, mit der bislang bekanntlich hauptsächlich Tickets mobil gekauft werden könnten, helfen.

Quasi in Echtzeit könnte die Bogestra reagieren. Da gibt es verschiedene Modelle. Eine Idee:

Autofahrer erhalten entweder über das Smartphone und parallel dazu über Anzeigetafeln etwa bereits auf der Autobahn den Hinweis, dass etwa eine bestimmte Straße oder bestimmte Zonen in der Innenstadt für den Individualverkehr gesperrt sind. In Amsterdam lassen sich solche intelligenten Systeme bereits heute besichtigen.

Elektrofahrzeuge könnten ins Verkehrskonzept der Zukunft integriert werden.
Elektrofahrzeuge könnten ins Verkehrskonzept der Zukunft integriert werden. © Ingo Otto

Die Vision: Die Autos werden etwa auf Park&Ride-Parkplätze oder andere Orte außerhalb der City geleitet. Dort warten dann kleinere mobile Einheiten, zum Beispiel, Minibusse, um die dort „gestrandeten“ Pendler abzuholen. Die Leitstelle der Zukunft „weiß“ dann genau, wann und vor allem wie viele Fahrgäste an einer bestimmten Stelle warten und könnte passgenau mit großem oder kleinen Bus reagieren.

>> Die App der Zukunft soll noch mehr können

Schon jetzt bereitet sich die Bogestra auf einen Fahrplanwechsel der Superlative vor. Während etwa am vergangenen Wochenende „nur“ die neuen Takte des erweiterten Zentralen Omnibus Bahnhofes (ZOB) eingearbeitet werden mussten, gibt es in zwei Jahren, im Frühjahr 2020, einen völlig neuen S-Bahn-Takt. Im Vorgriff auf den voraussichtlichen Start des RRX werden die S-Bahnen auf einen 15-minütigen Takt umgestellt.

Darauf müssen die regionalen Verkehrsunternehmen reagieren. Denn für die mobilen Kunden ist nichts so wichtig, wie sehr gute Umsteigemöglichkeiten und problemlose Anschlüsse.

Passgenau synchronisieren

Die Bogestra und andere Verkehrsunternehmen sind dann noch mehr gehalten, ihre Abfahrtszeiten mit denen der Deutschen Bahn oder privaten Anbietern passgenau zu synchronisieren.

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Um zusätzliche Attraktivität zu erhalten, wird parallel dazu an einer dritten Verkehrssäule gearbeitet, dem „Service auf Anforderung – on demand“. Denkbar seien eigene Radstationen mit modernen E-Bikes an bestimmten Haltepunkten. Die Bogestra denkt auch an Möglichkeiten, E-Autos noch besser an das Netz des öffentlichen Nahverkehrs anzubinden.

Für Nachtschwärmer etwa, die am frühen Morgen aus dem Bermudadreieck zurück nach Hause strömen und nicht auf den nächsten Nachtexpress warten möchten, oder die etwa zu weit von der nächsten Haltestelle entfernt leben, fahren dann Sammeltaxis. Diese sind bequem über eine App zu buchen und holen dann Menschen mit gleichen oder ähnlichen Zielen passgenau ab, setzen sie an einem Punkt ab und sammeln sie wieder auf, je nach Bedarf. Das bestehende Taxi-System könnte da genutzt werden