Bochum. Trend „Barf“: Hunde- und Katzenhalter servieren ihren Tieren rohes Fleisch. Hundehalterin aus Werne vertreibt seit 2009 entsprechende Vierbeiner-Menüs und Leckerchen. Ihre Mutter, die seit 20 Jahren Irish Setter züchtet, kam schon früher auf den Geschmack. Tierarzt sieht Barf-Bewegung kritisch.
Dose auf, Futter in den Napf und „Guten Appetit“. So oder ähnlich sieht bei vielen Hunde- und Katzenhaltern die Verköstigung ihrer Haustiere aus. Es geht auch anders, finden Stefanie Schenk (38) und Gisela Gruzel (61). Tochter und Mutter sind überzeugt, dass „barfen“ die gesündere Alternative für ihre Hunde ist. „Barf“ bedeutet „Biologisch artgerechtes, rohes Futter“, was heißt, die Hunde und Katzen bekommen vor allem rohes Fleisch, aber auch Gemüse.
Stefanie Schenk betreibt seit 2009 in Werne einen Laden, in dem sie frische Kost für Tiere anbietet. Wie in einem Feinkostgeschäft findet der Tierfreund in der Barf-Tierwelt Gläschen, Döschen und Tütchen gefüllt mit Menüs und Leckerchen für Katze und Hund. Auf der Theke locken gepuffte Honigschweinenasen und Knabberstangen aus gedrehter Rinder-Kopfhaut mit Fell. In großen Gefriertruhen liegt Rind-, Lamm- und Wildfleisch mundgerecht zerkleinert in Tagesportionen oder größeren Rationen.
Frischkost kaum teurer als Markenfutter
Alles fing damit an, weil Deckrüde O’Connor ein schlechter Esser war. Gisela Gruzel, die seit zwanzig Jahren Irish Setter züchtet, versuchte es mit Pansen und siehe da: O’Connor fraß. Seither beschäftigt sie sich mit dem „Barfen“ und ist überzeugt, dass sie ihrer Zucht damit Gutes tut. „Bei Trockenfutter werden Welpen sehr schnell groß und sehen hinterher gut pummelig aus“, schildert sie. Schuld an der schnellen Gewichtszunahme, die zu einer geringeren Knochendichte führe, sei der hohe Anteil Getreide in dem Trockenfutter, erläutert sie.
Wichtig beim „Barfen“ sei, das Futter richtig zu mischen, betonen die Fachfrauen. Da Hunde zum Beispiel Kalzium dringend bräuchten, seien drei Mahlzeiten in der Woche mit Knochen zu ergänzen oder Eierschalenmehl. Außerdem sei ein Teelöffel tierisches Fett in jeder Mahlzeit obligatorisch, etwa aus Lebertran oder Lachsöl. Der Hund sei von Hause aus ein Rohfleischfresser, der vom Wolf abstammt, argumentieren die Barf-Fans oft. Die Frischkost-Ernährung sei auch kaum teurer als das Futter bekannter Marken, versichert Schenk.
Bedarfsgerechte Barf-Ernährung durchaus möglich
Der Bochumer Tierarzt Oliver Buck-Werner hingegen sieht die Barf-Methode kritisch: „Ich halte es für eine Modeerscheinung, die weniger den Tieren nutzt als vielmehr den Besitzern das Gefühl vermittelt, etwas Gutes für ihr Tier zu tun“, sagt er. Die Gefahr durch Keime, Bakterien, Wurmbefall oder Mangelernährung sei bei Ernährung mit rohem Fleisch nicht von der Hand zu weisen und auch nicht vollständig zu entschärfen, wenn Fleisch eingefroren werden würde. „Haustiere sind keine Wildtiere mehr, sondern domestiziert“, sagt er. Der Stoffwechsel ihrer Körper habe sich entsprechend verändert, so Buck-Werner.
Auf der anderen Seite ist eine bedarfsgerechte Barf-Ernährung wohl durchaus möglich. Irish Setter-Züchterin Gisela Gruzel setzt die Methode immerhin seit Jahren um. Stefanie Schenk legt viel Wert auf Beratung ihrer Kunden. So macht es hier den Anschein, dass das Futter aus dem kleinen Geschäft Hunden doch besser bekommen könnte als die Dose vom Discounter.
Begriff hat verschiedene Bedeutungen
Der Begriff Barf wurde erstmals von der Kanadierin Debbie Tripp genutzt, um die Leute zu bezeichnen die es vorziehen, ihre Hunde mit rohem frischen Futter ernähren. „Born Again Raw Feeders“ bedeutet „neugeborene Rohfütterer“.
Die deutsche Tierheilpraktikerin Swanie Simon, die als Expertin für die Barf-Methode gilt, übersetzte Barf mit: Biologisch artgerechtes rohes Futter. Simon sei, laut Stefanie Schenk, schon Gast in der Barf-Tierwelt in Werne gewesen.