Bochum. Die Stadt muss sparen. Auch im kulturellen Bereich. Angesichts der drohenden Preiserhöhungen in den meisten städtischen Kulturtreffs spricht die im Rat vertretene „Soziale Liste” schon von „kultureller Eiszeit”. Aber auch in den anderen Parteien herrschen kollektive Bauchschmerzen.

Angesichts der drohenden Preiserhöhungen in den meisten städtischen Kulturtreffs spricht die im Rat vertretene Partei „Soziale Liste” schon von „kultureller Eiszeit”, aber auch in den anderen Parteien herrschen kollektive Bauchschmerzen angesichts all jener Verteuerungen bei den städtischen Kultureinrichten.

Geht es nach den Plänen der Stadtverwaltung, niedergelegt im Entwurf zum Haushaltssicherungsgesetz, blühen den Besuchern kräftige Preiserhöhungen, etwa für Konzerte der Symphoniker, im Museum, in den Büchereien, im Stadtarchiv und auch im Planetarium.

"Kemnade international" an Dritte abgeben

Soll privatisiert werden: Kemnade international. Im Bild: Die Alevitische Gemeinde Bochum. Foto: Ingo Otto
Soll privatisiert werden: Kemnade international. Im Bild: Die Alevitische Gemeinde Bochum. Foto: Ingo Otto © Ingo Otto

Gleichzeitig will sich die Stadt von Veranstaltungen trennen, um Personal zu sparen: So soll das renommierte Festival „Kemnade International” privatisiert und durch Dritte betrieben werden, ebenso wie das Open Air Programm in der Freilichtbühne und die Theatervormiete in der Stadthalle Wattenscheid.

Um jährlich 1,3 Mio Euro Miete einzusparen, liegt der Vorschlag auf dem Tisch, für das Stadtarchiv ein Magazingebäude zu bauen und dafür die großen neuen Räume im BP/Aral-Haus zu räumen.

Höhere Preise, weniger Service: Ungerupft kommt keiner davon. Das ist der Eindruck, wenn man sich die Sparvorschläge der Stadtverwaltung für ihre Kulturtreffs besieht. Doch der Eindruck täuscht: Das Schauspielhaus soll von diesen Einschnitten ungeschoren bleiben. Das Theater, so die Begründung, leiste ohnehin schon einen jährlichen Konsolidierungsbeitrag in Höhe von 550 000 Euro für den städtischen Haushalt, weil die Tariferhöhung von 2008 nicht von der Stadt erstattet wird.

Das Stadtarchiv soll das BP/Aral-Haus räumen

Massive Veränderungen drohen dagegen dem Stadtarchiv: Das hatte erst 2007 u.a. wegen Schimmelpilz das Gebäude an der Kronenstraße geräumt und war in das BP/Aral-Gebäude an der Wittener Straße gezogen. Doch Miete und Nebenkosten belaufen sich dort auf 1,9 Millionen Euro jährlich, wobei allein die Klimaanlage mit 700 000 Euro zu Buche schlägt. Die Idee der Stadtverwaltung: Neubau eines Magazingebäudes ohne Flächen für ein stadthistorische Museum. Der Bau würde etwa 9,5 Mio Euro kosten, die jährlichen Belastungen dabei bei rund 700 000 Euro liegen. Somit könnten 1,13 Mio laufende Kosten jährlich einge-spart werden. Wo dabei die Kosten für die Klimaanlage abgeblieben sind, geht aus den Unterlagen allerdings nicht hervor. Weitere 250 000 Euro Einsparung soll die Schließung der Außenstelle Wattenscheid und die Aufgabe der Lagerräume für kontaminiertes Archivmaterial bringen. Außerdem sind Gebühren (25,50 Euro) für Einsicht in Archivarien geplant.

Tickets für Bosy-Konzerte 20 Prozent teurer

Für Konzerte der Bochumer Symphoniker sollen die Tickets um 20 Prozent teurer werden und durch Zusatzkonzerte mehr in die Kasse kommen. Beim geplanten Konzerthausneubau „Bochumer Symphonie” sollen die ursprünglich für 2010 angedachten Mehrkosten von 1,7 Millionen halbiert werden. Stellenabbau durch Fluktuation beim künstlerischen Personal soll 140 000 Euro sparen.

Bochums Tränenliste

Höhere Preise, weniger Service, reduzierte Stundenzahl in der Musikschule. Ungerupft kommt keiner davon. Das ist der Eindruck, wenn man sich die Sparvorschläge der Stadtverwaltung für ihre Kulturtreffs besieht.

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Im Museum Bochum soll Personal eingespart, die Öffnungszeit reduziert und der Eintritt ab 2011 erhöht werden: für die Kunstsammlung von drei auf fünf Euro, für Haus Kemnade von 1,50 auf drei Euro. Geld soll ein Museumsshop bringen, auch mehr Sponsering betrieben werden. Dann könne man eventuell auf Eintrittsgelder verzichten. Die Öffnungszeiten in Haus Kemnade könne man im Winter verringern, für die Kontrolle der Kunstsammlungen Videoüberwachung einsetzen und damit Personal sparen. Und: Reduzierung bei der Restaurierung von Werken im öffentlichen Raum.

600 Jahreswochenstunden weniger bei der Musikschule

Bei der Musikschule soll das Angebot um 600 Jahreswochenstunden reduziert werden. Foto Thomas Schild
Bei der Musikschule soll das Angebot um 600 Jahreswochenstunden reduziert werden. Foto Thomas Schild © WAZ FotoPool

Bei der Musikschule Bochum soll das Angebot um 600 Jahreswochenstunden reduziert werden. So werde Personal frei, das im Projekt „Jedem Kind sein Instrument” eingesetzt werden könne, das zu 85 Prozent von Land und Stiftungen bezahlt wird. Der Stundenabbau soll durch „begrenzte Nichtaufnahme neuer Kinder erfolgen”. Geplant ist auch die Erhöhung der Musikschul-entgelte: ab 2011 um zehn Prozent, um 15 Prozent ab 2014. Das Gebäude Unterstraße 66 soll aufgegeben werden. Insgesamt sollen bei der Musikschule die Zuschüsse um rund eine Million Euro auf 3,7 Mio Euro gesenkt werden.

Schließung von zwei Zweigstellen der Bücherei

Federn lassen soll die Stadtbücherei und teurer werden. Der Plan: 50 Prozent Aufschlag auf alle Preise, etwa für Jahresausweise oder Fernleihen. Ziel: 150 000 Euro mehr Einnahmen. Und: Streichen des Lieferdienstes mit Medienboxen für Schulen und Kindergärten. Ersparnis 120 000 Euro. Um weitere 840 000 Euro zu sparen, sollen die Zweigstellen in Querenburg und Gerthe geschlossen werde. Außerdem sollen die Zentralbücherei und die Zweigstelle in Wattenscheid mittwochs geschlossen bleiben.

Planetarium: Preiserhöhung um 1,50 Euro

Um 1,50 Euro soll der Preis beim Planetarium für Normalzahler steigen. Durch die neue FullDome-Technik wird ab Frühjahr 2010 auch mehr geboten: Die ganze Fläche der Projektionskuppel kann für digitale Bilder und Videos genutzt werden. Im Planetarium wird daher nichts gekürzt, man setzt auf zusätzliche Einnahmen durch ein noch attraktiveres Programm.

Die Freien Kulturträger sollen, das ist zumindest der Vorschlag der Stadtverwaltung, vorerst noch verschont bleiben. Erst ab 2015 sei eine zehnprozentige Kürzung der Zuschüsse denkbar, was in Summe 120 000 Euro ausmachen würde. Die sogenannten Transferaufwendungen betragen zur Zeit 1,27 Mio Euro jährlich. Diese Summe umfasst Zuwendungen u.a. an das Eisenbahnmuseum, Initiative Bahnhof Langendreer, Figurentheater und Kolleg, Prinz Regent Theater, Bochumer Kulturrat und Centrum Cultur Wattenscheid.

Erhebliche Änderungen sind im städtischen Kulturbüro geplant, vor allem durch Ourtsorcing eigener Kulturveranstaltungen wie Kemnade International. Ziel: Ab 2012 Stellen einsparen.